Volition sind im wesentlichen für zwei Serien bekannt: Red Faction und Saints Row. Gerade letztere hat bei mir einen dicken Stein im Brett. Interessanterweise obwohl ich mit Rockstars Grand Theft Auto-Reihe eher wenig bis gar nichts anfangen kann. Oder vielleicht auch gerade deshalb, denn Saints Row gilt als sowas wie der “alberne und respektlose Cousin” von GTA und hat mich sowohl spielerisch, als auch inhaltlich immer deutlich besser abgeholt als die viel zu ernste Lieblings-Open-World-Reihe aller kleinen Jungs.
Mit Agents of Mayhem haben Volition zum ersten Mal seit 12 Jahren tatsächlich eine neue IP am Start, wobei… nicht wirklich, denn das Spiel schreit geradezu “Saints Row”. Und das liegt nicht nur daran, dass es sich das Spiel-Universum mit SR teilt (AoM ist nach dem “Recreate Earth”-Ende von Gat out of Hell angesiedelt) und mit seinem bekloppten Writing auch tonal in die gleiche Kerbe schlägt. Auch spielerisch ist Agents of Mayhem der SR-Reihe so nah, dass man eigentlich besser von einem Spin Off spricht.
Mayhem, gegründet und geleitet von Persephone Brimstone (aus Gat out of Hell), ist eine Organisation, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, gegen die Super-Schurken-Vereinigung Legion zu kämpfen und deren Weltherrschaftspläne zu durchkreuzen. Im Laufe des Spiels rekrutiert man ein Dutzend Agenten, aus denen man beliebige Trios zusammenstellt, um diverse Haupt- und Nebenmissionen oder den üblichen Open-World-Sammelkram zu erledigen. Dabei spielt man immer nur einen Charakter, kann aber jederzeit zwischen den vorher ausgewählten drei Agenten hin und her schalten. Man spielt also kein ganzes Agenten-Squad gleichzeitig, sondern wechselt nur blitzschnell den einen Charakter, den man spielt. Durch die unterschiedlichen Fähigkeiten und Waffen der Agenten spielt sich das Ganze schon etwas anders als die SR-Titel. Schon bei der Zusammenstellung des Squads muss man beispielsweise darauf achten, mindestens einen Tank dabei zu haben, weil man mit drei zerbrechlichen Fernkämpfern meist nicht besonders weit kommt. Außerdem ist das Switchen zwischen den Charakteren auch ein taktisches Element, da die zwei inaktiven Figuren in der Zwischenzeit ihre Schilde und Gesundheit regenerieren, was man gerade in den späteren Boss-Kämpfen sehr zu schätzen weiß.
Diese Wechsel-Mechanik macht wirklich Spaß und lädt dazu ein, mit allen zwölf Agenten und deren Anpassungsoptionen herumzuexperimentieren, ist aber auch schon der einzige größere Gameplay-Unterschied zur SR-Reihe. AoM bietet zwar noch einige andere Mechaniken, die man so nicht aus den Saints Row-Spielen kennt, aber am Ende des Tages ist es doch das gewohnte 3rd-Person-Open-World-Spiel mit viel Humor, Selbstironie und einer gehörigen Portion Lila. Und das meine ich gar nicht als Kritik, sondern eher als Beruhigung für alle SR-Fans da draußen.
Dennoch muss man ganz klar sagen, dass Agents of Mayhem nicht die Qualität der letzten Saints Row-Teile erreicht. Spielerisch habe ich eigentlich kaum etwas zu meckern. Ja, die kleineren Open-World-Aufträge sind redundant, nerven damit aber nicht wirklich, da sie meist sehr kurz und knackig ausfallen. Und ja, zumindest die von mir gespielte PC-Version leidet unter Performance-Problemen, die sich dergestalt äußern, dass man die eigentlich sehr schicke Grafik verhältnismäßig stark herunterschrauben muss, um auf eine anständige Framerate zu kommen. Im Vergleich zu anderen aktuellen Spielen frisst AoM auf gleicher Hardware unverständlich viel Rechenleistung. Aber in dieser Hinsicht hat sich auch schon die SR-Reihe nie mit Ruhm bekleckert. Die Spiele sahen zum Erscheinungszeitpunkt zwar immer ganz gut aus, aber die echten Hingucker waren sie nie.
Meine Kritik bezieht sich in erster Linie auf das Writing und die Inszenierung, welche eigentlich immer die herausragenden Stärken der SR-Spiele waren. Agents of Mayhem, das sich in seiner Präsentation und Super-Team-Dynamik sehr stark an 80erjahre-Cartoon-Serien wie “G.I. Joe” oder “Masters of the Universe” orientiert, hat die gleiche beknackt-witzige Grundtonalität, bleibt dabei aber immer etwas hinter der Qualität (und Frechheit) von SR3 und SR4 zurück, wodurch längst nicht jeder Gag wirklich zünden will. An den gewohnt tollen Sprechern kann es nicht liegen, was zunächst den Schluss nahelegt, dass die Autoren bei diesem SR-Ableger irgendwie nicht so richtig in Hochform waren. Vielleicht liegt es aber auch schlicht daran, dass fast alle Dialoge so geschrieben werden mussten, dass sie mit jeder möglichen Charakter-Kombi funktionieren, und zwar jederzeit, weil man sogar während eines Gesprächs die Figuren wechseln kann. Das ist einerseits cool, andererseits bekommt man so aber seltener die genialen Wortgefechte hin, wie man sie aus SR kennt. Aus diesem Grund sind auch die Charakter-Nebenmissionen mit Abstand am besten gelungen, denn hier gibt es den ständigen Figurenwechsel nicht. Die Hauptstory lässt hingegen die verrückt-genialen Einfälle der letzten SR-Teile oft vermissen. Die Legion-Bösewichte sind zwar alle witzig-schräge Typen, aber die eigentliche Inszenierung der Bosskämpfe wirkt im direkten Vergleich etwas uninspiriert.
Das Ding ist nur, dass das alles hier Meckern auf hohem Niveau ist, denn obwohl ich als SR-Fan die ganze Spielzeit über daran erinnert wurde, dass ich hier definitiv kein Saints Row V spiele, so hatte ich trotzdem ganz viel Spaß mit Agents of Mayhem, sowohl spielmechanisch, als auch storymäßig. Vielleicht liegt der eigentliche Fehler von Volition darin, sich mit AoM nicht weit genug von SR entfernt zu haben. Denn hätte man nicht immer den naheliegenden Vergleich mit dem großen Bruder Saints Row im Kopf, könnte man Agents of Mayhem einfach als das nehmen, was es ist: Ein sehr kurzweiliges und witziges Open-World-Dingens, das einen während seiner gesamten Spielzeit von 25 bis 35 Stunden gut unterhält.
2 Kommentare
Ich habe nach kurzem Anspielen ein Problem mit dem Auto-Aim bzw. dem Auto-Nicht-Aim. In der Intro-Mission habe ich das noch darauf geschoben, dass ich teilweise aus der Deckung heraus geschossen habe, und damit eventuell eben nicht treffen konnte (weil unsichtbare Wand oder so) und die Shotgun wirklich nur auf kürzeste Distanz wirkt. Aber mit Rama hat es dann gereicht, wenn man grob in Richtung eines Gegners gezielt hat um zu “snipern”. (Im Sprung aus der Drehung und Hüfte schießen ist gar kein Problem.) Das finde ich dann doch etwas schade.