Da ich schon vorher wusste, was mich dort erwarten würde, wäre ich unter normalen Umständen gar nicht erst an einem offenen Besuchertag zur Gamescom gefahren. Wir hatten daher selbstverständlich den Fachbesuchertag angepeilt, da wenigstens dieser einen gewissen Nährwert versprach. Allerdings hat uns die Kölnmesse für unwürdig befunden, den Fachbesuchertag als Pressevertreter wahrzunehmen, was zu der paradoxen Situation führte, dass wir zwar von vielen Publishern und Herstellern Einladungen zu den entsprechenden Veranstaltungen in Händen hielten, aber vom Messeveranstalter nicht aufs Gelände gelassen wurden, um diese auch zu besuchen. Da ich mich aber schon im Vorfeld mit Nille verabredet hatte, konnte ich nicht mehr kneifen und musste mich notgedrungen ins bunte Kirmesgetümmel stürzen.
Das Ganze entbehrt natürlich nicht einer gewissen Ironie, wenn man diesen Artikel von 2005 kennt, in dem ich mich zu Zeiten der Games Convention noch darüber lustig gemacht habe, dass die Leibziger Messe hier gänzlich anders verfahren hat und wirklich jedem 15jährigen Blogger einen Presseausweis hinterhergeworfen hat, ob er ihn nun wollte oder nicht.
Aber was soll’s. Wo ich nun schon mal da war, kann ich Euch ja auch kurz (Haha! Ja klar.) erzählen, wie ich’s fand…

Welche Daseinsberechtigung hat also so eine öffentliche Spielemesse in Zeiten des Internets? Diese Frage könnte man jetzt natürlich lapidar damit abschmettern, dass fast 250.000 Besucher mehr als genug Legitimation bedeuten. Aber so einfach möchte ich es mir dann doch nicht machen, zumal viele Besucher alles andere als begeistert von der Gamescom waren. Insbesondere viele der älteren Messebesucher haben als Fazit mit nach hause genommen, dass sie sich den Besuch im nächsten Jahr wohl eher schenken werden.
Auf Messen werden der Öffentlichkeit normalerweise Neuheiten präsentiert. Ich kann mir auf der Hannovermesse die neusten Baukräne, Fertigungsanlagen und Zugmaschinen ansehen. Auf der Cebit oder IFA werden mir die neusten Kommunikations- und Entertainment-Gadgets vorgestellt. Und auf der Düsseldorfer BOOT kann ich die neusten Luxusjachten bestaunen.
All diese Beispiel haben eines gemeinsam: Ich kann mir dort Dinge anschauen, die mir andernorts so nicht ohne weiteres zugänglich gemacht werden. Schon mal gar nicht innerhalb der eigenen vier Wände. Eine Besuchermesse zum Thema „Computer- und Videospiele“, und es ist hierbei völlig egal, ob wir von der E3, der Tokyo Game Show oder der Gamescom reden, hat hier aber leider ein klitzekleines Problem: Durch die öffentliche Omnipräsenz der Gamesbranche, insbesondere durch das Internet, gibt es auf diesen Messen nahezu gar nichts zu sehen oder zu erleben, was ich nicht zur gleichen Zeit auch gemütlich zuhause sehen oder erleben könnte. Durch den News-Overkill der Branche, zu jedem Furz eines Entwicklers auch gleich die dazugehörige Pressemeldung herauszujagen, durch das tonnenweise Veröffentlichen von Gamevideos und Screenshots im gefühlten Minutentakt, und nicht zuletzt auch durch das Bereitstellen von spielbaren Demos, tendiert das Informationspotenzial einer Publikumsmesse für den interessierten Gamer nahezu gegen Null. Man kennt eigentlich alles schon vorher bzw. kann es sich parallel zur Messe auch ohne kilometerlange Schlangen, Gedränge und nervtötenden Lärm bequem zuhause anschauen.



Mir schwebt da im Grunde eine gesunde Mischung aus dem bisherigen HalliGalli-Gedöhns und eher anspruchvollen Veranstaltungen wie beispielsweise dem Living Games Festival oder Clash Of Realities vor. Auf reines HalliGalli ohne jeden erkennbaren Mehrwert kann zumindest ich auch gut verzichten. So lange die Gamescom so bleibt, wie sie sich mir dieses Jahr präsentiert hat, verzichte ich zukünftig ganz sicher auf weitere Besuche und treibe mich lieber auf netten, ruhigen Veranstaltungen herum, auf denen man sich wirklich mit Videospielen in all ihren Facetten beschäftigt, anstatt mich mit billigem Budenzauber mehr schlecht als recht zu unterhalten…
10 Kommentare
Nach all‘ dem bösen Gemecker jetzt auch mal ein konstruktiver Artikel. Schön gesagt, alter Mann.
Zum Thema „auswendiggelernte PR-Sätze“ fällt mir noch diese eine Dame ein, die uns „DJ Hero“ anpreisen wollte. Und zwar mit den Worten: „Wie Guitar Hero.“ Pause und dann kam hektisch der Nachsatz „…nur besser!“
Schöner Artikel. Ich wünschte mir einfach, noch mehr Titel auch wirklich anspielen zu können. Da bleibt aber wirklich nur der Fachbesucher-Tag.
Eine seriösere Version der Messe durchzuführen, so wie die E3 es versucht hat, würde ich mir zwar wünschen, ist aber meiner Meinung nach nicht opportun: gerade nicht für die Kölner Messe, die jetzt erstmal froh ist, die Gamescom austragen zu dürfen.
Wie wäre denn allgemein unter unseren Lesern die Akzeptanz einer etwas seriöseren Spielemesse? Würde mich tatsächlich interessieren.
Ich würde eine wie Du so schön sagst „etwas seriösere Messe“ durchaus begrüssen, sehe da aber wenig Chancen denn mit der Ankunft der Spieleindustrie im „Massenmarkt“ braucht so eine Messe natürlich auch die „Kids“ um mit den Besucherzahlen protzen zu können.
Da hast Du wahrscheinlich recht. Dumm nur, dass ich dadurch ein permanentes Problem mit Games-Veranstaltungen haben werde: Die Krawall-Messen sind mir zu krawallig und die E-Veranstaltungen manchmal schon zu dröge. Naja, was soll’s? Bleib ich eben ganz zuhaus.
Oder noch besser: Ich gehe in den Park. Die Tauben füttern. Wie die anderen alten Leute auch.
*schmunzel*…ich kauf mir mittlerweile auch lieber 4 CDs als mir bei Spektakeln wie Rock am Ring in 3 Tagen 40Bands in die Ohren peitschen zu lassen und mit der gamescom seh ich das ähnlich.
Wenn Du diese gamescom schon recht treffend als Kirmes bezeichnest dann wart mal 2010 ab wenn MS und SONY groß Ihre „Hampelcontroller“ als Messe-Zugpferd präsentieren ;)
[i]“Besonders deutlich springt mir diese Diskrepanz übrigens immer bei der GameStar ins Gesicht, da hier trotz überwiegend junger Zielgruppe trotzdem auf dem „Sie“ bestanden wird.“[/i]
Wenn man keine Daten außer dem eigenen gefühl hat, sollte man vorsichtiger formulieren — der durchschnittliche GameStar-Leser ist ungefähr 25 Jahre alt.
[i]“… der durchschnittliche GameStar-Leser ist ungefähr 25 Jahre alt.“[/i]
Das hätte ich tatsächlich nicht gedacht. Und ich bezweifle es auch weiterhin – natürlich nur so vom Bauch her. Da die Gamerschafts-Zwiebel so ab 25 gefühlt immer schmaler wird, ist ein Durchschnittswert von 25 doch wirklich eher unwahrscheinlich, oder? Aber woher wißt Ihr das eigentlich? Wenn die Quelle Eure alljähliche Leserumfrage ist, dann sei angemerkt, dass diese auch nicht repräsentativ sein muß.
Du ziehst den Schnitt halt so hoch, Opi.
;D
[i]“der durchschnittliche GameStar-Leser ist ungefähr 25 Jahre alt.“[/i]
Wie man bei uns Historikern gerne sagt, wenn die eigene Argumentationsbasis gefährdet ist: „ach, komm mir nicht mit Fakten“…