Haven Park hat ein großes Problem: Es ist nicht Animal Crossing New Horizons. Will es auch gar nicht sein, wie auch? Dutzende, wenn nicht gar hunderte Menschen arbeiteten an dem einen Spiel – an dem anderen nur einer: Fabien Weibel. Und mein Gott, was für ein bezauberndes Spiel er entwickelt hat!
Nur hat es mich zum falschen Zeitpunkt erwischt. Meine Liebe für Pixel ist leider genauso begrenzt wie der Wille der in Deutschland lebenden Wählerinnen und Wähler die verdammte Linkspartei zu wählen. Und weil ich Haven Park genau dann startete, als ich bereits 50 Stunden in Animal Crossing meine Insel mit Leben füllte, musste das eine warten.
Dabei hat Haven Park sofort mein Herz, meinen Verstand und meine Switch erobert, schließlich kann ich auf Knopfdruck „Pew“ rufen. Meine Spielfigur, ein Küken namens Flint, sagt dann „Pew“, „Pew“, „Pew“, „Pew“, „Pew“, „Pew“, solange ich will, so oft ich will, wann immer ich will. Zehn von zehn, Meisterwerk, gerne wieder!
(In der deutschen Übersetzung, die leider einige Fehler enthält, wird daraus übrigens „Piu“. Naja.)
Das Spielprinzip gleicht dem von Animal Crossing: Statt einer Insel muss ich nun einen Park herrichten, verschönern, erkunden und pflegen. Na klar merkt man den Unterschied; den Mangel an Budget und Manpower auf der einen und Kohle ohne Ende und Erfahrung auf der anderen Seite. Nintendo gegen Indie-Studio, es ist kein fairer Vergleich. Und keiner, der überhaupt in Erwägung gezogen werden sollte, auch wenn der Entwickler selbst angibt, unter anderem Animal Crossing habe ihn inspiriert.
Haven Park mag viel weniger sein als Animal Crossing, ist aber gleichzeitig so viel mehr. Nämlich herzlich. Aufrichtig und zwanglos herzlich. Von wenigen Spielen kann ich das behaupten, in erster Linie, weil sie mich nicht auf Knopfdruck „Pew“ sagen lassen, aber auch weil sich Freundlich- und Herzlichkeit oft gezwungen anfühlen, wobei da Indies öfter den Ton treffen als die „Triple A“s dieser Welt.
Erkunde ich also das Gebiet, schalte ich immer weitere kleinere Parks frei, die ich frei bebauen und damit Gäste anlocken kann, die sich sofort beschweren, wenn ich noch keinen Eisstand gebaut habe. Fühl‘ ich. Da Platz und Gegenstände aber limitiert sind, bleibt zumindest für mich das Bauen nur ein Gimmick, denn das Herz findet Haven Park in der Interaktion mit der Welt.
Schon Mal mit einem sprechenden Brunnen geredet? Tja, in Haven Park ein Ereignis, das sich sogar auf Gespräche mit anwesenden Camp-Besuchern auswirkt. Oder der bröckelnde Turm, der an seiner Spitze eine Art Spiel im Spiel per Buch bereithält: Immer wieder muss ich zwischen zwei Antworten wählen, gehe ich nach unten oder nehme ich eine Fackel oder trinke ich einen Trank oder schleiche ich mich am Troll vorbei. Da ich in der Geschichte scheitern kann, muss ich von vorn beginnen und jedes Mal eine Münze blechen. Charmant, in jedem Fall unerwartet in einem Spiel wie Haven Park.
Auch die Besucher der Camps versprühen den Charme eines Spiels, das nicht viel will, aber damit überzeugen kann. Knuffig sind sie, starren mit dir um die Wette oder wurden von einer Biene gestochen. Kleine Anekdoten ergeben sich somit in der entschleunigten Park-Aufbereitung, die meiner Spielfigur auferlegt wurde.
Und vielleicht wollte ich nun wieder einen Vergleich mit Animal Crossing anstrengen, schließlich tragen die Inselbewohner auch dort maßgeblich zur knuffigen Atmosphäre bei. Aber ach, ich lasse es. Ich halte lieber inne, zumindest in diesem Text. Haven Park ist ganz sicher kein Animal Crossing. Es ist so viel mehr. Weil es anders ist. Kleiner, beruhigender. Vielleicht pfeifen wir einfach Mal auf die ollen Blockbuster und widmen uns der Renovierung eines Parks.
Oder um es mit den Worten von Flint zu sagen: „Pew. Pew. Pew.“
4 Kommentare
Wie würdest du denn “Pew” ‘übersetzen’ bzw. vielmehr im Deutschen lautmalern?
Naja, ich hätte es bei “Pew” belassen, weil ich “Pew” als Wort bzw Bedeutung kenne, “Piu” aber nicht. Oder die Übersetzung als sichtbares Element einfach weggelassen, sodass man das Geräusch nur “hören”, aber nicht “sehen” kann, wobei das natürlich für Menschen, die nicht gut hören können, ein Problem wäre. Von daher: keine Ahnung.
Naja, “pew” als Wort ist eine “Kirchenbank”. Und als Lautmalerei ist “Piu” (oder Pju?) auf deutsch schon eher das, was ein “Pew” im Englischen ist. Und es ist ja noch nicht einmal so, dass hier aus einem “Woof” ein “Wau” gemacht wurde, sondern eben ein “Wuff”.
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