Deathloop spielt auf der Insel Blackreef irgendwann in den 1960ern. Das Besondere an Blackreef ist das AEON-Projekt, eine geheime Forschungsanlage, deren Wissenschaftlern es gelungen ist, eine unendliche 24-Stunden-Zeitschleife zu erzeugen. Dank ihr sind die Bewohner der Insel einerseits unsterblich, erleben andererseits aber lediglich den immer gleichen Tag erneut. Das stört aber niemanden weiter, da beim täglichen Reset auch alle ihre Erinnerung an den vergangenen Tag verlieren. Alle bis auf zwei Personen: Der AEON-Sicherheitschef Colt Vahn und seine Antagonistin, die Archivarin Julianna Blake. Colt, dessen Rolle man als Spieler übernimmt, will den Loop brechen und Julianna versucht alles, um ihn daran zu hindern. Soweit, so Groundhog Day. Um den Loop zu brechen, muss Colt allerdings nicht besonders nett zu seinen Mitmenschen sein oder die Liebe seines Lebens für sich gewinnen, sondern die acht Köpfe hinter dem AEON-Projekt, die sogenannten „Visionäre“, in nur einem Durchlauf des Loops töten.
Das aktuelle Spiel der Arkane Studios kam schon im letzten September raus, aber ich habe es erst kürzlich gespielt, weil es mir immer wieder von Freunden empfohlen wurde. Mein anfängliches Desinteresse lässt sich mit nur einem Wort zusammenfassen: Roguelike. – Ich habe viele von ihnen angespielt, einige auch sehr gemocht, aber am Ende nervt mich diese Mechanik einfach doch zu sehr.
Eine der wenigen Ausnahmen von dieser Regel war Arkanes Mooncrash-DLC zum ohnehin großartigen Prey: Dieser Roguelike-Puzzler stellt dem Spieler die recht komplexe Aufgabe, innerhalb nur eines Timeloops (eigentlich eine VR-Simulation) mit fünf verschiedenen Charakteren von einer Mondbasis zu entkommen. Auf dem Weg zu diesem Ziel liegen natürlich unzählige gescheiterte Anläufe, weil man zunächst einmal herausfinden muss, wie das überhaupt klappen kann. Aber obwohl ich auch Mooncrash bis heute nicht ganz durchgespielt habe, hatte ich dennoch sehr viel Spaß und war angesichts seiner Cleverness und seines genialen Spieldesigns regelrecht begeistert.
Deathloop ist ganz anders, als ich es mir vorher vorgestellt habe. Keine Ahnung, ob ich einfach zu blöd war oder die Marketing-Abteilung von Bethesda versagt hat, aber Deathloop ist eben nicht das frustige Roguelike-Grind-Fest, das ich erwartet habe, sondern lässt sich wunderbar von A bis Z im Singleplayer durchspielen. Was die Arkane Studios hier gemacht haben, ist im Grunde nichts anderes, als das Spielprinzip von Mooncrash zu nehmen und es in einer mehr oder weniger linearen Singleplay-Story zu verpacken, die den Spieler an die Hand nimmt, anstatt ihn im Regen stehen zu lassen.
Der grundsätzliche Aufbau beider Spiele ist sehr ähnlich: Es gibt auf der Insel vier große und offene Bereiche. Zudem hat der Tag auf Blackreef vier Abschnitte (Morgen, Mittag, Nachmittag und Abend). In jedem Inselbereich passieren je nach Tageszeit unterschiedliche Dinge und auch die acht potenziellen Opfer halten sich immer woanders auf. Ich will hier gar nicht zu sehr auf einzelne Mechaniken eingehen, aber Colt hat trotz des Loops die Möglichkeit, einzelne Dinge bleibend zu verändern und damit Weichen zu stellen, um das finale Ziel, alle acht Visionäre an nur einem Tag zu erledigen, zu erreichen. Und anders als in Mooncrash, muss man nicht alles selbst herausfinden und planen, sondern wird vom Spiel recht komfortabel in Form von Missionsbäumen angeleitet. Selbstverständlich erfordert das Weichenstellen ebenfalls diverse Loop-Durchläufe und das Spiel ist (in meinem Fall mit über 30 Stunden) sicherlich nicht besonders kurz, aber Deathloop umschifft durch sein „Händchenhalten“ den für Roguelikes typischen Grind und Frust.
So wird beispielsweise das Sterben stark abgemildert, indem man drei Leben pro Tagesabschnitt hat. Verballert man diese trotzdem, ist nicht gleich der ganze Tag verloren, sondern nur der entsprechende Tagesabschnitt. Außerdem gibt es eine Mechanik, mit der man Waffen und Siegel (die geben einem Sonderfähigkeiten und werten auch Waffen auf) persistent machen kann, so dass Colt sie in jedem Durchlauf sofort zur Verfügung hat.
Das kann man jetzt natürlich auch arrogant als „Mooncrash für Doofe“ bezeichnen, aber für Leute wie mich, also Spieler, die einfach nicht die entsprechende Geduld, Zeit und Frustresistenz für so Dinger wie Dark Souls oder Returnal besitzen, ist Deathloop eine absolute Empfehlung! Darüber hinaus ist das Spiel aber nicht nur ein Quasi-Roguelike, das geschickt die typischen Roguelike-Probleme umgeht, um Nicht-Roguelike-Spieler vom vorzeitigen Schmeißen des Handtuchs abzuhalten, sondern bietet einfach auch eine sehr spaßige Spielwelt mit einem unverbrauchten Setting, schrägen Figuren und unterhaltsamen Wortgefechten zwischen Colt und Julianna. Das Ballern, Puzzeln und die Bewegung durch die Spielwelt sind eine gute Mischung aus Arkanes vorherigen Titeln Dishonored und Prey.
Später kann man auch die Rolle von Julianna übernehmen und online in Spielen anderer Spieler versuchen, Colt vom Brechen des Loops abzuhalten. Kein richtiger Multiplayer, wie ihn Bethesdas Werbekampagne fälschlicherweise suggerierte, aber immerhin die bekannte Invasion-Mechanik aus den Souls-Spielen. Wer keinen Bock auf den Besuch echter Spieler als Störenfriede in seinem Singleplayer-Durchlauf hat, kann dies selbstverständlich auch abschalten.
Solltet ihr wie ich aus den falschen Gründen bisher einen Bogen um Deathloop gemacht haben, kann ich hiermit also Entwarnung geben: Es ist kein anstrengendes Timeloop-Roguelike, sondern ein ziemlich spaßiges FPS-Schleich-Puzzle-Spiel in einer bunten, gut designten Welt mit unterhaltsamen Charakteren. Nicht mehr, nicht weniger. Mir hat’s gefallen.
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