2004 brachte Namco in Japan ein skurriles PS2-Spiel namens Katamari Damacy heraus, in dem man einen klebrigen bzw. magnetischen Ball (den Katamari) durch die Gegend rollt. All die Dinge, und das kann wirklich alles sein, die an dem Katamari kleben bleiben, machen ihn immer größer, was wiederum dazu führt, dass immer größere Dinge an ihm kleben bleiben. Das ist das ganze Spielprinzip. Umrahmt wird das Ganze von einer höchst absurden Geschichte, quietsch-bunter Grafik und einem quirligen J-Pop-Soundtrack. Und weil Namco seine Zweifel hatte, dass Katamari Damacy auch nur einen Käufer außerhalb Japans ansprechen könnte, mussten sie zum US-Release, der erst einige Monate später erfolgte, regelrecht gedrängt werden. Ein PAL-Release gab es indes nie.
Aber Namco hatte sich getäuscht: Sowohl Publikum, als auch Kritiker liebten das seltsame Spiel. Auch im Westen. Und so wurde schnell eine Fortsetzung in Auftrag gegeben, die schon 2005 in Japan und Nordamerika als We Love Katamari erschien. Viele Leute, ich gehöre dazu, sind der Meinung, dass der Nachfolger noch besser als der Erstling war. Vor allem der Soundtrack war eine Wucht! Und dieses Mal gab es sogar ein PAL-Release, da Electronic Arts das Spiel als Publisher nach Europa brachte. Allerdings erst im Februar 2006…
Anlässlich der europäischen Veröffentlichung schrob ich, meiner gemoddeten PS2 sei Dank, Anfang 2006 dies: Party-Smalltalk.
Danach gab es noch viele weitere Katamari-Titel für alle möglichen Plattformen, von denen aber keiner wirklich an die beiden ersten Kultspiele herankam. Vielleicht auch, weil Katamari-Erfinder Keita Takahashi, der 2009 noch einmal einen kleinen Indie-Hit mit Noby Noby Boy feiern konnte, selbst nichts mehr mit der Reihe zu tun hatte. Doch mit Once Upon A Katamari hat Bandai Namco nun endlich einen Nachfolger veröffentlicht, der den ersten beiden Spielen wirklich würdig ist!
Man fühlt sich fast in eine andere Zeit versetzt: Die Low-Poly-Grafik, der cheesy Soundtrack, die gewohnte Twin-Stick-Tank-Steuerung und die surreale, selbstreferenzielle Story – Once Upon A Katamari hätte gefühlt auch schon 2007 als dritter Teil herauskommen können. Aber eben nur gefühlt, denn es bietet viel Abwechslung von der Ur-Formel. In Katamari Damacy musste man ja eigentlich immer nur einen Katamari von der Größe X in der Zeit Y rollen, aber schon We Love Katamari brachte diversere Zusatzaufgaben ins Spiel. Das neue Katamari hat nun allerdings einen so riesigen Sack voller Level und Aufgaben im Gepäck, wie noch keiner seiner Vorgänger. Zudem gibt es einige Power-Ups, die dem Katamari nach dem Aufrollen für ein paar Sekunden besondere Fähigkeiten verleihen, wie z.B. ein Magnet oder eine Rakete. Neben den bekannten Cousins des Prinzen, gibt es in den Levels nun auch Geschenke und Kronen einzusammeln, um allerlei Gedöns freizuschalten. Und als Kirsche oben drauf gibt es einen Offline-/Online-Multiplayer für bis zu vier Spieler.
Wer Serien-Neuling ist oder vielleicht auch schon früher mit der traditionellen Tank-Steuerung haderte, wird sich über die Möglichkeit freuen, eine vereinfachte Steuerung wählen zu dürfen. Ich kann euch aber leider nicht sagen, wie sich die spielt, denn ich bin selbstverständlich Katamari-Traditionalist.
In eine andere Zeit versetzt fühlt man sich übrigens nicht nur durch die tolle Pseudo-Retro-Präsentation, denn das Thema der Levels ist dieses Mal ebenfalls die Zeitreise. Ihr kennt das ja, wie immer beginnt das Spiel damit, dass der König des ganzen Kosmos auf irgendeine dämliche Art das Universum kaputt gemacht hat. Und wie immer ist es die Aufgabe des Prinzen, lauter neue Himmelskörper zu produzieren, um das Malheur wieder in Ordnung zu bringen. Zu diesem Zweck reisen wir nun in einer Zeitmaschine kreuz und quer durch die Erdgeschichte, um Dinosaurier, Piraten, Ninjas, griechische Philosophen, ägyptische Mumien, Cowboys, Yetis und was weiß ich nicht alles aufzurollen, um neue Planeten zu erschaffen.
Der große Umfang des Spiels ist gewissermaßen die Antithese zum vermutlich schlechtesten Teil der Reihe, Beautiful Katamari von 2007 (Xbox360), das nur mit einer lächerlichen Handvoll Inhalte daherkam und dann frech sagte: „Du willst mehr Level? Kein Problem! Wir haben da all diese kostenpflichtigen DLCs, die du gerne kaufen kannst…“ – Ja genau, du mich auch! Und es sind nicht nur einfach unheimlich viele Level, sondern auch echte Herausforderungen dabei. Als ich das erste Mal den Abspann aufrollte (!), stand ich mit nur vier oder fünf der 36 Trophäen da. Das bedeutet, dass man auch als Anfänger ohne große Mühe (fast) alle Level einfach mal cozy durchspielen kann. Und die Katamari-Spiele sind wirklich tolle Cozy-Games! Wer aber vorhat, Once Upon A Katamari zu platinieren, kann sich auf viele zusätzliche Stunden einstellen, weil man dazu tatsächlich alle Kronen und Cousins aufrollen muss, was teilweise ganz schön tricky sein kann. In jedem Level gibt es drei versteckte Kronen zu finden, was grundsätzlich gar nicht das Problem ist, da es auch ein Power-Up gibt, welches einem den ganzen Sammelkram im Level anzeigt. Diese dann aber auch wirklich alle aufzurollen, ist aufgrund der Regeln des jeweiligen Levels manchmal eine echt harte Nuss.
Ein Beispiel: Es gibt einen Level, in dem man so schnell wie möglich exakt 50 Dinge aufrollen soll. Hat man das gemacht, stoppt er. Total easy. Wenn man durch diesen Level aber nun einmal komplett durch muss, um die letzte Krone zu erreichen, die einem noch fehlt, stellt das quasi die normalen Spielregeln komplett auf den Kopf, weil es nun natürlich heißt, auf „Zehenspitzen“ durch den Level zu rollen, damit man möglichst nichts auf dem Weg aufrollt…
Auch wenn Once Upon A Katamari mit ein paar neuen Ideen um die Ecke kommt, erfindet es das Rad den Katamari definitiv nicht neu. Im Grunde will das ja auch keiner. Aber in Anbetracht der fast 20jährigen Stagnation der Reihe, ist das neue Spiel schon fast eine Innovations-Granate. Es wäre sicherlich noch mehr drin gewesen, ohne das Grundprinzip zu beschädigen, und verglichen mit echten Gameplay-Wundertüten, wie z.B. Super Mario Galaxy oder Astro Bot, die gar nicht wissen, wohin mit all ihren cleveren Ideen, ist das neue Katamari geradezu konservativ. Dass es trotzdem das beste Katamari seit dem zweiten Teil ist, liegt aber nicht an den neuen Power-Ups, den Sonderaufgaben oder dem Multiplayer, sondern schlicht an den vielen clever designten Levels. Genau damit haben all die enttäuschenden Serien-Ableger der letzten Jahre nämlich geknausert. Der Katamari-Fan will eigentlich gar keine echte Innovation, sondern einfach nur mehr. Mehr gute Level, mehr witzigen J-Pop und mehr absurden Humor. Und genau in diesen Punkten liefert Once Upon A Katamari wunderbar ab! Ich kann es sowohl alten Katamari-Fans, wie auch Neueinsteigern uneingeschränkt empfehlen.






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