Was genau die Zusatzepisoden nach Half Life 2 nun sind, weiß keiner. Ob es sich um Addons oder Fortsetzungen handelt ist auch unerheblich.
Entwickler Valve wurde dabei ertappt die drei geplanten Episoden quasi als Half Life 3 anzusehen, aber nachdem ich die ersten beiden Episoden gespielt habe, würde ich es eher Half Life 2.5 nennen.
Aber der Reihe nach. Beginnen wir mit Episode 1. Die Zitadelle flog dem Spieler am Ende von Half Life 2 um die Ohren und alles endete mit einem der bittersten Cliffhanger der Videospielgeschichte. Wache ich als Gordon Freeman in Episode 1 am Fuße der Zitadelle auf, dann steht der monströse Turm noch immer. Partnerin Alyx und Roboterfreund Dog zerren einen auf die Beine und erklären die Lage. Der Kern des Alienturms droht zu kollabieren und die komplette Stadt bei einer Explosion auszulöschen. Jetzt sollen wir zurück und den Super GAU verzögern. Etwas verwirrt kratze ich mich am Kopf. War ich nicht derjenige, der für die schlechten Schwingungen im Turm gesorgt hat? Und nun darf ich noch einmal in das Ding einbrechen, um alles wieder umzukehren? Hmm…
Hier beginnen die Probleme der ersten Episode. Sie recycelt fast nur Schauplätze aus dem Hauptspiel und benutzt dabei die gleichen Spielelemente.
Also kämpfe ich mich mal wieder durch die Zitadelle, wieder durch Tunnelsysteme, durch zerstörte Straßenzüge und über einen Bahnhof. Das macht auch alles für die drei, vier Stunden Spielzeit Spaß, fühlt sich aber leicht fad an. Vielleicht hätte ich die Episode 1 nicht direkt nach Half Life 2 beginnen sollen, um ein wenig Abstand zu gewinnen.
Aber das liest sich jetzt schlimmer als es ist. Ein paar Kleinigkeiten sind natürlich neu und anders. Alyx begleitet einen fast das gesamte Spiel über und steht vor allen Dingen am Anfang helfend zur Seite, wenn man selbst noch keine Schusswaffe zur Hand hat. Dann gilt es mit der Taschenlampe den Weg zu leuchten und auf böse Zombies aufmerksam zu machen. Später gibt sie Deckung mit dem Scharfschützengewehr und hält die Stellung per Maschinengewehr. Gute Frau.
Am Ende der Episode passiert dann endlich, was eigentlich schon lange passiert sein sollte: die Zitadelle zerreißt es in einem großen Knall und mal wieder blicken wir in eine Explosion, der Bildschirm wird schwarz und das Spiel ist zu Ende.
Wenn ihr jetzt den selben Scheiß für weitere vier Stunden abzieht, dann könnt ihr euch Episode 3 in den Hintern stecken. So ungefähr waren meine Gedanken, als die Credits abliefen.
Zwischen Episode 1 und 2 liegen eine Jahr Entwicklungszeit und zum Glück merkt man es dem Spiel auch an. Episode 2 geht endlich ein paar Schritte weiter, bleibt der Half Life Essenz aber treu.
Zur Abwechslung wache ich wieder mal aus einer Ohnmacht auf und befinde mich im Fluchtzug aus City 17. Die Explosion der Zitadelle hat uns jedoch etwas aus der Bahn geworfen und einige Waggons aus den Schienen. Leider genau auf einer Brücke. Also wird schnell das Wrack verlassen, bevor alles in sich zusammenstürzt. An der frischen Luft befindet man sich endlich mal in der Natur und nicht mehr in den Ruinen der Stadt. Doof nur, dass die zerstörte Zitadelle einen Riss im Raum-Zeit-Kontinuum (oder so) hinterlassen hat und sich ein weiteres Alienportal zu öffnen droht. Glücklicherweise haben wir vorher supergeheime Daten der Combine gestohlen und glücklicherweise gibt es eine Rebellenbasis mit einer großen Rakete in der Nähe, die mit diesen Daten das Portal schließen kann. Hui, welch Zufall.
Also hetzen Alyx und Gordon durch die Wildnis, verfolgt von neuen und alten Feinden. Neu sind die Jäger, kleinere Versionen der Strider, eine neue Sorte Ameisenlöwen und alt ist der gesamte Rest. Im Leveldesign wird alles ausgereizt, was auch schon Half Life 2 so großartig gemacht hat und in eine neue Umgebung übertragen. Nur kürzer, schneller, besser. Wo mir Episode 1 zu eintönig war, trumpft Episode 2 mit großer Variation auf. Aus engen Minen geht es hinaus auf weite Flächen, die mit einem neuen Auto unsicher gemacht werden. Dazwischen gibt es die obligatorischen Zwischenstops an Außenposten und die Angriffe der Combine.
Zum Schluss erwarten den Spieler eine neue Waffe, ein epischer Kampf, eine wunderschöne Raketenzündung, eine Storywendung, die unsere Helden auf neues Terrain führen wird und einen tragischen Todesfall. Die Cliffhanger von Half Life 2 und Episode 1 waren schon heftig, aber Episode 2 setzt auch hier noch einen drauf.
Valve, ich warte.
6 Kommentare
Ich habe Episode 1 und 2 noch nicht gespielt und werde es auch frühestens tun, wenn Episode 3 den Storybogen abschließt. Falls das überhaupt jemals passieren sollte und man überhaupt von einer richtigen Story sprechen darf…
Episodic Content Sucks! Und die “Story” von HL2 erst recht.
Meiner Meinung nach hätte Valve die 3-4 Jahre, die sie für die Episoden verplempert haben, lieber in die Entwicklung eines neuen Spiels stecken sollen…
Es war doch noch nie wichtig, WAS einem Half-Life 2 erzählt. Aber ich bin immer wieder hin und weg davon, wie es mir erzählt wird. Ich habe erst kürzlich angefangen, Episode 2 zu spielen und der Faktor “Gänsehaut pro Minute” nahm schon beim Vorspann, der nur Episode 1 rekapituliert, ungeahnte Ausmasse an. Und dann die ganzen Skriptsequenzen: Scheisse, sind die gut. Jede einzelne davon ist Gold wert. Das Voice-Acting auch. Alleine die Vortigaunts. Und die Vortigaunts sowieso: selten Charaktere gesehen, die ich so unterschätzt habe. Die rocken ja die Hütte ganz gewaltig. Bisheriges Highlight dann: das erste Wiedersehen mit dem G-Man; ich verrate jetzt nicht wo und wie, ich will nicht spoilern. Aber das war derart gut getimt; ich halte das schlicht für bewundernswert. Egal, dass die Story drumherum austauschbar ist. Das ist mir wurscht. Das war mir auch schon in Episode 1 wurscht. Spätestens als nach einer etwas holprigen Fahrt in einem gewissen Zug diese Frau namens Alyx neben mir nicht mehr nur ein NPC für mich war, sondern ein lebendiges, atmendes, fühlendes Wesen. Das war so großartig, dass ich es für wegweisend auf dem Gebiet der Mimik in Computerspielen halte.
Ich bin noch nicht sehr weit in Episode 2, habe gerade erst das Auto ergattert. Und schon habe ich so viel erlebt, dass ich seitenlang darüber schwärmen könnte. Mir ist doch egal, dass die Level ein langer Schlauch sind. Ist mir doch wirklich wumpe. Weil ich’s nicht merke. Es ist wie ein einziger Rausch. “Half-Life 2” in seiner Gesamtheit, ich lege mich fest, ist neben “Fahrenheit” das stimmigste Erlebnis, dass ich bisher je in einem PC-Spiel hatte.
Und ich könnte es immer und immer wieder spielen.
Ganz deiner Meinung – HL2 war gut, Episode 1 nicht schlecht – das Spielerlebnis in Episode 2 genial – und beim Abspann kam ich mir wie in einer, gar nicht mal soo schlechten, Soap vor…
Mir ging es ähnlich.
Grundsätzlich finde ich Episoden ok, aber nicht in diesen großen Zeitabständen. Wenn ich das auf TV Serien übertrage und im Jahr nur z.B. 5 Lost Folgen bringe, dann mach ich was falsch.
Ich empfand Episode 2 auch deutlich besser als die erste. Ep1 war zwar ein netter Leckerbissen für zwischendurch, aber so richtig umgehauen hats mich nicht. Ep2 halte ich für den momentanen Höhepunkt der Serie.
@SpielerZwei
Also wenn dir HL2 schon nicht gefallen hat, dann kannst du dir die Episoden auch sparen. Soviel anders sind die nicht.