Ich wollte mir Splinter Cell: Blacklist eigentlich für die Konsole kaufen, weil ich den PC eher für Ego-Shooter bevorzuge. Da meine Freunde aber unbedingt den Multiplayer-Modus spielen wollten, wurde es dann doch die PC-Version. Den Singleplayer hatte ich ungefähr nach einem Monat durchgespielt, den Multiplayer-Mode spiele ich jedoch noch immer mit ihnen, wobei es eher eine Hassliebe geworden ist. Also bezogen auf das Spiel.
Es gibt insgesamt fünf verschiedene Spiel-Modi. Im Blacklist-Mode versuchen maximal vier Spies innerhalb von 10 Minuten drei Terminals zu hacken oder zumindest anzuhacken, während maximal vier Söldner diese Terminals verteidigen. Nach den 10 Minuten werden die Teams gewechselt und die anderen Spieler versuchen die Hacks der Gegner zu überbieten. Spies werden aus der 3rd Person-Perspektive gespielt, sind beweglicher als die Söldner und können somit klettern, während die Söldner aus der Ego-Sicht gespielt werden und mehr Feuerpower und Panzerung besitzen. Nahkampf-Kills können beide Teams ausführen, die Spies sind aber flexibler und können u.a. von einem Vorsprung auf die Mercs springen. Daneben gibt es einen hohen Grad an Customisation und man kann Waffen, Gadgets und Anzüge zugunsten von bestimmten Fähigkeiten und Attributen kaufen. Der Blacklist-Mode ist der Hauptmode, von den sich die anderen Modi ableiten. In der Classic-Variante wird 2 vs. 2 gespielt, Customisation gibt es nicht und die Maps sind wesentlich dunkler gehalten, um das Stealth-Gameplay um Licht und Schatten aufzubauen. In Extraction müssen vier Söldner die Geheimdokumente der Spies in ihre Basis holen, während die Spies versuchen, diese Dokumente zu verteidigen. In Uplink Control versuchen die Spieler in gemischten 3 vs. 3-Teams (freie Wahl zwischen Spies und Mercs) mehr Nodes als ihre Gegenspieler einzunehmen. Die Nodes werden nacheinander auf der Karte aktiviert und können von beiden Teams gleichzeitig gehackt werden. Im Deathmatch gewinnt das Team, welches im gemischten 4 vs. 4 mehr Kills gemacht hat.
Im Gegensatz zu meinen Freunden hatte ich die Multiplayer-Modi der vorherigen Splinter Cells nicht gespielt und war von daher sehr gespannt, wie sich dieses Player vs. Player-Stealth spielen würde. Stealth ist als Online-Genre noch sehr unterrepräsentiert und findet sich bisher nur in Spielen wie Spy Party oder der Assassin’s Creed-Reihe wieder, welche eher eine besondere Richtung im Stealth-Genre einschlagen. Der Schleicher versteckt sich zwischen NPCs und versucht, diese NPCs zu imitieren, während der Gegenspieler ihn sucht. Ich war neugierig, inwiefern sich ein konventioneller Schleicher mit menschlichen Gegnern spielen würde.
Die Deathmatch-Variante bei Splinter Cell: Blacklist habe ich bis heute nicht gespielt und kann dazu nichts sagen. Leider kann ich auch zu Extraction und Uplink Control kaum etwas sagen, weil diese Modi sehr selten gespielt werden, was ich sehr schade finde. Denn beide Modi sind tolle Variationen des eigentlichen Spy vs. Merc-Konzepts. Blacklist und Classic scheinen sich sehr ähnlich zu sein, unterscheiden sich aber von den Spielmechaniken sehr stark voneinander. Im Blacklist-Mode leben die Stealth-Mechaniken mehr von dem Einsatz der Gadgets, weil die Dunkelheit aus dem Classic-Mode fehlt und es als Spy schwerer wäre, sich ohne diese zusätzlichen Gadgets zu verstecken. So können Spies Tarn-Suits verwenden, mit verschiedenen Googles ihre Gegner durch Wände sehen oder mit dem Intel-Suit die Gegner markieren. Dies fördert eine aggressivere Spielart, in der die Spies die Konfrontation suchen und sich weniger verstecken. Die Mercs müssen dann nicht nur jagen, sondern sich auch mehr verteidigen, da die Spies im Blacklist-Mode stärkere Waffen ausrüsten können, wobei sie auch ihre eigenen Gimmicks wie ferngesteuerte Drohnen haben. Für die dynamischere Spielweise sorgt auch die Teamgröße. Bei 2 vs 2 im Classic-Mode lagert viel mehr Gewicht auf einem Spieler, als es bei 4 vs 4 der Fall ist.
Vom Feeling her gefallen mir die Multiplayer-Modi insgesamt sehr gut. In meinen ersten Runden im Classic-Mode war ich beim Spielen sehr aufgeregt, weil ich als Spy diesen besonderen Thrill verspürte, meine menschliche Gegenspieler zu stalken und mich vor ihnen versteckt zu halten. Als Merc wiederum kam eine unangenehme Paranoia auf, weil irgendwo ein Spy lauern könnte, den man durch die Dunkelheit übersehen mag. Dieses Gefühl wird noch zusätzlich von den Bewegungssensoren der Mercs verstärkt, die ähnlich wie in den Alien-Filmen funktionieren. In der Blacklist-Variante fehlt dieses intensive Gefühl, aber dafür spielt sich das ganze viel dynamischer und lockerer. Es ist auch interessant zu sehen, wie man bestimmte Konventionen aus Stealth-Spielen bei menschlichen Spielern wiedererkennt und Wachen dazu neigen, vorhersehbar zu patroullieren oder sich fest an einer Position umzugucken. Dies konnte ich auch an mir selber feststellen, wenn ich als Merc mehr oder weniger bewusst eine bestimmte Verhaltensrolle-Rolle eingenommen habe und meist aus einer Mischung aus Faulheit und Paranoia lediglich an einer festen Position stehen blieb, um von dort aus einen Teil der Map zu überwachen. Auch lassen sich die Stealth-üblichen Zustände wie Caution oder Alarm bei dem Verhalten der Mercs ablesen, wenn sie bei einem Hack oder der bewussten Anwesenheit eines Spy aggressiver suchen.
Rein vom Gameplay her habe ich wiederum einen sehr gemischten Eindruck. Da wäre zum einen das Zeitlimit. Das Stealth-Genre lädt eigentlich zum Beobachten und Warten ein, aber das Zeitlimit steht gegen ein langsames und ruhiges Vorgehen. Mitunter kam das Gefühl auf, ich würde eher Zeit verschwenden, wenn ich mich an einen Gegner anschlich, oder ich müsste unbedingt schnell reinrushen, weil mir sonst später die Zeit fehlen könnte. Andererseits hätte ich aber auch keine Idee, wie man einen kompetitiven Spielmodus abseits von einem gewissen Zeitdruck aufbauen könnte, vor allem weil sich das Spiel sonst ewig strecken mag, weil sich die Spies nur in den Luftschächten verstecken. Unsicher bin ich auch, was ich von all den Gimmicks halten soll, denn mitunter fühlen sich beispielsweise die Spy-Tarnanzug oder die Merc-Drohne sehr stark an, fast schon overpowered. Aber andererseits gibt es gegen jedes dieser Gadgets auch Konter-Items, wie den Disruptor-Anzug der Mercs oder die EMP-Granate der Spies. Daneben fühlen sich die stärkeren Waffen der Spies oder die Nahkampf-Reichweite der Mercs sehr stark an, weil die Spies eher auf die Nahkampf-Kills und die Mercs auf die Schußwaffen angewiesen sind. Aber auch hier denke ich, einen gewissen Sinn dahinter erkennen zu können. Spies müssen mit ihren Melee-Angriffen vorsichtig bleiben und idealerweise nicht frontal, sondern außerhalb des gegnerischen Sichtfeldes angreifen. Die Mercs bekommen wiederum in den Schießereien eine kleine Herausforderung, die es auch ihnen in ihrer Spezialität nicht zu leicht macht. Bezüglich dem Gameplay habe ich also mehrere Bedenken, die ich zwar immer irgendwie relativieren kann, aber ein skeptisches Gefühl bleibt bei mir immer noch vorhanden. Es ist eine Frage des Balancings und ob man den Spielern mit den Gimmicks mehr Abwechslung und unterschiedliche Spielrollen geben kann, ohne dabei eine Fähigkeit zu stark zu machen. Insgesamt bin ich mir nicht sicher, ob die Macher dieses Balancing immer perfekt getroffen haben.
Was das Spiel aber für mich stellenweise kaputt macht, ist der fehlende Support. Ich denke durchaus, dass im Spy vs. Merc-Konzept etwas steckt, was sich als ernsthaftes Competitive-Spiel etablieren könnte, wenn es nicht einfach nur der bloße Multiplayer-Zusatz der Splinter Cell-Reihe wäre. So gibt es keinen Schutz gegen Spawn-Camping. Es gibt lediglich zwei Maps, in denen sich die Spawn-Bereiche der Spies außerhalb der Reichweite der Mercs befinden, während die Mercs in den restlichen vier Maps Spawn-Camping betreiben können. Bezüglich Cheatern bin ich mir nicht sicher, inwiefern es einen Cheat-Schutz gibt und wie hoch der Anteil der Cheater tatsächlich ist. Ich unterstelle anderen Leuten ungerne zu cheaten, aber hin und wieder bleibt doch ein sehr fades Gefühl zurück, wenn die Gegner mich sogar in den Luftschächten aufspüren können. Eine Report-Funktion gibt es jedenfalls nicht und es gibt auch keine Replay-Funktion, mit der man sich Matches aufzeichnen und nachher angucken könnte. Dafür kann man laufende Partien nur verlassen, wenn man für zwei Minuten afk war (dann wird man gekickt), man eine Spielanfrage von Freunden annimmt oder man das ganze Spiel beendet. Ich mag zwar keine Quitter und finde sie u.a. auch in Dota 2 sehr nervig, aber noch schlimmer finde ich es, die Spieler zum Spielen zu zwingen, obwohl sie keine Lust mehr haben und es auch schlichtweg keinen Sinn mehr macht. So schon häufiger vorgekommen bei Spawn-Campern und vermuteten Cheatern.
Während ich mir einige fragwürdige Design-Entscheidungen noch schönreden kann, bleibt also doch ein etwas enttäuschter Gesamteindruck übrig. Das finde ich besonders schade, weil die Idee wirklich sehr gut ist und es kaum eine Alternative in dem Bereich gibt. Zumindest arbeitet ein kleines Indie-Team an Project Stealth, welches sich an dem Spy vs. Merc-Konzept anlehnt und noch sehr unbekannt ist. Das Spiel befindet sich noch in einem sehr frühen Stadium und steckt noch nicht in der Alpha- oder Beta-Phase, aber ich hoffe, dass sich daraus noch ein ernsthafter Titel entwickeln könnte, der vor allem an die Community hinter dem Spiel denkt.
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