SpielerZwei: Shadow Warrior 3 unterscheidet sich schon relativ stark von seinem 2016er Vorgänger: Keine großen, zufallsgenerierten Level mehr und auch kein Waffen-, Upgrade- und Loot-Overkill der Marke Borderlands. Flying Wild Hog bezeichnen das Ganze als eine Rückbesinnung auf die Qualitäten des ersten Teils. Allerdings ist SW3 so dermaßen schlauchig-linear, reduziert und kurz, dass man ihrem ersten Shadow Warrior-Reboot von 2013 damit eigentlich unrecht tut. Aber hey, man kann in Interviews ja auch schlecht die simple Wahrheit sagen und zugeben, dass man 2016 so sehr von id softwares DOOM-Reboot geflasht war, dass man als nächstes unbedingt einen kompakten DOOM-RipOff im Clowns-Kostüm machen wollte.
Das klingt jetzt irgendwie negativ, oder? Dabei ist das Ergebnis ein so geiler, schneller und entschlackter Old-School-FPS geworden, dass ihn eigentlich kein richtiger Shooter-Honk verpassen darf! Und nachdem mich DOOM Eternal mit all seiner Überfrachtung – mechanisch, wie inhaltlich – vor zwei Jahren eher enttäuschte, würde ich den Leuten von id software am liebsten ein Kopie in die Hand drücken und sagen: „Seht genau hin! Weniger ist oft mehr…“
Natürlich hat ein Mid-Price-Spiel von einem polnischen Indie-Studio nicht die wahnsinnigen Production Values eines DOOM, aber es sieht trotzdem sehr schick aus und, was noch viel wichtiger ist, es flutscht nur so, was die Spielmechanik angeht. Wenn DOOM 2016 Milch wäre, wäre SW3 die Kondensmilch daraus: Lo Wang hat neben seinem Katana nur eine Handvoll Schusswaffen im Gepäck, die man jeweils in drei Stufen upgraden kann. Er selbst hat ebenfalls ein sehr übersichtliches „Talentbäumchen“. Das gesamte Spiel ist eine Abfolge von Schlauch-Arena-Schlauch-Arena-Boss-Schlauch-Arena usw. Keine parallelen Routen, Nebenmissionen oder gar offene Areale. Dafür das sehr flotte Movement-Set vom DOOM-Reboot inklusive Double Jumps, Fast Dashes, Wall Runs und Grappling Hook. Und natürlich Lo Wangs bewährtes Gun- und Katana-Play, dass sich hier noch eine Spur knackiger und befriedigender anfühlt. Der Spielfluss ist so simpel, wie sensationell.
Die Kämpfe in den Arenen fühlen sich wirklich wie eine freche DOOM-Parodie an. Es gilt, Wellen von fetteren Gegnern zu killen, bis keine mehr kommen. Zusätzlich spawnen bis zum Abschluss einer Arena endlos schwächere Kanonenfutter-Gegner, aus denen man sich per Glory Kill Heilung und Munition herausschnetzeln kann. Besonders die Glory Kills, die man bei längerer Aufladung auch auf die fetteren Gegner anwenden kann, schreien geradezu „Seht her! Wir verneigen uns vor DOOM 2016. Aber wir machen uns gleichzeitig auch ziemlich darüber lustig.“
Apropos „lustig“: Der Humor in den Shadow Warrior-Spielen ist bekanntermaßen nicht jedermanns Geschmack. SW3 ist vielleicht nicht mehr ganz so infantil wie seine beiden Vorgänger, aber die Dialoge gehen immer noch sehr häufig unter die Gürtellinie. Das muss man nicht zwingend gut finden, aber das gute Timing und die Präsentation der Gags haben zumindest mich wieder mit einem Dauergrinsen vor dem Monitor sitzen lassen. Dass Jason Liebrecht nun nicht mehr Lo Wang spricht, finde ich zwar etwas schade, aber Mike Moh macht in der Rolle auch einen ordentlichen Job.
Tja, und nach nur etwa acht Stunden ist der Spaß dann auch schon vorbei. Kein Multiplayer, kein Coop, kein vernünftiger Grund, es irgendwann nochmal zu spielen. Außer natürlich, man hat mal wieder Bock auf die unglaublich kondensierte Spielmechanik, weil die einfach rockt!
Pascal: Von mir kommt hier auch kein Seitenhieb gegen die Spielzeit, denn wie SpielerZwei spiele ich mich auch lieber acht gute als sechzehn mittelmäßige Stunden lang durch bunte Dämonengedärme. Aber ein Hühnchen hab’ ich mit dem Konzept doch zu rupfen: Warum darf ich meine Waffen und Upgrades nicht mit in einen zweiten Spieldurchgang nehmen? Shadow Warrior 3 besitzt weder eine Kapitelauswahl noch ein New Game+, wenn ich also einen neuen Durchgang starten will, verliere ich all meinen Fortschritt in den Challenges, mit denen ich Upgrades freischalte, und den Upgrades selbst. Einige der Errungenschaften im Spiel bleiben so frustrierenderweise nur eine Handbreit außer Reichweite, da man ganz selten eben doch Upgradematerialien verpassen kann, wenn man sich gerade im Flow befindet und eine Wallrun-Serie nicht unterbrechen will. Patcht also eine Kapitelauswahl rein, liebe Flying Wild Hogs, und wir sind wieder beste Freunde!
Abgesehen davon würde ein Patch dem Spiel an mancher Stelle tatsächlich auch so ganz guttun. Gerade in zwei, drei sehr auf Platforming ausgelegten Passagen in der zweiten Spielhälfte sind die Hitboxen der Hindernisse teilweise katastrophal kaputt. Wie oft ich Lo Wang auf einer Steinscheibe über Dornen surfend habe sterben sehen, obwohl er nichts berührt hat, das ihn umbringen könnte, kann ich gar nicht zählen. Und auch Wallruns und Enterhakensprünge ‘haken’ manchmal gewaltig und stürzen Wang zwischendurch einfach mal grundlos in den Ab…grund. Okay, die Checkpoints sind ganz gut gesetzt, aber ständige Ladebildschirme machen eben auch keinen guten Flow aus.
Das ist kein Gamebreaker – und anders als andere hatte ich auch im Endkampf keine gamebreaking bugs – aber eine ordentliche Wartung würde aus Shadow Warrior 3 wirklich das Gesamtkunstwerk machen, für dass ich es eigentlich halte. Ich finde, so viele andere ulkige Spiele wie möglich dürfen sich von dieser Furzkanone der guten Laune eine Scheibe abschneiden. Klar, auf den ersten Blick gibt’s hier Pimmelwitze und Kakahumor, aber eigentlich brilliert der ganze Spaß durch sein komödiantisches Timing viel mehr. Wenn man sich die Qualität der Animationen ansieht, mit denen Lo Wang von einem Waschbären in den Hintern gebissen wird oder in komprimitierender Position mit einer Leiche kollidiert, merkt man schnell, wo die Kohle bei der Entwicklung hingeflossen ist. Die nonchalanten Wegwerfgags können hier gut mit DOOM Guys lapidarem Desinteresse an der Story seines Reboots mithalten.
Urs: Wer mich kennt weiß, dass zwei meiner Hauptinteressen stumpfes Gemetzel und Pimmelwitze sind. Werden diese beiden Themen in einem popkulturellen Erzeugnis vereint, kennt meine Freude keine Grenzen. Shadow Warrior 3 ist so ein Fall. Wie aus den Texten meiner Vorredner bereits ersichtlich, schneidet Flying Wild Hog alte Zöpfe ab, entschlackt das Spiel im Vergleich zum System-schweren Vorgänger radikal und gibt mir die volle Dosis Doom 2016: Keine Schnörkel, straightes Geballer, Pennälerhumor. Geil!
In den genannten Punkten kann ich mich den Lobeshymnen von Pascal und SpielerZwei nur anschließen. Anstatt eine weitere Eloge zu halten, möchte ich aber Kritik üben: Was mich nicht begeisterte, war der technische Zustand des Spiels auf der Xbox. Dass es trotz AA-Präsentation nicht immer flüssig läuft, ist geschenkt. Ein deutlich größeres Problem hatte ich hingegen mit der Schwere der auftretenden Bugs. Den größten Teil des Spiels läuft alles, bis auf einige optische Glitches, rund. Doch an zwei Stellen am Fortkommen im Spiel gehindert, was sich jeweils erst mit einem Neustart beheben ließ. Um überhaupt zu raffen, dass es ein Fehler im Spiel ist, der mich aufhält, musste ich jeweils YouTube bemühen, da es sich mit aus sich selbst heraus nicht erschloss. Aus Spoilergründen gehe ich nicht näher darauf ein, aber es handelte sich um eine dieser vermaledeiten Sprungpassagen und einen Bosskampf. Apropos Boss! Der wirklich allerletzte Obermufti dieses Spiels ist nicht buggy, aber, das möchte ich hier festhalten, zu schwierig, doof und eine absolute Frechheit.
Nach dieser Kanonade an Kritikpunkten möchte ich versöhnlich schließen: Shadow Warrior 3 ist ein geradliniges, knackiges Vergnügen. Die Shootermechanik knallt, der Pimmelhumor… pimmelt. Wer Lust auf eine komprimierte, unterhaltsame Ballerpartie hat, kann hier nichts falsch machen. Xboxspieler:innen warten vielleicht noch ein, zwei Patches ab, bis das Teil (hoffentlich) rund läuft. Dann könnt ihr unbeschwert jede Menge Spaß mit dem Wang haben. Hihi.
1 Kommentar
klingt fuer mich genau richtig, um es abends ne Runde auf der Switch zu spielen. naja, vielleicht irgendwann mal auf den PC