In einer Woche erscheint endlich South Park: The Stick of Truth. Nein, Moment… das hatten wir doch schon. Neuer Versuch:
Woah, bin ich glücklich! So glücklich, wie man nur sein kann, wenn man auf etwas seit Jahren gewartet hat und dann merkt, dass es nicht nur so gut geworden ist, wie erhofft, sondern sogar noch besser. Ich habe South Park: The Stick of Truth durchgespielt. Und deshalb schreibe ich jetzt darüber, damit sich jeder noch so videospielehassende (ihr lest hier garantiert mit) South Park Fan dieses kleine Juwel unter den Lizenztiteln zulegen möge.
Handlung & Humor
Unsere Geschichte beginnt mit dem Einzug eines neuen Kindes im idyllischen Bergdorf South Park. Das so sympathische wie stumme Kerlchen spielt man selber. Schnell trifft man auf den als Magierkönig verkleideten Eric Cartman, den wohl bekanntesten Charakter der Serie. Für alle Quereinsteiger: Die Hauptrolle spielen Grundschüler, und so kommt es, dass man nicht wirklich gegen Drachen und Orks kämpft, sondern dass die Fantasywelt einem Rollenspiel entstammt, das die Kinder gerade am Laufen haben. Klingt meta? Ist es auch. Anspielungen auf Fantasy- und Videospieleklischees finden sich reihenweise. Und die Phantasie, mit der Kinder in fremde Rollen schlüpfen, wurde sehr schön eingefangen. Die Gärten ihrer Elternhäuser haben die beiden verfeindeten Gruppen, die Menschen und Elfen, zu Stützpunkten ausgebaut, in denen man sich mit zu Waffen umfunktionierten Gegenständen eindecken kann. „Boys being boys“ nennen South Park Fans es, wenn die spielenden Kinder in den Mittelpunkt der Handlung gerückt werden und man die Geschichte aus ihrer Perspektive erlebt. Aber keine Sorge, auch die völlig übertriebenen Überraschungen kommen nicht zu kurz. Ein düsterer Schatten wird sich schon bald über South Park legen…
Man gerät zwischen die Fronten eines erbitterten Kampfes um den sogenannten „Stab der Wahrheit“. Denn wer den Stab kontrolliert, kontrolliert das Universum! Bei dieser kleinen Anspielung auf Dune bleibt es nicht, wie für die Serie üblich steckt dieses Spiel voller mehr oder weniger dezenter Parodien. Vor allem die auf Videospielemechaniken sorgten bei mir für unkontrolliertes Kichern. Abwechslung wird groß geschrieben. Trey Parker und Matt Stone, die Köpfe hinter South Park, haben das Drehbuch selber verfasst und dabei vieles eingebaut, was sie als Gamer mögen – und was sie nervt. Man hat dadurch das Gefühl, ein sehr persönliches Spiel vor sich zu haben. Als Vorbilder für Elemente von The Stick of Truth nennen sie übrigens Titel wie Earthbound, Paper Mario, The Legend of Zelda und Skyrim.
Worüber man allerdings in noch größerem Maße stolpert, sind Anspielungen auf South Park Folgen aller bisherigen 17 Staffeln. Ich habe noch nie ein Lizenzspiel gesehen, das dermaßen viel Fanservice bietet! Folgt man der Hauptstory und den Nebenquests, trifft man immer wieder auf alte Bekannte. Mein persönliches Highlight war das Auftauchen meines großen Vorbildes: Der Zwerg im Bikini, ein Reporter, der bisher nur in einer Folge der 1. Staffel und im South Park Film kurz zu sehen war. Hurra! Aber es lohnt sich, sich auch die Zeit zu nehmen, die Welt abseits der Quests genauer zu erkunden. Jeder Ort bietet bei genauerer Betrachtung Grund für nostalgische Seufzer. Man sammelt neben nützlichen Items „Junk“ ein, der aus Objekten besteht, die irgendwann einmal in einer einzelnen South Park Folge von Bedeutung waren. Immer liebevoll mit einer eigenen Beschreibung versehen und meistens passend zu dem Ort, an dem man ihn gefunden hat. Verständlicherweise ein Fest für Fans! Angenehm für alle, die das nicht interessiert, ist, dass ihnen diese Elemente nicht aufgedrängt werden – sie können den Krempel einfach ignorieren und beim nächsten Händler zu Geld machen. Ein durchdachtes System, um sowohl Hardcore-Fans als auch Gelegenheitsgucker zufrieden zu stellen.
South Park: The Stick of Truth ist das vielleicht witzigste Spiel, das ich je gespielt habe. Abgesehen von den hier verständlicherweise stark zurückgeschraubten Referenzen aufs aktuelle Zeitgeschehen ist der Humor der typische der Serie. Mal subtil und hintergründig, mal deutlich unter der Gürtellinie. Wen abgetriebene Mutanten-Föten als Gegner und der exzessive Gebrauch von Furz-Magie abschrecken, sollte vorgewarnt sein. Die Mischung macht‘s, und die war noch nie für jeden leicht verträglich. Man sollte allerdings auf keinen Fall den Fehler machen, South Park nur auf einen Aspekt seines Humors zu reduzieren. Es handelt sich weder um ein Spiel für Kinder, noch ist es primitiv.
Ich möchte hier nichts weiter zur Handlung an sich verraten, aber wer befürchtet hatte, dass sie sich nach den ersten Stunden tot läuft, den kann ich beruhigen. South Park funktioniert nicht nur in einer Länge von 22 Minuten, sondern hält auch über 10 Stunden ohne Hänger durch. Ich habe den Abspann nach 20 Stunden gesehen. Die meisten Tests sprechen von 12 Stunden, was ich nachvollziehen kann, wenn man hauptsächlich der Handlung folgt. Aber The Stick of Truth ist keines dieser Spiele, bei denen man durchrennen sollte. Es wurde gerade deshalb so kompakt gehalten, um zum Experimentieren und Erforschen zu animieren, denn jeder einzelne Bildschirmausschnitt ist liebevoll gestaltet worden. Ernsthaft: Wenn ihr Fans seid, dann nehmt euch die Zeit, in Schränke zu schauen, Aushänge zu studieren und Beschreibungen zu lesen. Auch die Nebenquests sind nicht bloß beliebiges Füllwerk. Dass alles worauf man trifft, liebevoll ausgearbeitet und absolut einzigartig ist, zeichnet dieses Spiel aus und wäre nicht möglich gewesen, wenn man es auf die doppelte Länge gestreckt hätte. Wer sich gerne zum Grinden durch zufallsgenerierte Welten kloppt, sollte The Stick of Truth nicht mit dieser Art von Rollenspielen vergleichen, weil es einen völlig anderen Ansatz verfolgt. Bringt man hingegen Interesse für die Feinheiten mit, die einem vorgesetzt werden, kann man nicht nur mehr Zeit in der Welt verbringen, sondern sie außerdem sehr genießen. Dieser Mehrwert wird sich vor allem den Fans erschließen, die alle Folgen kennen, weil man sonst die Anspielungen nicht versteht, aber bei einem Spiel zu einer Serie ist das denke ich nicht verkehrt.
Grafik & Sound
Wie sieht das Ganze eigentlich aus? Wie die Serie. Punkt. Man merkt tatsächlich kaum Unterschiede, und das ist sehr beachtlich. Die Pappstruktur, die Gestaltung der Orte, die Bewegungen – in den ersten Minuten konnte ich nur zufrieden vor mich hin grinsen, weil ich mich so darüber gefreut habe, selber durch South Park laufen zu können und darüber, wie echt das alles wirkt. In einem interessanten Interview hatten die Entwickler außerdem darüber aus dem Nähkästchen geplaudert, wie die Animationen und Framerate aufeinander abgestimmt wurden. Die Herausforderung bestand darin, dass es flüssig spielbar sein musste, aber der abgehackte Stil beibehalten werden sollte.
Man kann das Aussehen seines Charakters selber bestimmen und auch die Ausrüstung ist immer direkt sichtbar. Sie lässt sich sogar einfärben und mit kleinen Extras versehen. Fügt man seiner Waffe beispielsweise ein totes Tier als Aufsatz hinzu, verteilt sie sogenannten „gross out“ Schaden, der vergleichbar mit Giftschaden dem getroffenen Gegner jede Runde auf den Magen schlägt. Die Masse an unterschiedlichen Kostümen und Waffen ist beeindruckend. Fun Fact: Als die Entwicklung startete, hatte mich ein Bekannter, der an dem Spiel mitgearbeitet hat, angeschrieben, ob ich mich mit meinem SP-Studio an dem Charakter-Editor beteiligen will. Wieso man so etwas ablehnt? Damit man es hinterher in einem Blogeintrag erwähnen und dafür ausgelacht werden kann.
Um die Illusion perfekt zu machen, sieht das Spiel nicht nur aus wie eine Folge, sondern klingt auch so. Uns wurde eine komplette Sprachausgabe beschert, wenn auch nur auf Englisch (was ich persönlich nicht störend finde). Trey Parker und Matt Stone sprechen wie im Original fast alle Charaktere selber, aber auch die anderen bekannten Sprecher sind mit von der Partie.
Musikalisch haben die beiden South Park Schöpfer nicht erst durch ihr unverschämt erfolgreiches Broadway Musical The Book of Mormon bewiesen, dass sie einiges drauf haben. Das merkt man auch diesem Spiel an. Es beginnt mit kleinen Details: Lädt man neu, ertönt eine kurze Melodie wie für Szenenwechsel in South Park üblich. Es wurde neue Musik komponiert, gespickt mit einigen echten Ohrwürmern (Jimmy!), aber man hört unterwegs in den Radios auch die Greatest Hits aus der Serie. Mein persönliches Highlight war dabei, als „Chewbacca“ von DVDA lief, einer Band, die Trey Parker und Matt Stone vor vielen Jahren mit Freunden gegründet haben, und der kein Erfolg beschert war. Wer erinnert sich schon an so etwas? Wie bereits erwähnt: Liebenswertester Fanservice in Reinform.
Looten & Bluten
Die Story überzeugt also und auch der Look wirkt sehr authentisch. Aber was wir hier vor uns haben, ist keine Folge, sondern man stürzt sich aktiv ins Geschehen. Überzeugt South Park: The Stick of Truth auch spielerisch?
Grundsätzlich handelt es sich um ein Rollenspiel mit Adventure-Elementen. Es gibt vier Charakterklassen: Krieger, Magier, Dieb und Jude. Die Handlung wird durch Haupt- und Nebenquests vorangetrieben. Man sammelt Erfahrungspunkte und levelt durch Kämpfe. Es gibt einen Skilltree, durch den man seine vier Spezialangriffe verbessern kann. Außerdem kann man passive Fertigkeiten freischalten, indem man Freunde sammelt. In und um South Park herum findet man viele einzigartige Waffen, Kleidung und Verbesserungen für diese, so dass man immer wieder umrüsten kann.
Soviel zu den Grundlagen. Das klingt zwar alles sehr nach klassischen Rollenspielen, man sollte sich allerdings der Tatsache bewusst sein, dass wir es hier trotz der von Anfang an frei begehbarer Karte und Zufallskämpfen mit einem Spiel zu tun haben, das relativ linear verläuft und bei dem Grinden nicht eingeplant ist. Man erreicht die maximale Levelgrenze locker vor dem Finale, und selbst wenn nicht, stellt einen der Schwierigkeitsgrad vor keine großen Herausforderungen. Dass das Spiel eine Spur zu leicht geworden ist, liegt vor allem am Kampfsystem.
Das hat mir an sich sehr viel Spaß gemacht: Trifft man auf einen Gegner, stürzt man sich automatisch zusammen mit einem Buddy (man kann zwischen verschiedenen bekannten South Park Charakteren wählen) in den Kampf. Die Ansicht wechselt und man duelliert sich rundenbasierend, wobei man seine beiden Charaktere nacheinander steuert. In den Runden der Gegner kann man deren Angriffe blocken und die Attacken des eigenen Teams werden durch kleine Quicktime-Events gestartet. Dass jeder Mitstreiter andere Fertigkeiten hat, die sehr lustig umgesetzt wurden, hält einen auch nach zig Kämpfen noch bei Laune. Mein persönlicher Favorit ist Prinzessin Kenny. Bei einigen besonders starken Attacken muss man die Buttons des Controllers auswendig kennen, um rechtzeitig den richtigen zu erwischen, was bei mir hin und wieder dazu geführt hat, dass „sie“ durch mein Verschulden das Zeitliche gesegnet hat. Gut, dass dieser Charakter ein berüchtigtes Talent zur Wiederauferstehung hat.
Dass die Kämpfe ziemlich leicht ausfallen, liegt nicht so sehr an den Gegnern, sondern daran, dass man zusätzlich zu seinem Angriff immer auch ein Item benutzen kann. Man kann sich also theoretisch jede Runde heilen und trotzdem Schaden zufügen. Stirbt man, dann aus purem Geiz oder weil man die Wucht einer gegnerischen Attacke unterschätzt hat. Sollte man doch einmal ernsthafte Probleme bei einem Kampf bekommen, gibt es außerdem die extra starken Summons, die mal eben alle Gegner auf einmal umhauen. Man kann sie zwar nur sehr selten benutzen, aber das reicht. Hätte man, was diese Punkte angeht, das Kampfsystem ein wenig strenger gestaltet, hätte das dem Spiel denke ich gut getan. Freuen dürfte es allerdings Anfänger, die keine Erfahrung mit rundenbasierenden Rollenspielen mitbringen und sich trotz der vielen zu merkenden Regeln vor keinen unlösbaren Aufgaben sehen werden.
Ein interessanter Aspekt sind die zerstörbaren Umgebungen. Man kann neben den obligatorischen Kisten und Schränken auch mit bestimmten Stellen im Hintergrund interagieren, um sich neue Wege zu bahnen oder Gegner noch vor dem Kampf auszuschalten. Das erleichtert das Spiel zwar zusätzlich, macht aber vor allem richtig Laune, weil es Abwechslung bietet. Wenn man eine komplette Gruppe durch einen gezielten Furz in eine offene Flamme ausgeschaltet hat, fühlt man sich wie ein wahrer Held.
Was die Bedienungsfreundlichkeit angeht, hat man sich viel Mühe gegeben. Die Objekte, mit denen der Spieler interagieren kann, sind deutlich gekennzeichnet, ohne dass sie wie Fremdkörper in der Papplandschaft wirken. Griffe, die man benutzen kann, sind zum Beispiel gelb eingefärbt, während zerstörbare Objekte Risse enthalten. Dass auch die Statusleisten während der Erforschung South Parks ausgeblendet werden, trägt zusätzlich zur Illusion bei, dass man sich in einer Folge der Serie befindet. Die Reisen erfordern Dank Timmys Transportsystem keine langen Fußmärsche, man kann außerdem rennen und Zwischensequenzen abbrechen. Speicherpunkt gibt es häufig genug. Einzig an die Steuerung des Inventars mit dem Controller werde ich mich wohl als alter PC-Spieler nie gewöhnen können – furchtbar! Aber das ist ein allgemeines Problem und schon der Grund, warum ich Diablo 3 niemals ohne Maus spielen werde.
Praktisch ist, dass man auf der Karte nicht nur die Quests angezeigt bekommt, sondern auch, in welchen Gebieten noch Schätze gefunden werden können. Sammelwütige haben einiges zu tun, denn neben den schon erwähnten Waffen, Rüstungen und Freunden kann man auch Chinpokomon finden. Aber hier muss ich auch meinen größten Kritikpunkt los werden: Wie kommt es, dass man einerseits so sehr darauf bedacht ist, ein frustfreies Spielerlebnis zu bieten, aber einem dann bei der Verteilung der Items das Messer in den Rücken rammt? Was ich meine ist, dass man bestimmte Standorte nur einmal im Verlauf der Handlung besuchen kann und danach nie wieder. Die dort versteckten Objekte sind also für immer verloren, wenn man sie im Eifer des Gefechts übersieht. Besonders ärgerlich finde ich daran, dass es sich nur um eine Hand voll Items handelt, die man verpassen kann. Hätte man diese nicht einfach an nach dem Abspann zugänglichen Orten verstecken können? Ein überflüssiges Ärgernis.
Was richtige Bugs angeht, bin ich nur auf einen gestoßen. Plötzlich verwandelte sich das Gesicht meines Charakters Dank eines Grafikfehlers in ein abstraktes Farbenmeer. Glücklicherweise schaffte jedoch ein einfacher Neustart Abhilfe. Geruckel trat zwar häufig nach dem Laden neuer Abschnitte auf, verschwand aber direkt wieder, wenn ich kurz stehen blieb anstatt direkt loszurennen. Abgesehen davon lief alles flüssig.
Longer & Uncut
Bisher habe ich die ungeschnittene amerikanische PS3-Version gespielt. Um genau zu sein die Grand Wizard Edition, aber das macht spielerisch überhaupt keinen Unterschied. Der Kauf dieser Edition rentiert sich nur für Sammler, die Interesse an einem schicken Staubfänger in Cartmanform und einer Karte für die Wand haben. Die enthaltenen Rüstungen des Vorbesteller-DLC-Pakets sind nichts, was man unbedingt haben muss, weil sie höchstens für die ersten Level interessant sind.
Die in der deutschen Version entfernten Hakenkreuze und Hitlergrüße spielen eine nicht gerade kleine Rolle. So wird auch verständlich, wie es passieren konnte, dass ein Hakenkreuz vergessen wurde zu entfernen, was ja für die Verschiebung des Release-Termins in unseren Gefilden verantwortlich war. Es sind echt viele. Die für die (übrigens bei uns deswegen ab 16 freigegebene) europäische Konsolenversion entfernten Minispiele um Abtreibungen und Analsonden, haben mich allerdings stutzig gemacht. Ich empfand sie als nicht sonderlich schlimm. Man sieht an anderen Stellen brutalere und vor allem explizitere Szenen. Wahrscheinlich ist wirklich die Interaktivität Schuld für die Einschätzung gewesen, dass ausgerechnet diese Szenen 16-Jährige verstören könnten. Wenn sie meinen…
Lohnt sich ein Import? Das muss natürlich jeder für sich entscheiden, aber bei der PS3 würde ich dazu raten. Die sieben entfernten Szenen bereichern das Spiel meiner Meinung nach, weil sie lustig und nicht unerheblich für die Haupthandlung sind. Was die Nazizensur angeht, empfinde ich sie bei den Hakenkreuz-Armbinden als überhaupt nicht störend, wenn allerdings auch die Sprüche der Gegner entfernt wurden, beeinträchtigt das für mich die Atmosphäre dann doch. Importversionen lassen sich zumindest auf der PS3 problemlos spielen und sogar auf deutsche Texte umstellen, wenn man die eher mittelmäßige Übersetzung dabei haben möchte. Empfehlenswerter ist allerdings die Originalfassung, da leider einiges sehr sinnverfremdend übersetzt wurde. Vor allem bei den Namen und Beschreibungen der Items und Fähigkeiten fällt das sehr unangenehm auf. Wenn aus “Griefer” “Trauernder” wird, aus “Jesus” “Gott” und die Sängerin “Wing” zu “Flügel” mag das als einzelner Fehler noch verschmerzbar sein. Aber hier treten solche Patzer an jeder Ecke auf und dazu kommt, dass man sich die Objektbeschreibungen teilweise komplett ausgedacht hat, anstatt sie zu übersetzen. So gehen in der deutschen Fassung viele Wortwitze und Anspielungen auf Ereignisse aus der Serie verloren. Wer des Englischen mächtig ist, sollte also auf jeden Fall auf die Originalsprache umstellen.
Das Ende & danach
Leider hält sich der Wiederspielwert in Grenzen. Nach dem Abspann kann man noch verbliebene Kleinigkeiten erledigen, wie z.B. die Händler leerkaufen und noch fehlende Freunde und Loot aufstöbern. Ein erneuter Start ermöglicht zwar, sich die Fähigkeiten der anderen drei Klassen anzusehen, aber alleine dafür werden wohl die wenigsten das Spiel direkt noch einmal in Anrgiff nehmen. Der einzige wirkliche Grund könnten die Trophäen sein, denn die sind hundsgemein. Ohne Guide lassen sich die Versteckten kaum durch Zufall finden und man muss das Spiel mindestens zweimal durchspielen, um alles zu schaffen. Darüber hinaus kann es passieren, dass man bestimmte Trophäen nicht erreichen kann, wenn man an einer bestimmten Stelle nicht das tut, was dafür nötig ist. Im Vergleich zum Rest des Spiels ist es erstaunlich, dass die Trophäen sich nur durch Nachforschen im Internet (oder unverschämt viel Glück) holen lassen.
Was also tun, nachdem man entweder tapfer alle Trophäen geholt oder sie ignoriert hat? Mit Story DLC sieht es schlecht aus, denn die noch zu THQ-Zeiten angekündigten Zusatzpakete wurden gestrichen. Etwas Neues wurde bislang nicht angekündigt und Trey Parker und Matt Stone haben bei ihrem Comic-Con Panel letztes Jahr klar gemacht, wie wenig sie davon halten. Einerseits lobenswert, wenn sie das durchziehen, was ihrer Meinung nach dem Spiel am besten tut, aber andererseits auch schade. Denn ich hätte mir gut eine größere Erweiterung im Stil der Blizzard Addons vorstellen können, mit erhöhter Levelgrenze und einer neuen Geschichte.
Und wie sieht es mit einer Fortsetzung aus? Ein weiteres Videospiel in irgendeiner Form wird zwar laut Matt Stone nicht komplett ausgeschlossen, weil er und Trey Parker das Projekt sehr interessant fanden. Allerdings ist in nächster Zeit erst einmal nicht damit zu rechnen, weil es sehr viel mehr Zeit in Anspruch genommen hat, als sie eigentlich eingeplant hatten, und sie nun ziemlich ausgebrannt sind. Das erinnert daran, wie sie sich nach dem South Park Film fühlten, der damals ebenfalls hervorragende Kritiken erntete, aber so anstrengend für die beiden war, dass sie danach erst einmal wieder zurück zum Fernsehen geflüchtet sind. Und noch ein weiteres Problem würde eine The Stick of Truth Fortsetzung mit der des Films teilen: Wie soll man das Original übertreffen? Es wurden so ziemlich alle Highlights der 17 Staffeln in dieses Spiel gepackt, so dass eine Fortsetzung vieles wiederholen müsste, denn man kann ja nicht einfach die Stadt und ihre Bewohner austauschen. Das „Yeah, ich bin ein Teil von South Park!“ Gefühl macht außerdem einen Großteil des Reizes aus. Nur mit einer neuen Geschichte wäre es nicht getan, und deshalb rechne ich nicht damit, dass es eine direkte Fortsetzung geben wird.
Fazit
Die lange Wartezeit hat sich gelohnt! South Park: The Stick of Truth ist eine Ausnahmeerscheinung unter den Lizenzspielen. Es spielt sich hervorragend, ist unglaublich witzig, vollgestopft mit allem, was man sich wünschen kann, bleibt der Vorlage treu und hat keine Längen. Als hätte man die Highlights der 17 bisherigen Staffeln komprimiert und mit einer originellen Story zusammen in ein RPG gepresst. Dabei ist es nicht bloß eine gute interaktive Episode geworden, sondern ein richtig gutes Spiel. Bis auf die Übersetzung. Vielleicht wechselt ihr lieber gleich zum schweren Modus, aber dafür flutscht es wie eine eingeölte Rennmaus durch Mr. Slaves Dickdarm. Die Zeit vergeht wie im Flug.
Was nach den ersten 3 Staffeln der Film war, ist nun The Stick of Truth: Pflichtprogramm für alle South Park Fans! Wenn sich Trey Parker und Matt Stone etwas persönlich vornehmen, wird es auch gut. Und hier muss man dann doch den einsteigerfreundlichen Schwierigkeitsgrad loben, denn South Park Fans ohne Affinität zu Rollenspielen werden nicht ausgeschlossen. Wer die Serie schon nicht mochte, sollte allerdings einen Bogen um das Spiel machen, weil der Humor derselbe ist. Ob es für Leute geeignet ist, die South Park gar nicht kennen, werden wir für Polyneux noch in einem Experiment ergründen.
7 Kommentare
Nach ungefähr 20 Stunden mit der europäischen PC-Version kann ich mich nun auch “King Douchebag” nennen. Und es waren die 20 unterhaltsamsten Stunden, die ich dieses Jahr bisher mit einem Spiel verbracht habe! Ich bin zwar nicht so ein großer South Park Nerd wie ZiB, aber auch ich mag ich die Serie sehr (nachdem ich sie damals zunächst auf Deutsch gesehen habe, total blöd und infantil fand und erst ein paar Jahre später nochmal auf Englisch eingestiegen bin, um sie dann regelrecht zu verschlingen…).
Dass das Spiel auch für Nicht-SP-Fans funktioniert, wage ich allerdings zu bezweifeln: Wenn man die Serie nicht oder nicht besonders gut kennt, gehen viel zu viele Gags an einem vorbei. Und wenn man SP ohnehin nicht mag, sollte man selbstverständlich auch die Finger vom Spiel lassen. Weil es exakt genau so wie die Serie ist.
Was die von ZiB aufgezählten Videospiel-Vorbilder angeht, so finde ich den Vergleich mit den Paper Mario Spielen noch am treffendsten. Insbesondere das Kampfsystem sowie die Mischung aus RPG und klassischem Point&Click-Adventure erinnern sehr an Nintendos Mario-RPGs. Die Zelda-Referenz bezieht sich hingegen ganz klar auf den Retro-Ausflug nach Kanada, welcher übrigens einen echten Höhepunkt darstellt. Was The Stick Of Truth hingegen mit Skyrim zu tun haben soll, entzieht sich meinem Verständnis, aber vermutlich war das auch nur ein Interview-Gag von Parker und Stone…
Anyway, auf jeden Fall steht und fällt das ganze Spiel damit, ob man SP mag oder nicht. Wer die Serie doof findet oder sie überhaupt nicht kennt, braucht das Spiel meiner Meinung nach gar nicht erst anfangen. Für die Fans ist es allerdings ein echter Nerdgasm, um den absolut kein Weg herum führt! Bestes Videospiel zu einer TV-Serie ev0r!
Wer sich noch den Kopf über die Zensur-Kiste zerbricht, sollte wissen, dass die PC-Version (ab 18) lediglich die NS-Symbolik zensiert. Und das auch nur in einer Form, die einem kaum wirklich etwas vorenthält, weil nur mit “schwarzen Porno-Balken” gearbeitet wird, aber nichts wirklich rausgeschnitten wurde. Von den europäischen Konsolen-Versionen (ab 16) würde ich aufgrund der deutlich schwerwiegenderen Zensur hingegen eher die Finger lassen, sofern man die Wahl hat…
Ich glaube der Verweis auf Skyrim beruht auf all die kleineren Anspielungen. So wird das neue Kind als Dragonborn bezeichnet und auch die Furz-Tutorials erinnern an den Skyrim–Dragon-Shout.
Ich habe das Spiel auch am WE durchgespielt, aber irgendwie hatte es bei mir gedauert, bis es mir wirklich Spaß gemacht hatte. Ich kann nicht genau sagen, woran es lag, was mir gefehlt hatte oder was mich störte. Ich konnte über einige Gags lachen und ich mochte sofort den Stil, der wie die Serie aussieht, aber gerade am Anfang war es mir irgendwie zu sehr Videospiel. In der Serie hat man ständig diese Dynamik zwischen den Charakteren und es ist selten still, aber im Spiel hat man den stummen Helden und die anderen Figuren führen eher Selbstgespräche, während ich selbstverständlich die Häuser plündere. Erst als bei der Handlung so richtig Fahrt aufkam und diese RPG-Klischees (wie der stumme Held) veralbert wurden, hat es mir dann doch wirklich gut gefallen.
Ansonsten hatten mich noch einige Kleinigkeiten gestört. Ich hab absolut kein Reaktionsvermögen und deswegen fand ich das Paper Mario-Gameplay nicht sooo dolle. Auch hatte es mich später eher gestört, jedesmal die Patches umzustecken, wenn ich meine Ausrüstung geändert hatte. Aber das sind eher Kleinigkeiten. Die deutschen Sprachausgaben fand ich wiederum witzig ^^. Generell einige Gegner, wie die Aliens.
Mehr gestört hatten mich wiederum die Mini-Spiele, die größtenteils in der Cut-Version weggeschnitten wurden. Ich bin gar kein Freund von diesen “Drücke X bis die Leiste voll ist”-Spielchen und beim Alien-Schiff hatte ich dann auch mehrere Versuche gebraucht. Da die gekürzten Szenen hauptsächlich diese Mini-Spiele betroffen hatte, wäre mir vermutlich sogar diese Version lieber gewesen.
Das Spiel steht bei mir auch noch auf der Einkaufsliste. Danke an ZiB fürs Review und an SpielerZwei, dass er die PC-Seite noch etwas beleuchtet hat.
Also ich bin echt überrascht, dass das SP-Spiel überall so verdammt gut wegkommt. Ich glaube es wird wohl meinen “Pile of Shame” auch noch bereichern. Allerdings wird dafür dann doch eher die US- oder UK-Version in meiner PS3 landen, da ich die Zensuren nicht akzeptieren will.
Gibt es denn Unterschiede zwischen US- und UK-Version? Ich nehme mal an, dass die UK-Version zusätzlich dt. Untertitel bietet oder?
Tiiiiiiiiiimmeeeeeeeeey!
@turmderschande: Die Konsolenversionen sind bis auf die US-Version ALLE zensiert, also auch UK, Ösiland oder wo man sich sonst üblicherweise seine Uncut-Versionen besorgt.
@SpielerZwei:
Merci für die Info, dann gibts für mich die US-Version. Regionfree PS3 sei Dank!!! ^^