So viel wurde schon zu Avowed erzählt und doch gibt es immer noch mehr zu sagen.
Gameplay schön und gut, man läuft rum und kämpft gegen Menschen, Bären, Echsen und Bäume – ja tatsächlich. Und vielleicht bin ich nicht die einzige, die sich durch die Gegend gemetzelt hat, weil sie nie macht, was sie soll und deswegen erst nach vielen Stunden von einem NPC informiert wurde: „Ja, also die lassen dich eigentlich ziemlich in Ruhe, wenn du auf den Wegen bleibst!” Ja ok, vielen Dank, ich bin also einfach so in friedliche Lager marschiert und hab alle Echsenbabys mit ihren süßen Handabdrücken und Malereien an Höhlenwänden getötet! Am I the baddie?! Dass ich einfach an den Kämpfen hätte vorbeirennen können, hab ich auch erst in einem der letzten Gebiete verstanden. Wie das manchmal so ist, wenn man sich im Genre nicht auskennt und die Zeichen anders interpretiert.
Auch zur Story wurde in unseren Podcasts schon viel erzählt, wir sind ein Godlike, wir sehen also ziemlich seltsam aus und lernen erst im Laufe des Spiels das Gottwesen kennen, das uns zu uns gemacht und uns in diese Welt gesetzt hat.
Aber nun zu meinem eigentlichen Liebe: den Personen. Bisher dachte ich immer, mich würden vor allem Storys interessieren, aber Avowed hat mir klargemacht, dass es natürlich irgendwie auch die Storys sind, aber vor allem solange mir die Leute am Herzen liegen. Und das taten sie in diesem Spiel besonders. Schon allein ein paar der NPCs, denen ich mehrfach über den Weg gelaufen bin und für die ich diverse Quests erledigen sollte, habe ich sehr interessiert verfolgt. Sei es der Verliebte, dem ich richtig hilfreich bei seinem Liebesgedicht zur Hand gegangen bin – und den ich nachher wieder getroffen habe, als er mit meiner Version wirklich absolut null Erfolg bei seiner Geliebten hatte. Ich stand sehr peinlich berührt daneben, aber was will man tun, the deed is done.
Manchmal waren es aber auch ganz kleine Szenen. Einmal war ich wirklich sehr invested in Marynna’s Tagebuch, das ich am Wegesrand gefunden habe. Sie wollte unbedingt das Land ihrer Vorfahren besuchen, ist dabei sehr weit gereist und hat immer mal wieder in ihren Pausen ihre Hoffnungen auf das aufgeschrieben, was sie dort finden und erleben würde. Irgendwann ist sie wirklich dort angekommen, da will man natürlich erfahren, dass sie jetzt glücklich dort lebt, aber dann dachte ich “Oh oh, aber ich les ja gerade ihr Tagebuch?!” und hab mich daran erinnert, dass ich es neben einer Leiche gefunden habe, Leute, mein Herz!!
Ganz besonders hing ich aber an meinen Begleiter*innen. Alle von ihnen hatten eine sehr emotionale Geschichte, die während des Spiels wichtig und aufgearbeitet wurde. Es war nicht einfach ein “Hier hast du noch ein bisschen was zur Einordnung, damit die Figur nicht so langweilig ist”-Text, sondern jedesmal ein wirklich absolut charakterformendes Erlebnis für die gesamte Gruppe, von denen mich eines ganz besonders berührt hat, das ich genau deswegen für euch nicht spoilern möchte. Alle sind aus ihren eigenen Gründen dazugestoßen und meinten, sie würden halt gehen, wenn es ihnen nicht mehr passt, weswegen die ersten Nachtlager auch alle erstmal etwas awkward waren. Aber dann ist die Familie nach und nach sehr natürlich zusammengewachsen, was ich vor allem in den kleinen Campfire-Gesprächen gemerkt habe. Manchmal habe ich nur für sie mein Lager aufgebaut. So konnten sie sich darüber aufregen, wer denn den teuren Käse geklaut oder die Kleidung des anderen ~aus Gründen~ einparfümiert hat. Neben diesen kleinen Gesprächen ging es aber auch immer um die großen Erlebnisse, seltsame Verhaltensweisen oder auch durchlebte Traumata der anderen. Nicht immer waren alle bereit, über diese Dinge zu reden, aber sie haben immer klargemacht, dass sie füreinander da sind, wenn sie gebraucht werden und haben sich gegenseitig unterstützt und beraten, egal wie lustig oder wie tragisch es wurde.
Am Ende saß ich wirklich mit Tränen in den Augen da und wollte das allerbeste Ende für meine Companions, weil sie sich nach all der Zeit und all dem, was wir zusammen erlebt haben, wie Freund*innen anfühlten. Nichts konnte für sie gut genug sein und so diplomatisch ich das Spiel auch gespielt habe, für sie hätte ich einen Krieg angezettelt! Jetzt bin ich wie gesagt nicht so bewandert in dem Genre, aber ich habe mir sagen lassen, dass dieses Gefühl nicht die Regel ist. Was ich aber in meinem Leben brauche, ist mehr von meiner Avowed-Familie, von Giatta, Yatzli, Marius und Kai. Bitte gebt es mir! Ich will mich nicht (nur) durch die Gegend metzeln, ich will meine Liebsten beschützen, mich mit ihnen in Kneipen setzen und über die Leute witzeln, die wir unterwegs getroffen oder sogar dabei haben!
Ich will mit ihnen am Lagerfeuer sitzen und sie ganz langsam und vorsichtig kennenlernen. Ich will von ihnen gruselige Nachtgeschichten erzählt bekommen und gleichzeitig darüber kichern, dass unser riesiger Kämpfer sich am meisten vor ihnen fürchtet. Ich will statt zur nächsten Mission zu rennen, lieber gespannt darauf warten, was sie diese Nacht wieder für komplett unerwartete Diskussionen führen werden. Am nächsten Morgen will ich dann mit ihnen aufbrechen, um gegen Diktaturen zu kämpfen und epische Abenteuer zu erleben. Ich will das alles zusammen und dafür gehe ich gerne jederzeit wieder aus meiner Indie-Nische raus. So sehr ich meine Begleiter*innen vermisse, so froh bin ich, dass ich ihnen (mit der Ausnahme einer absolut unmöglichen Entscheidung) allen ein gutes Ende bescheren konnte und sie zufriedener aus meiner Gruppe rausgegangen als reingekommen sind. Macht es gut, ihr Lieben! Vielleicht finde ich mich irgendwann wieder in eine, wunderbaren Kreis wie eurem!
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