In diesem Moment des Monats (obwohl man es richtigerweise vielleicht lieber “Dingsibumsi des unbestimmten Zeitraums” nennen sollte, aber das geht leider nicht so leicht von den Lippen) dreht sich alles um Cowboys (im wilden Westen oder im Weltraum), verwegene Schatzsucher (sei es im staubigen Wüstensand oder in ebenfalls staubigen Flohmarktkisten) und mittägliche Duelle auf Leben und Tod (traditionell mit dem rostigen Six Shooter oder hochmodern mit britzelndem Laserschwert). Wir wünschen euch viel Spaß beim Lesen und würden uns freuen, wenn ihr uns in den Kommentaren mitteilen würdet, welche Videospiele euch in den letzten Wochen so im Gedächtnis geblieben sind.
SpielerZwei: Meine Fresse, habe ich mich auf No More Heroes 2 gefreut! Die Gründe dafür kann man hier gerne noch einmal nachlesen. Voller Erwartung reiße ich also die Folie vom Cover und und schmeisse die Disc in die Wii. Die Intro-Sequenz zaubert ein breites Grinsen auf mein Gesicht. Ober-Nerd Travis is back. Doch dann kommt gleich sofort der erste Kampf: Ich (respektive Travis) habe dieses unglaublich coole Laserschwert in der Hand, renne auf meinen Gegner zu und schwinge die WiiMote wie ein Bekloppter und… verliere gnadenlos! Häh? Was ist los? Vielleicht doch mal kurz in die Anleitung schauen… Ah! Um Schwerthiebe auszuführen, muss man A drücken. Was? Einfach nur A drücken? Naja, man kann noch hohe und tiefe Schläge ausführen, indem man die WiiMote beim A-Drücken leicht nach oben oder unten neigt, aber im Wesentlichen war’s das. “Aber das war doch damals im ersten Teil viel cooler!”, denke ich und checke hastig das Handbuch von Teil 1. – Nope, war es nicht. Ups…
Nach diesem ersten “WTF?!” kam ich langsam doch wieder ins Spiel, aber grübelte noch eine Weile weiter, wie ich das vergessen konnte und, noch wichtiger, wieso mich die Steuerung im ersten Moment so maßlos enttäuscht hat. Die Erklärung kam, als ich etwas später den ersten Teil wieder ins Regal schob und mir dabei ein anderes Spiel ins Auge fiel: Red Steel 2! Auch wenn es nicht perfekt ist, so hat mich Red Steel 2 dennoch für alle anderen Wii-Spiele mit Schwertsteuerung verdorben. Für immer. Als nächstes überkam mich eine schlimme Ahnung: Werde ich das nächste Wii-Zelda überhaupt noch richtig genießen können? Bitte, Nintendo, baut um Himmels Willen eine vernünftige Schwertsteuerung ein! Link kann beim nächsten Mal anstellen was er will, aber wenn das Schwert wieder nur durch müdes Schütteln des Handgelenkes gesteuert wird, werde ich maßlos enttäuscht sein.
Manu: Mein Moment des Monats war, genaugenommen, gar nicht im Mai sondern erst vorgestern auf dem Flohmarkt um die Ecke. Hoffe ihr verpetzt mich nicht, aber ich wollte euch nicht noch einen Monat länger warten lassen, dafür war das Erlebte einfach zu sehr “Moment des Monats”-würdig. Aber zurück zum Flohmarkt: Aus dem Augenwinkel nahm ich ein vertrautes Symbol war. Einen blauen, schneckenförmigen Kringel! Kenner wissen sofort Bescheid: Ich habe in einer alten Bananenkiste, neben antiquem Blechspielzeug, eselsohrigen Krimis, billigem Elektroschrott und altmodischen Blumenvasen eine Dreamcast-Verpackung entdeckt. Was ich in der auf 50 Euro runtergehandelten Kiste vorfand, wäre im archäologischen Vergleich in etwa ein komplett erhaltenes Skelett eines ausgestorbenen Dinosauriers gewesen. Neben der originalverpackten Konsole lagen 24 Spiele, drei Gamepads inklusive zwei Visual Memory Units und einem Rumblepack. Und quasi als Sahnehäubchen oben drauf noch ein Lenkrad, eine Dreamcast-Maus (!) und Tastatur. Mein Spielerherz schlug verständlicherweise ein paar Takte höher bei diesem Anblick, besonders, weil ich mich sofort an den grausamen Moment erinnert fühlte, als meine geliebte Import-Dreamcast anno 2003 selbstverschuldet in Qualm und Rauch aufging, nachdem ich sie nach längerer Abstinenz aus dem Umzugskarton hob und vergaß, den Stromwandler zwischen zu schalten. Ja. Dumm. Aber es sah spektakulär aus, wie der Rauch aus dem CD-Laufwerk kroch, das könnt ihr mir glauben. Diese Wunde wurde nun also gestern einbalsamiert, als der Titelscreen von Crazy Taxi in grellem hellgelb mein Zimmer illuminierte. Welcome back home, Dreamcast! I missed you.
Daniel: In Red Dead Redemption gibt es Schätze zu finden. Hat man die erste Schatzkarte bekommen, so führt einen diese über viele Stationen von Goldbarren zu Goldbarren. Die Karten sind nur grobe Zeichnungen der Landschaft und es gibt keinerlei Hilfsmittel auf der eigentlichen Übersichtskarte. Man muss selbst durch die Welt reiten und schauen, ob einem dieser oder jener Hügel nicht bekannt vorkommt. Nachdem ich mehr als 20 Stunden im Spiel verbracht und bisher nur zwei Schätze gefunden hatte, wollte ich mich diesem Unterfangen nun mit aller Aufmerksamkeit widmen. Mir war die gesamte Welt zugänglich und ich hatte alle Gebiete schon einmal gesehen. Mit diesem Hintergrundwissen konnte ich die restlichen acht Schätze in weniger als einer Stunde heben. Die Verstecke sind meist recht einmalige Orte, die man trotz den abstrakten Zeichnungen unterbewusst wiedererkennt. Wie in einem Goldrausch bin ich durch die Prärie geritten, habe Berge erklommen, Keller durchsucht und Höhlen erforscht. Selten wurde der Jäger-, Forscher- und Sammlerdrang in mir so wunderbar befriedigt.
Nille: Das Schöne an “Red Dead Redemption” ist ja, daß jeder Spieler nach Belieben in der Wildwest-Wüstenei dieses Sandbox-Games herumbuddeln kann. Während Daniel auf Schatzsuche ging und Jingleball, ähm, alles Menschenmögliche getan hat, was es in diesem Spiel zu tun gab, und andere Spieler womöglich maskiert Banken oder Postzüge ausgeraubt haben, war es für mich das Größte, einfach nur ehrlicher Farm-Arbeit nachzugehen. (Also Arbeit auf dem Bauernhof, nicht dämliche Fetch-Quests abarbeiten – das was ihr in “World of Warcraft” die ganze Zeit über tut ;). So sehr ich gut erzählte Geschichten in Videospielen wie in “Half-Life 2” auch liebe, so ist es doch das Größte, auf dem Weg zum nächsten Missionsziel, wenn einem die Nase danach steht, einfach der untergehenden Sonne entgegen reiten zu können. Aber das Allergrößte ist es, wenn man hinter einer Herde Wildpferde her galoppiert, um sie mit dem Lasso zu fangen und auf der eigenen Koppel zu zähmen, wenn man die eigenen Rinder von der Weide treibt, wenn man Viehdieben auf der Flucht vom eigenen Hof eine Ladung Schrot in den Rücken jagt. Und so weiter und so fort.
Das Ganze ist sogar um so schöner, wenn man den fünfzehnstündigen Rachefeldzug mit tausenden Toten endlich hinter sich hat. Dadurch erscheinen einem so profane Arbeiten gleich doppelt so wertvoll. Das Landleben kann so herrlich unaufregend sein, das Schlimmste was dann noch passieren kann, ist ein Puma oder eine Gruppe Wölfe, die ein Rindvieh reißen. Denkt man. Der besondere Reiz, der Grund, weshalb ich es als außerordentlich spannend empfand, eine Gruppe wildgewordener Kühe davor zu bewahren, in Panik vor eine heranrasende Dampflok oder über einen Abgrund hinaus zu rennen, liegt vielleicht darin begründet, daß ich so sehr übersättigt bin von der traditionellen Formel für ein Actionspiel (1. Man the Gatling Gun, 2. Fire away!). Und natürlich wohne ich auch in einer Betonwüste, sodaß ich mich sogar darüber freue, wenn ich einmal irgendwo etwas im Garten tun kann (kein Angebot zum kostenlosen Rasenmähen). Es sind zwar beim besten Willen keine neuen Spielmechaniken, die Rockstar Games da in “Red Dead Redemption” verbaut hat, aber allein, es mal ein nicht so abgenutztes Szenario und nicht alltägliche Tätigkeiten gibt, ist schon eine kleine Offenbarung.
Grobi: Puh. Erst mal den Schweiß abwischen. Dies ist mein erster Durchgang von Mass Effect auf der Xbox. (Achtung! Das Ende von ME1 wird jetzt gespoilert) Ich habe mit meinem Commander Shepard gerade einen hektischen und nervenaufreibenden Kampf mit Sarens tech-modifizierter Leiche erfolgreich zu Ende geführt. (Regel Nr. 1: am Ende stehen sie immer noch einmal auf). Da bricht ein Trümmerteil der soeben explodierten Sovereign durch das Fenster des Präsidiums. Schnitt. Die ehemals so repräsentative Ratshalle ist übersät von kleinen Feuern und rauchendem Schutt, meine Kampfgefährten Wrex und Williams werden von Allianzmilitär unter der Führung von Captain Anderson aus dem Chaos gezogen. Andersons Frage nach dem Verbleib meiner Spielfigur wird mit besorgten Blicken in Richtung des großen Raumschiffbruchstücks beantwortet. Für einen furchtbaren Moment lang starre ich ungläubig auf den Bildschirm. Ist mein Shepard buchstäblich in der allerletzten Sekunde dieses Dramas den Heldentot gestorben, erschlagen von seinem letzten großen Feind?
Nein, ist er nicht. Die ruhige Musik schwillt zu bombastischen Sciencefictionhappyend-Ausmaßen an. Commander Tyler Shepard schleppt sich aus dem Bildhintergrund heran und geht mit dem fettesten Gewinnergrinsen diesseits der Terminus-Systeme auf die Kamera zu. Ich grinse ebenso breit mit, denn ich bin tatsächlich auf die älteste Finte des Mediums Film hereingefallen. Dieses Grinsen in genau diesem Moment ist einziges perfektes Ausrufezeichen am Ende eines wahrhaft großartigen Abenteuers. Wahnsinn! Würde ich mich nicht für zu cool und beherrscht halten, um von Spielen emotional berührt zu werden, würde ich jetzt vor Freude johlen.
Der Abspann gleitet vorüber. Ich lege die DVD des zweiten Teils an und importiere den Spielstand. Mal sehen, ob dieses Niveau gehalten werden kann…
Zum Schluss noch ein Dank an Max Fiedler, der uns das wunderhübsche neue Moment des Monats Artwork gebastelt hat. Schaut nur, wie Nerdy-Controllerboy sich freut! Für mehr Grafiken, Bilder und Artworks von Max surft auf seiner Seite www.pigsell.com oder bei flickr vorbei.
14 Kommentare
@ Grobi
Nein, leider kann Teil 2 dieses Niveau nicht im geringsten halten.
Aua, das KOMPLETTE Ende von Mass Effect erzählt. Großartig.
Und doch, Mass Effect 2 ist als Spiel um Längen besser als Teil 1.
Mein [b]Dingsibumsi des unbestimmten Zeitraums[/b]:
GH3 : Raining Blood : hard : done
und seit gestern auch Lou in die Schranken verwiesen. Als Souvenir noch eine Blase am Finger mitgenommen, aber was soll’s.
@ Ranor: da bin ich wirklich ganz bei dir!
@ Thomas: Ich weiß, es ist komisch, aber ich vermisste den Mako – wahrscheinlich hat mir das als einziger Person auf diesem Planeten richtig Spaß gemacht, das Ressourcenabgreifen in ME2 ist einfach nur hohl…
MoM myself: Apollo Justice – absurd, aber sehr schön schlüssig erzählt – und alle Fäden werden am Schluss über Stunden (!) ganz trefflich miteinander verwoben – das war spannender als Krimis im Fernsehen…
Mmh, ich war eigentlich ganz froh, dass der Mako weg war. Dumm nur, die Mineraliensuche durch dieses furchtbare Planetenscanning zu ersetzen, das verdientermaßen im dritten Teil ja gleich wieder wegfallen soll – um vermutlich durch irgendwas NOCH langweiligeres ersetzt zu werden. :)
Aber Apropos Mako: Taugt der Fahrzeug-DLC zu Teil 2 denn was?
@ Chris: keine Ahnung, ich hatte keine Motivation nach dem Endkampf nochmal auch nur 10 Minuten in das Spiel zu investieren…
@ SpielerZwei & Zelda Wii: Es ist doch schon seit Monaten bestätigt, dass Zelda WiiMotion+ zwingend benötigen wird, eben wegen der 1:1 Schwertsteuerung^^.
@ Artikel: Mein Moment des Monats war als ich festgestellt habe, im Mai viele schon etwas ältere nicht-beendete Spiele endlich mal durchgespielt zu haben. Super Princess Peach, Mario vs. Donkey Kong 2 & 3, Legend of Zelda: Spirit Tracks, Art Style – Nemrem (, wo ich jetzt zumindest die 2. Credits gesehen hab) & Sonic Rush können nun endlich in Frieden ruhen^^.
@ ness: AAAAAAAHHHHHHHHHHH! Jetzt hast Du mich gespoilert, Du Sau! Toll, jetzt brauche ich mir Zelda ja nicht mehr kaufen. Danke, Ness! :P
@mkraxx: Geht mir ähnlich, obwohl ich das Spiel an sich jetzt nicht schlechter als Teil 1 fand. Kasumi hab ich sogar noch gekauft, aber nie angefangen zu spielen.
@ness: Haha, ich auch! Ich hab jetzt Super Mario Land auf dem GameBoy endlich durch. Zwanzig Jahre zu spät.
@mkraxx: Apollo war ok, aber freu dich auf Miles Solo-Ausflug!
An alle: Kasumi macht übrigens Spass, bin sehr gespannt auf “Overlord”
Mein Moment des Monats: Der Schluss von Alan Wake. Das ist so… so… WTF???
(Ich meine jetzt den Teil mit den Wörtern. Ihr wisst, was ich meine, will hier nicht so episch spoilern wie die Redaktion das immer tut.)
@Pascal:
ohja, das mit den Wörtern fand ich auch sehr episch.
Wobei ich ganz ehrlich sagen muss: Das Ende von Silent Hill:SM war noch mehr WTF als bei Alan Wake.
mkraxx, der Mako hat in Teil 1 ziemlich genervt, weil es einfach zuviel des Guten war und die Steuerung nervte. Das dumme Rumgegurke hat endlos Zeit geschunden, genau wie das Planetenscannen in Teil 2. Das wurde aber ja noch durch ein Update beschleunigt – da war ich aber schon durch. ;-)
Das Mako war schon in Ordnung, nur die Sidequests waren absolute Obergrütze. Da kann es aber nichts dafür.