1996. Meine Eltern, meine Großmutter und ich sitzen bei meinem älteren Bruder zu Kaffee und Kuchen. Es gibt Schwarzwälder Kirschtorte. Im Laufe des Nachmittags möchte mein Bruder dann mal dieses heiße Stück Technik namens Sony Playstation vorführen. Wow, sieht das gut aus, wie sich diese Polizistin durch die Eingangshalle eines riesigen Anwesens bewegt! Das muss die Zukunft sein! Anerkennendes Nicken auch von der restlichen Familie, auch wenn Oma nicht wirklich versteht, was da gerade mit dem Röhrenfernseher passiert.
Die Stimmung ist auf dem Höhepunkt und fällt von da an ins Bodenlose. Erst bekomme ich den Schreck meines Lebens, als uns ein Zombie in einer Zwischenseqeuenz einen vollanimierten, kecken Schulterblick zuwirft. Entsetzte Schreie auf der Couch. Mutter und Vater finden das scheußlich, Oma sowieso, ich bin noch gespalten. Später erleide ich den zweiten Schreck meines Lebens, als zwei Hunde durch das Fenster springen. Kreischen. Meine Eltern reicht es. Auch die durchaus überzeugende Argumentation meines Bruders („Hört mal hin, der Boden klingt in jedem Raum anders!“) kann die Katastrophe nicht mehr abwenden. Wir gehen. Mein Bruder bekommt einen Riesenanschiss. Ich bin neun und kann, ob der Geschehnisse auf der Mattscheibe, bestimmt eine Woche nicht schlafen.
2015. Ein guter Freund und ich sitzen auf meiner Couch und sind schon ganz hibbelig. Das Hauptmenü von Resident Evil HD Remaster (dieser Name!) schmeichelt unseren Netzhäuten. Wir sind beide gespannt, haben mangels GameCube nie das Remake des ersten Teils spielen können, wohl aber das Original auf der Playstation. Nach wenigen Minuten die erste Enttäuschung: Das trashige Realfilm-Intro wurde gestrichen. Der Trost kommt wenig später, als wir mit Jill im Herrenhaus ankommen. Das sieht ja verflixt nochmal großartig aus!
Wir kommen aus dem Staunen nicht mehr raus: „Hast du die Kerzenflammen gesehen?“, „Boah, wie sich das spiegelt!“. Nach der obligatorischen Begegnung mit dem ersten Zombie steht unser Plan fest: zu den Hunden, zu den Hunden! Aber die Tür dorthin ist verschlossen. Wir sind ratlos und realisieren, dass es hier nicht nur eine optische Überholung gab. Immer wieder stoßen wir auf neue Türen und Bereiche, die vorher definitiv nicht da waren.
Völlig egal, wir sind schließlich alte Hasen und wissen noch grob, wo welche Gegenstände zu finden sind. Von neuen Rätseln lassen wir uns erst recht nicht beirren. Zwischendurch lassen wir den Kopf eines Zombies mit der Standardwaffe platzen, rufen im Chor: „JAWOLL!“ und beömmeln uns köstlich. Auch das gute, alte Jill-Sandwich ist wieder als Humorgranate extraordinaire mit dabei. Ach, schön!
Wir kommen mittlerweile gut voran. Schrotflinte und Granatwerfer befinden sich in unserem Besitz. Die Munition dafür wird natürlich gehortet. Kräuter ebenso. Heilsprays nicht, die machen die Statistik am Ende kaputt. Profis eben. Dazwischen versüßen uns immer wieder kleine Gemeinheiten der Entwickler das Erlebnis. Die Krähen auf dem Balkon gibt es nicht mehr und auch der jetzt endlich offene Gang zu den Hunden ist ein smartes Augenzwinkern in Richtung alter Resident Evil Veteranen. Wir staunen nicht schlecht, als ein Zombie, dem Jill eben noch flink wie ein Wiesel ausgewichen ist, hinter uns durch die Tür bricht. Noch besser wird’s nur, wenn einige der Biester wieder aufstehen und auf uns zu rennen.
Zwischendurch quatschen wir immer mal wieder über Resident Evil an sich: „Hattest du eigentlich die Filme gesehen?“ („Niemals!“), „Gab es früher nicht auch noch orangene Kräuter oder war das im vierten Teil?“ („Nein und nein.“), „Ich fand den zweiten Teil ja nicht so gut, wie den ersten.“ („Du hast ja auch keine Ahnung!“). Ich merke, wie viel Spaß es mir bereitet, auf der einen Seite einen absoluten Klassiker nochmal völlig neu erleben und auf der anderen Seite immer wieder mal kleine Anekdoten und Erinnerungen darüber austauschen zu können. Auch das streitbare Inventarsystem und die damit verbundene Planung bereitet mir wieder masochistisches Vergnügen.
Nach dem ersten Abend sind wir mit dem Herrenhaus so gut wie durch. Am Abend darauf ist der Garten dran. Ihr wisst schon: Den letzten Schlüssel für’s Herrenhaus von Pflanze 42 holen. Klappt auch hervorragend, sogar die Hunter, die jetzt im Anwesen ihr Unwesen treiben, sind einen Tick entspannter als im Original. Schnurstracks bahnen wir uns den Weg durch die Höhlen und stehen am Ende des Abends vor dem Labor. Zwölf Mal haben wir bisher gespeichert. Ich fühle mich schmutzig. Die Urfassung habe ich schließlich auch schon mit nur drei Speicherslots bezwingen können.
Es ist ein gutes Zeugnis dafür, wie gemein und überraschend das Remake auch für Kenner des Originals ist. Die Unsicherheit in abgeänderten oder gänzlich neuen Bereichen, ist stets spürbar und hat angenehm gestresst. Trotzdem war mein Stolz angeknackst. Meine Mission war daher klar: Das Labor musste ohne Speichern gepackt werden. Dürfte kein großes Problem sein, wenn man so akribisch mit Kräutern und Munition haushaltet, wie wir. Jeder weiß schließlich, dass man sich die Magnum nur für diesen Abschnitt und den abschließenden Bosskampf aufspart.
Tatsächlich flimmert zwei Stunden später der Abspann über den Fernseher. Wir sind hochzufrieden mit dem, was uns da die vergangenen 10 Stunden geboten wurde. Mit der Zeit und den vielen Speicherslots konnten wir zwar nur ein dämliches Outfit freispielen, aber es war bestimmt nicht der letzte Durchlauf. Ganz bestimmt nicht.
1 Kommentar
Hab mir das HD Remaster Remake whatever auch direkt zum Release gekauft. Ähnlich wie Du/Ihr kannte ich bisher nur das Original und habe das GC-Remake nie gespielt. Dank fehlender Speicherkarte und mangels anderer Spiele, habe ich es mit Jill damals sogar OHNE zu speichern durchgespielt, suck on that! ;)
AAAber was mir an dem Remake überhaupt nicht gefällt sind diese wieder aufstehenden Zombies. Ja, man kann sie verbrennen, aber dazu ist viel zuwenig Benzin da, bzw. der Flachmann ist viel zu klein. Ich weiss, Inventar planen, sinnvoller Gebrauch von Items etc gehört zu dem Spiel, aber das finde ich einfach nur noch nervig. Wenn man wenigstens noch mit der Shotgun gezielt Kopfschüsse verteilen könnte, aber das geht ja auch nicht mehr.
Auch nach fast 20 Jahren ist das noch ein nettes Spiel, aber diesen Nervfaktor hätte man sich ruhig schenken können. Hoffe mal das aus dem angedeuteten RE0 Remake auch was wird, das hab ich leider bis heute nicht gespielt…
Gruß
Frank