Der Weltraum, unendliche Weiten. Ganz Gallien ist vom Imperium besetzt. Ach, was war das schön, als Star Wars noch nicht scheiße war. Es kommt mir vor, als wäre das vor einer langen Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis gewesen. Während es heute einen Überfluss an mittelmäßigen bis miesen Star-Wars-Filmen und -Serien gibt, sah das bis zum Start des Prequel-Desasters im Jahre 1999 noch anders aus. Es gab die Originaltrilogie, zwar bereits durch die lucassche CGI-Verhunzung abgewertet, aber noch sehenswert, und zwei Ewok-Filme, über die nie jemand sprach. Das Holiday-Special und anderen Fernseh-Kleinkram kannte zumindest in Deutschland kein Schwein und darüber hinaus existierte schlicht kein Star-Wars-Bewegtbild. Selige Zeiten! Aber selbstverständlich konnte man auch als Fan die drei Filme nur so und so oft hintereinander schauen. Was blieb uns Laserkriegfreund:innen also als Ersatzbefriedigung? Richtig, Videospielchen natürlich!
Star-Wars-Spiele gibt es schon fast so lange wie die Filmreihe selbst. In über vier Jahrzehnten wurde uns reichlich Schrott, aber auch einige Hits beschert. Doch so unterschiedlich Spielspaßgranaten wie z.B. Dark Forces, Knights of the Old Republic oder Rogue Squadron auch waren, sie haben eines gemeinsam: Ihre Veröffentlichung ist verdammt lang her. Nicht erst seit Disney LucasArts als Entwickler dicht gemacht und in einem genialen Schachzug EA die Exklusivlizenz zugeschustert hatte, wuchs auf dem Acker der Star-Wars-Versoftungen nur noch ein Scheiß. Diesen Bann brach EA selbst im Jahre 2019 mit der Veröffentlichung des stabilen Jedi: Fallen Order und schob ein paar Jahre später dessen ebenfalls gelungenen Nachfolger Survivor nach. So weit, so geil. Als mit dem Ende der EA-Exklusivität ausgerechnet Ubisoft ein neues SW-Spiel ankündigte, verging meine Hoffnung auf eine Revitalisierung der Reihe wie eine Primel, die vom Todesstern abgeknallt wird. Falls ihr mein Verhältnis zu Ubisoft-Spielen nicht kennt, sei nur soviel gesagt: Es ist nicht besonders gut.
Zum Glück verkündete der Publisher schnell, dass es sich bei Star Wars Outlaws nicht um eine standardmäßige Umsetzung der hauseigenen Langweiler-Formel handeln würde. Also keine ausufernde Open World mit einer Milliarden Fragezeichen auf der Karte, hinter der sich der immergleiche langweilige Mist verbirgt. Halleluja! Ein weiteres Plus war die Ankündigung, dass das Spiel kein weiterer Jedi-Simulator, sondern eine Han-Solo-Gedächtnis-Veranstaltung werden sollte. Also Blaster, Schmuggeln und Faustkampf, statt Lichtschwert, Meditation und Salto Mortale. Das weckte Erinnerungen an das mit LucasArts gestorbene Star Wars 1313, das damals von vielen vorfreudig erwartet wurde.
Und tatsächlich hat Ubisoft seine Versprechen größtenteils wahr gemacht. Nach einem schlauchigen Tutorial werde ich in der Rolle der Kay Vess in den ersten offenen Abschnitt der Spielwelt entlassen. Kay legt sich auf ihrem Heimatplaneten mit dem Boss eines mächtigen Gangstersyndikats an, stiehlt ausgerechnet dessen Lieblingsschiff und strandet damit zunächst auf Toshara, einer Savannenwelt. Dort startet direkt die erste Questkette, in der ich Teile organisieren muss, um das ramponierte Schiff wieder zum Laufen zu bringen. Von der Hauptstadt Mirogana aus erkunde ich den von Farmern und Verbrechern besiedelten Mond. Habe ich alle Teile für die Raumschiffreparatur beisammen, kann ich Toshara schließlich verlassen. Mögliche Ziele sind das von Dschungel bedeckte Akiva, das eisige Kijimi und die Star-Wars-Standard-Wüstenei Tatooine. Eigentlich will Kay nur das auf sie ausgesetzte Kopfgeld loswerden und nebenbei noch ein paar Credits ergaunern. Aber wie es so ist in Videospielhausen, kommt alles ein wenig anders als geplant.
Die Story ist nicht wahnwitzig originell. Und auch das Spieldesign bedient sich Bekanntem und Bewährtem. Die einzige große Überraschung war für mich die Tatsache, dass Stealth eine der Kernmechaniken des Spiels ist. Anhand der Trailer war ich noch davon ausgegangen, dass es sich bei Outlaws um einen recht geradlinigen Uncharted-Verschnitt mit Hüpfen, Hangeln, Schießen und Rätseln handelt. Doch wurde schnell klar, dass hier tatsächlich die Schleicherei im Fokus steht. In der Regel kann ich mit Stealth wenig anfangen, aber als weltoffener Bonvivant, der ich bin, versuchte ich, mich darauf einzulassen. Und auch wenn das über den Boden in eine Deckung zu robben mich niemals in Extase oder Entzückung versetzen wird, komme ich damit in Outlaws bis auf ein paar Ausnahmen ziemlich gut zurecht. Das liegt vor allem daran, dass die Schleicherei mechanisch sehr simpel ist. Einerseits ist meistens klar, wo ich als nächstes hin muss, wodurch ich selten in Sackgassen krieche. Andererseits sind die Gegner:innen so doof und kurzsichtig, dass ich spätestens, wenn ich ein bisschen Schleich-Gear zur Verbesserung meiner Fähigkeiten eingesammelt habe, recht easy an ihnen vorbeischlappen kann, ohne entdeckt zu werden.
Selbstverständlich wird in Outlaws aber nicht nur geschlichen, sondern auch geballert, geklettert, geflogen und gefahren. So bewege ich mich in den vier Mini-Open-Worlds mit einem Speeder fort. Auf diesem bin ich recht flott unterwegs und kann ihn mit der Zeit auch upgraden. Beim durch die Gegend donnern entdecke ich Siedlungen, Gangsterlager, imperiale Außenposten oder andere points of interest. Um Verborgenes zu entdecken, muss ich oft klettern und meinen Grappling Hook einsetzen. Das kenne ich alles aus tausend anderen Spielen, aber aus den an sich etwas faden Einzelteilen entsteht eine befriedigende Mischung. So eröffnen sich mit der Aufwertung von Kleidung, Blaster, Granaten und Speeder neue Möglichkeiten, was mich über Stunden motiviert hat. Mein Schiff kann ich ebenfalls aufrüsten, was mir nützliche Vorteile verschafft, wenn ich ins Weltall starte. Ich bewege mich hier nämlich nicht nur zwischen den Planeten, sondern kann auch kleine Missionen erledigen und mir mit Piraten Gefechte liefern. Diese Abschnitte sind simpel und unterhaltsam. Mit wem ich mich im All oder auf der Erde anlege, hängt in Teilen mit dem ebenfalls implementierten Fraktionssystem zusammen. Ich kann die Gunst verschiedener Gangstersyndikate gewinnen oder verspielen, was mir wiederum neue Gebiete und Missionen eröffnet bzw. verschließt. Ach ja, ein bisschen Glücksspiel gibt es auch noch. Aber das ist für mich virtuell ebenso uninteressant, wie im echten Leben.
Diese simplen Grundzutaten sorgen für einen abwechslungsreichen Spielverlauf. Aber obwohl alles gut zusammenkommt, funktioniert nicht immer jeder Teil so, wie er soll. So ist ausgerechnet die Schießerei eine der schwächeren Mechaniken im Spiel. Das liegt vor allem daran, dass das Deckungssystem nicht gut funktioniert, was mir häufig das Gefühl gab, dass ich eher daran scheiterte als an meinem eigenen Unvermögen. Das ist frustrierend und es gibt unzählige Beispiele, in denen das besser klappt. Man könnte dem entgegenstellen, dass das Spiel es deutlich macht, dass ich mich nicht durch die Levels schießen, sondern eher verdeckt vorgehen soll. Aber auch hier gibt es einen Haken. Während ich mich bei missglückten Schleichaktionen ab und an dann doch mit ein bisschen Geblaste aus der Affäre ziehen kann, gibt es Missionen, in denen ich direkt scheitere, wenn eine Wache mich erspäht. Daraufhin werde ich an den letzten Checkpoint zurückgesetzt und kann den Abschnitt nochmals von vorne anfangen. Das ist etwas nervig, soll aber wohl mit dem letzten Patch entschärft worden sein. Wie genau weiß ich nicht, da ich nach dem Update nicht mehr gespielt habe.
Am Ende sind diese Makel aber zu verschmerzen. Die Handvoll Frustmomente ändert nichts daran, dass Outlaws ein großer Spaß ist. Und der größte Star ist für mich ohnehin nicht der War (hihi), sondern die Spielwelt. Obwohl mich die Star-Wars-Filme und -Serien bis auf sehr wenige Ausnahmen nur noch langweilen, bin ich immer noch ein Freund des Designs an sich. Und da hat Ubisoft-Massive audiovisuell wirklich alle Register gezogen: Wenn man wie ich mit Star Wars aufgewachsen ist, ist das Eintauchen in die Welt von Outlaws wie nach Hause zu kommen. Praktisch jeder Winkel ist wunderschön gestaltet und erzeugt eine fantastische Atmosphäre. Dass meine Interaktionsmöglichkeiten beschränkt sind, spielt dabei keine Rolle. Wenn ich durch die Städte streife oder mit dem Speeder durch die Wüste ballere, bekomme ich wieder ein wenig das Gefühl, Teil dieser Welt zu sein, die mich als Kind so fasziniert hat. Und das ist etwas, das ich dieser Tage nur noch selten empfinde.
Bis zum Abspann hat mich diese Faszination dann allerdings nicht tragen können. Dafür sind die Mechaniken auf Dauer einfach zu beliebig und als das nächste interessante Spiel (Space Marine 2) daherkam, habe ich den Blaster an den Nagel gehängt. Da ich selten zu Spielen zurückkehre, war es das vermutlich mit mir und Outlaws. Allerdings ist die Hürde zum Wiedereinstieg so niedrig, dass ich vielleicht, wenn ich wieder einen kleinen Star-Wars-Fix benötige, doch mal wieder reinschaue. Unterhaltsamer als die tausendste, halbgare Disney-Plus-Serie ist das allemal. Und außerdem muss ich kein Abo dafür abschließen.
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