Als Ubisoft am 1. April dieses Jahres aus heiterem Himmel ein Far Cry 3-SpinOff ankündigte, das offensichtlich eine Trash-Parodie auf die SciFi-Action-Filme und -Spiele der 80er und frühen 90er sein sollte, musste ich schmunzeln. Ein wirklich netter Aprilscherz!
Als dann am 2. April langsam klar wurde, dass es gar kein Aprilscherz war und das Teil wirklich erscheinen sollte, war ich ziemlich begeistert. Immerhin mag ich Far Cry 3. Sehr sogar! Es ist das Spiel geworden, dass Far Cry 2 gerne gewesen wäre, aber leider nicht war. Außerdem bin ich über 40 und kenne den ganzen Krempel, der hier verarscht werden sollte, nur zu gut. Immerhin reden wir hier von einem großen Teil meiner Jugend. Und so war ich von Blood Dragon aus dem Stand komplett gehyped.
Das eigentliche Spiel ist im Grunde nicht mehr als eine mittelprächtige Mod für Far Cry 3. Der düstere Neon-Look ist anfangs cool, verbraucht sich aber innerhalb kürzester Zeit. Er gibt dem Spiel zwar einen ausgefallenen Look, aber den hat Monolith mit Tron 2.0 schon 2003 viel besser und stimmiger hinbekommen. Gleiches gilt für die Zwischensequenzen im 16Bit-Style: Es passt zum Konzept, aber taugt als Gag nur maximal für ein Schmunzeln. Die Synthie-Dudel-Muzak schlägt in die gleiche Kerbe: In den ersten paar Minuten durchaus ganz witzig, aber mehr auch nicht. Der audiovisuelle Stil ist insgesamt ganz nett, aber weit davon entfernt, die Parodie für sich zu tragen. Aber egal, deshalb habe ich das Spiel ja nicht gekauft…
Das Gameplay ist eine stark kastrierte Version von Far Cry 3. Die Zusatzmissionen, die zu erobernden Garnisonen und der ganze Sammelkram: All das kennt man schon aus dem “Hauptspiel”. Nur das es dort richtig Spaß machte und motivierte. In Blood Dragon habe ich irgendwann einfach aufgehört, irgendwelche optionalen Dinge zu erledigen, weil ich es schlicht langweilig fand. Die grundlegenden Spielmechaniken aus FC3 sind fast alle vorhanden, aber es fehlt leider das, was FC3 auszeichnet: Die lebendige und motivierende Spielwelt. Zudem hat man Rex Power Colt’s Fähigkeiten und Waffen mit den zusätzlichen XP-Points aus den Nebenaufgaben ratz-fatz so stark aufgelevelt, dass das Spiel nur noch viel langweiliger wird als es das ohnehin schon ist.
Durch das generelle Downsizing des eigentlichen FC3-Gameplays wirkt Blood Dragon insgesamt sehr generisch, eintönig und leblos. Das kann man natürlich ebenfalls als cleveren Teil der trashigen Post-Apocalyptic-SciFi-Parodie werten, aber vielleicht ist es auch einfach nur … generisch, eintönig und leblos?! Aber egal, denn deshalb habe ich mir das Spiel ja nicht gekauft…
Das Kernstück von Blood Dragon, der Leim, der das ganze 80er-Referenzen-Sammelsurium zusammenhalten soll, die eigentliche Parodie, funktioniert hervorragend. Zumindest die ersten 15 bis 30 Minuten. Das Intro und die anfänglichen Tutorial-Gags sind wirklich lustig und ließen mich zunächst glauben, ich hätte genau das bekommen, worauf ich mich seit dem 2. April gefreut hatte. Doch schon nach kurzer Zeit flacht das ganze stark ab: Die One-liner von Rex Power Colt und den NPCs sind eine einzige Hit-&-Miss-Angelegenheit mit erschreckend schlechter Hit-Quote. Auf jeden guten Spruch kommen zehn andere, für die sich sogar der Duke in Grund und Boden schämen würde (der Duke von 1996, der von 2011 schämt sich bekanntlich für gar nichts mehr…). Zwischendurch gibt es immer mal wieder richtig witzige Dialoge und Szenen (beispielsweise die Bettszene zwischen Rex und Dr. Darling), die aber einfach nicht ausreichen, um die Spielzeit von 6-12 Stunden (je nach persönlichem Komplettierungseifer) wirklich unterhaltsam auszufüllen. Blood Dragon ist wie eine dieser zahllosen US-Komödien, deren Grundidee für einen echt witzigen Trailer reicht, aber nie und nimmer einen 90-Minuten-Spielfilm trägt. Zudem fragt man sich mit der Zeit, was hier eigentlich genau parodiert werden soll? Das Spiel kann sich nicht entscheiden, ob es nun die ganze 80er-Jahre-Videotheken-Shovelware á la Dudikoff und Van Damme oder doch lieber die darauf basierenden Videospiele verarschen will. Zu unscharf sind die Versatzstücke, zu inkonsequent die Umsetzung, zu schwach vor allem das Writing. Und so ist es am Ende nur eine mehr als vage Parodie auf alles, was man aus den 80ern noch so ungefähr als “trashig” in Erinnerung hat. Aber nichts Genaues weiß man nicht…
So passt es auch ganz gut ins Gesamtbild, dass man mit Michael Biehn einen Schauspieler als Sprecher mit an Bord hat, der ebenfalls nicht genau zu verorten ist, weil er sich seine gesamte Karriere hindurch nie entscheiden konnte, ob er nun A-, B- oder C-Mime sein will. Er bemüht sich zwar redlich, seine gepresste Snake Plissken-Parodie zum Besten zu geben, kann aber letztendlich auch nur jene Hit-&-Miss-Dialoge ins Mikro raunen, die man ihm vor die Nase gelegt hat. Und die sind leider eher Miss als Hit.
Aber egal, deshalb habe ich mir das Spiel ja nicht gekauft…
…ähm, halt! Doch! Genau deshalb habe ich mir das Spiel gekauft: Ich habe eine gute Parodie erwartet. Neon-Grafik, Dudel-Mucke, Spar-Gameplay – alles völlig egal. Aber lachen wollte ich wirklich. Ist nur leider nicht besonders viel daraus geworden…
Far Cry 3: Blood Dragon ist sicher kein komplettes Scheißspiel und die 15 Euro kann man bestimmt auch noch sinnloser investieren, auch wenn mir gerade partout kein Beispiel einfallen will, aber tonnenweise 90er-Wertungen? Seriously? Da drängt sich mir der Verdacht auf, dass die Idee dahinter stärker bewertet wird als das eigentliche Produkt. Die Idee ist so cool und die Tatsache, dass ein AAA-Studio so eine Trash-Mod selber macht, anstatt es der Modding-Szene zu überlassen, so sympathisch, dass man anscheinend auch gerne mal darüber hinwegsieht, dass das fertige Spiel ziemlich langweilig geworden ist…
Ich will ganz sicher niemandem verbieten, Blood Dragon trotzdem lustig zu finden. Humor ist ja bekanntlich Geschmackssache und über Geschmack lässt sich nicht streiten. Aber kommt mir bitte nicht mit “Du hast den Witz einfach nicht verstanden!” oder “Du bist wohl zu jung, um die Gags überhaupt zu schnallen!”. – I quite see what you did there. It’s just not that funny…
5 Kommentare
Bin immer noch nicht weit drin im Spiel (auch aus allen o.g. Gründen), sehe das aber GENAU SO. Zeigt halt wieder, dass gute Comedy extrem schwierig ist.
Ich hatte mir das Spiel nach den schönen Marketing-Einfällen auch sofort gekauft, aber bisher nur ein paar Story-Missionen gespielt und seidem pausiert. Ich kann noch nicht sagen, dass ich des Looks überdrüssig bin oder haufenweise “Unwitze” erlebte, micht stört eher das generelle Gameplay. Hab FC3 nicht gespielt, aber für ein an die krawalligen 80er erinnerndes Spiel ist mir da oft zu viel Leerlauf (also Open World) und “ernstes” Geballer (eingangs steckt man ja auch nicht viel ein).
Ich fand FarCry 3 schon ziemlich langweilig und hatte eigentlicht gehofft, dass Blood Dragon da besser wird, aber ich werde wohl lieber auf nen Sale warten. Das verhasste FC 2 fand ich übrigens spannend und fordernd.
@HomiSite: Das mit der “langweiligen Open World” ist ein generelles Probleme des Spiels. Wenn es spielerisch straffer wäre, könnte es auch straffer erzählen/inszenieren, wodurch der Humor vielleicht auch etwas besser rüber käme. Aber leider hat das Spiel trotz der recht kurzen Spielzeit noch viel zu viel Leerlauf. In dem Zusammenhang ist es übrigens witzig, das viele Jubel-Reviews zu Blood Dragon von einem “Old-School-Shooter” sprechen. Da weiß man immerhin gleich, woran man ist… m)
Ich kann die Meinung des Artikels nicht teilen. Das kondensierte Gameplay von Blood Dragon war genau was, meiner Meinung nach, Far Cry 3 gebraucht hätte. Sämtliche Sammelaufgaben in FC3 waren sinnlos und brachten nicht einmal Geld ein. Das an den Fortschritt der Story gekoppelte Skillsystem war völlig unpassend für ein Open World Spiel, denn entweder die Welt ist open oder nicht, das muss dann für Charakterentwicklung und Karte gelten. Das hat Blood Dragon besser gemacht. Mit den Dragons selbst gab es auch endlich mal Gegner die schon nach dem Hingucken umfielen. Dazu noch der Humor, der zwar besser hätte sein können, aber durchaus zu unterhalten wusste. Ich fand’s gut (vor allem bei dem Preis).