Ich bin ein alter Sack und mag alte Spiele. Zuletzt beschäftigte ich mich mit dem im Jahre 2010 erschienenen Fallout: New Vegas. „Fünf Jahre sind doch kein Alter!“, mag mancher einwerfen, doch auch wenn das für das Prädikat „Retro“ noch nicht reicht, die coolen Kids diggen heute andere Sachen und denken beim Wort „Obsidian“ bestenfalls an Vulkane, wahrscheinlich aber wieder nur an Sex und Zigaretten. Zwar gefällt mir New Vegas supigummigut, nach einer Weile drückt es aber aufs Gemüt. Siebzig Stunden Ödland weckten in mir den Wunsch nach einem Tapetenwechsel, nach etwas Erbaulichem, nach einer Dosis Lebensbejahung. Also lud ich Leo’s Fortune auf meine Playstation herunter und versuchte mein Glück.
Leo’s Fortune ist kein neues Spiel. Im letzten Jahr für iOS und Android erschienen, wurde es kürzlich auf die aktuellen Konsolen und den PC portiert. Bereits zur Veröffentlichung war mir der Titel aufgefallen, kurz hatte ich gar mit der Anschaffung für mein Androidgerät geliebäugelt. Doch bin ich ein alter Sack und halte nichts vom Spielen auf Mobiltelefonen und Tablets. Also verlor ich den Platformer wieder aus den Augen und freute mich umso mehr, die Umsetzung für die PS4 in die Hände zu bekommen.
Der titelgebende Protagonist des Spiels ist ein blauer Fellball mit Zwirbelschnauz, der einerseits Englisch mit einem mutmaßlich ungarischen (oder russischen?) Akzent spricht und andererseits einst ein reicher Mann (Ball?) gewesen ist. Doch hat ein Übeltäter seinen Goldschatz entwendet und in der Landschaft verteilt. Leo begibt sich also auf die Reise, um seine Reichtümer wiederzubeschaffen, und das möglichst vor dem Abendessen.
Die Aufgabe des Spielers ist es nun, Leo durch die Landschaft zu bewegen und seinen aus Goldmünzen bestehenden Schatz einzusammeln. Dazu kann er hopsen, gleiten und sich aufblähen, kleine Rätsel hindern ihn am Fortsetzen seines Weges. Das klingt nach wenig, ist es auch. Der Einstieg in Leo’s Fortune ist lustig und unterhaltsam, aber aufgrund des betulichen Humors und der sich ständig wiederholenden Spielelemente ist der Spaß nur von kurzer Dauer.
So schnell ich in das Spiel hineingefunden habe, so schnell hat es begonnen mich anzuöden. Zwar unterscheiden sich die fünf Welten, durch die Leo sich hindurchhüpfen muss optisch voneinander, spielerisch tut sich allerdings wenig. Vom anfangs charmanten Humor war ich bald genervt, vom betulichen Geblubber des Protagonisten gelangweilt. Durchgespielt habe ich Leo’s Fortune nur, weil es ziemlich kurz ist und ich es an zwei Abenden durchziehen konnte. Ein theoretischer Motivator sind Auszeichnungen für das Durchspielen der Level in einer vorgegebenen Zeit und ohne Ableben. Ob dies abseits des üblichen Highscoregemächtvergleichs etwas bewirkt oder freischaltet, kann ich nicht beurteilen, weil ich trotz meiner Eigenschaft als alter Sack nie ein Punktejäger war und in diesem Leben vermutlich auch keiner mehr werde.
So harsch meine Kritik klingt, ein absoluter Stinker ist Leo’s Fortune nicht. Das was es tut, ist sauber umgesetzt. Nur ist das leider nicht besonders viel. Vermutlich liegt dieser Umstand in der Mobilgeräterkunft des Spiels begründet, aber genau weiß ich es nicht. Denn ich bin nur ein alter Sack und kenne keine Handyspiele. Und nach drei Stunden der Knuddelhüpferei reicht es mir auch mit der Lebensbejahung und meine Batterien sind so weit wieder aufgeladen, dass ich mich erneut Stunde um Stunde durch das Ödland schlagen möchte. Welch‘ ein glücklicher Zufall, dass Fallout 4 nächste Woche erscheint. Yay!
9 Kommentare
Echt jetzt ?
Also das ist jetzt mal kurios!
Eben dieses Spiel war es nämlich das mir 2012 glaube ließ, dass auch auf Tabletts wirklich richtig vollwertige Spiele möglich sind.
Ich fand den Humor tatsächlich ganz putzig
die Grafik stimmungsvoll
die (touch-) Steuerung durchaus gelungen
und das Spiel als solches….
recht abwechlungsreich angefangen bei der “Physikengine” (Kisten! Auftrieb!Wasser!)
über dei nicht ganz unkniffeligen aber stets fairen Platform Einlagen bis hin zur nahezu perfekten Spiellänge alles mehr als ok.
Das lässt jetzt meiner Meinung nach nur 3 Schlüsse zu:
1.) Die haben die Konsolenversion komplett versemmelt
2.) Spielejournalismus mit wertendem Charakter sind eh total sinnlos , weil die Bandbreite der unterschiedlichen Geschmäcker einfach zu breit ist
3.) Du hast leider komplett keine Ahnung und bist ein Hater :-)
ps: was mich jetzt mal interessieren tät: Fandest du das thematisch und stimmungsmäßig ähnliche LIMBO vergleichbar schlecht ? Dann sind im weitesten Sinne dystopische Platformer vielleicht auch einfach nicht so dein dingen….
Cheers!
Jarden
Ich bin zwar nicht Urs und kann leider auch nichts zu Leo’s Fortune sagen, aber:
Dude, wir sind keine Spielejournalisten und sehen uns auch nicht annähernd in dem Bereich. In dem Milieu arbeitet noch nicht mal einer von uns (ich bin zum Beispiel Softwareentwickler). Also ist Urst entweder ein irrer Hater (die Vermutung habe ich schon seit Jahren!!!!) oder das Spiel ha einfacht etwas anderes bei ihm ausgelöst. Ich glaube auch, dass da die Erwartungshaltung eine große Rolle spielt.
Hallo,
prinzipielle Frage: Ist denn ein Journalist -per Definition- jemand der davon seine Brötchen kauft ?
Wenn ich nun beispielsweise eine Webseite und oder Flugbatt aufsetzen würde, in der ich haarklein investigativ beweisen würde das das Polyneux team nur aus willigen Lohnsklaven der Spielepublisher besteht und Le Don in seiner Freizeit rosa Damenunterwäsche trägt, wäre ich dann -IN DIESEM AUGENBLICK – ebenfalls ein -zugegebenermaßen extrem miserabler- ” Journalist ?
Würde sich das erst dann ändern wenn mich das Team eines anderen Spieleblogs dafür bezahlen würde ?
:-)
Der letzte Kommentar hat mich jetzt dazu gebracht, mein Haus nach Wanzen und Kameras zu durchsuchen…
@Jarden: Mit dem Hater liegst du gar nicht so falsch, würde ich sagen. :)
Das habe ich vielleicht im Text nicht so gut herausgearbeitet, aber ich denke einfach, dass ich mit falschen Erwartungen an das Spiel gegangen bin. Ich habe keine Ahnung von Handyspielen bzw. spiele ich auf meinem Mobiltelefon höchstens Tetris oder Solitair. Deshalb bin ich an das Ding wie an einen Otto-Normal-Plattformer herangegangen, und das lag vielleicht der Fehler. Möglichwerweise ist Leo’s Fortune nicht das richtige Spiel, um es am Stück durchzuziehen und es muss (Mobilgerät-gerecht) häppchenweise genossen werden. Denn grundsätzlich – und das habe ich ja auch geschrieben – ist es nicht schlecht umgesetzt und funktioniert auch prima.
Aber das ist ja auch das Schöne am Bloggen, im Gegensatz zum professionellen Spieletesten. WIr müssen hier nicht Neutralität bzw. Objektivität herbeifabulieren und können einfach unsere Meinung schreiben. Und wenn dann jemand mit Kritik am Geschriebenen um die Ecke kommt, kann man sich einfach zurücklehnen und selbstzufrieden darauf hinweisen, dass das nur der persönliche Eindruck ist. Und der KANN ja gar nicht richtig oder falsch sein. :D
Das von dir erwähnte Limbo gefiel mir übrigens großartig und ich habe es damals auf der 360 mit Begeisterung durchgespielt. Das Ende fiel zwar ein bisschen ab, das war aber nur ein kleiner Wermutstropfen.
@Jarden:
Ich glaube, bei uns im speziellen scheitert es schon an dem Anspruch. Wir wollen keine Spielejournalisten sein und meckern oft sogar über die Spielepresse. Dadurch haben wir keine Pflichten und müssen nicht – wie Urs schon sagte – vorgeben neutral zu sein oder umfassend über das aktuelle Geschehen berichten. Wir machen halt, worauf wir Bock haben und das kann wiederum nicht die Grundlagen für Journalismus sein.
Nebenbei gesagt glaube ich auch nicht, dass dies nur eine Frage des Gehalts sei. Also ein Youtuber ist beispielsweise für mich kein Journalist, nur weil er sich mal mit einer Kamera vor der Gamescom hinstellt und Geld mit seinen Abonnenten verdient.
Außerdem sind, meiner Meinung nach, zumindest im deutschsprachigen Raum 90 Prozent der sogenannten “Spiele-Journalisten” bestenfalls gute PR-Redakteure. Klassischer Journalismus – wozu es u.a. gehören würde selbst hin und wieder für eigene Geschichten zu recherchieren und nicht nur Pressemitteilungen der lieben Publisher umzuformulieren, Artikel der amerikanischen Kollegen abzuschreiben und fremdverfasste Advertorials online zu stellen – hat mit der Spielepresse von heute leider herzlich wenig zu tun.
Und deswegen finde ich uns als unabhängige Blogger auch so wunderbar (+kompetent+sympathisch+klug+eloquent+gut aussehend) und die anderen so schlecht und potthässlich, weil die Schlampen sich verkaufen und wir (beinahe) nicht.
Herr Ober? Ich hätte bitte gern so eine plüschige Kugel mit Schnurrbart als Haustier!
OK, bei mir liegen auch viele ältere Spiele rum und wir haben es auch erst dieses Jahre gespielt. Aber für die i-Welt fanden wir es ganz nett.