Da stehe ich nun also… vor mir eine beängstigende Höllenmaschine aus Fallen, die es zu überwinden gilt. Metallplatten mit spitzen Stacheln warten nur darauf, mein Pixelblut fließen zu lassen. Ich mustere alles genau, schätze ab, wie gut die Chancen stehen, die Auslöser unbeschadet zu umgehen. Bringt es vielleicht etwas, Sprengstoff einzusetzen? Ein wenig rabiat… Wahrscheinlich wäre die elegantere Methode, mich so vorsichtig wie möglich durchzuschleichen. Letztendlich klicke ich die erste Falle an und tippe ein: KAPUTT. Unbeschadet schlendere ich zum Ziel. Ich Held!
Zugegeben, Scribblenauts Unlimited ist kein herausforderndes Spiel im klassischen Sinne. Keine der vielen enthaltenen Aufgaben hat mich vor ernsthafte Probleme gestellt, eben weil es immer den „einfachen Weg“ gibt, den man gehen kann. Und man braucht nicht einmal alle zu lösen, um die Credits zu sehen (…die man übrigens auf keinen Fall abbrechen sollte, weil sie bezaubernd gemacht sind!). Ziemlich casual, mögen darüber einige verächtlich denken. Aber ist es nicht bloß ein freierer Ansatz? Es macht unheimlichen Spaß, in dieser Welt herumzuexperimentieren!
Wer weder von den beiden Vorgängern, noch vom neusten Ableger der Reihe gehört hat, dem kann man das Spielprinzip so zusammenfassen: Tippe einen Begriff ein und das dazugehörige Objekt erscheint auf dem Bildschirm. Kombinierbar mit Adjektiven lassen sich auf diese Weise unzählige Dinge erschaffen, von fliegenden, blauen Katzen bis zu gigantischen, untoten Cosplayern. Die Bibliothek, die für Scribblenauts angelegt wurde, ist beeindruckend umfangreich! Und alles interagiert miteinander, wodurch sich interessante Situationen ergeben. Wie in einem Jump’n Run bewegt man den Hauptcharakter Maxwell durch die Level, in denen unterschiedliche Aufgaben verteilt sind. In den meisten Fällen lassen sich diese alleine durch das Erschaffen der richtigen Objekte lösen, Geschicklichkeitseinlagen sind also nicht nötig.
Im Vergleich zu den beiden Vorgängern auf dem Nintendo DS fällt natürlich zuerst die hübsche HD-Grafik auf, aber auch die Steuerung wurde merklich verbessert. Zumindest bei der Steam-Version, die ich gespielt habe. Unlimited ist der erste Teil, der auch für den PC erschienen ist, und das Eintippen der Begriffe mit der Tastatur geht tatsächlich lockerer von der Hand als mit dem Stylus. Die Steuerung von Maxwell wurde ebenfalls um einiges an Frustpotential erleichtert. Allerdings wurde das Spiel auch insgesamt einfacher. Man wird nun nicht mehr dazu aufgefordert, unterschiedliche Lösungswege zu finden, und die Jump’n Run ähnlichen Level, die es vor allem im ersten Teil noch gab, wurden komplett gestrichen. Im Grunde hätten sie die Aufgaben diesmal auch bloß in eine Liste packen können. Die Welt, durch die man sich bewegt, ist zwar sehr liebevoll und abwechslungsreich gestaltet, dient aber nur dazu, die Aufgaben anzusteuern. Wer die ersten Spiele kennt, wird die Level vermissen, in denen man nicht nur einen einzigen Begriff eintippen musste, sondern es komplexere Aufgaben zu lösen galt. Das fand ich zuerst etwas schade, ich kann mir aber inzwischen vorstellen, weshalb sie sie gestrichen haben. Je kompakter die Aufgabe, desto mehr ist man gezwungen, zielgerichtet zu denken. In den früheren Spielen konnte man viele Level dadurch lösen, dass man sich Superhelden-Eigenschaften verpasst oder ein schwarzes Loch erschaffen hat. Indem man eingeschränkt wird, wird man dazu gezwungen, sich mehr Gedanken zu machen. Dennoch bleiben genug Lösungswege übrig. Wer will, kann es sich leicht machen, und den offensichtlichsten wählen – oder das Spiel durch „unfaire“ Wörter austricksen.
Ich hätte also guten Grund darüber zu meckern, dass das Balancing vollkommen misslungen ist, weil man die Rätsel viel zu leicht lösen kann… aber Unsinn! Darum geht es bei Scribblenauts gar nicht! Niemand käme bei einem Spielplatz auf die Idee, sich darüber zu beschweren, dass er nicht fordernd genug wäre. Es geht hier nicht in erster Linie ums Gewinnen, sondern darum, mit den Möglichkeiten der ungewöhnlichen Spielmechanik seinen Spaß zu haben. Man kann immer wieder etwas Neues entdecken, solange man den ersten Schritt macht. Erschaffe ich eine Wunderlampe und reibe an ihr, erscheint ein Geist. Der wiederum löst Zufallsereignisse aus, wie einen Bombenregen oder dass Objekte in der Umgebung ihre Eigenschaften verändern. Tippe ich „lykanthropischer Pianist“ ein und setze ihn unter einen Mond statt vor ein Klavier, habe ich schon bald mit einem nicht zu unterschätzenden Werwolfproblem zu kämpfen. Baue ich einen Ring und stelle zwei Wrestler hinein, beginnen diese sich zu verprügeln, bis nur noch einer von ihnen übrig bleibt. Selbst Internet-Memes kann man auf die friedliche Welt loslassen. Und so weiter… Wenn ich Scribblenauts starte, beschert mir dieses Spiel innerhalb kürzester Zeit ein breites Grinsen auf dem Gesicht, weil ich irgendwelchen Quatsch entdecke. Deshalb sollte man es nicht nach den Maßstäben anderer Knobelspiele beurteilen. Man kann seiner Phantasie freien Lauf lassen und braucht dafür bloß Buchstaben einzutippen.
Sollte ein Objekt tatsächlich nicht im Spiel enthalten sein, baut man es einfach selber. Der Editor ist leicht zu bedienen und erlaubt es einem sogar, den eigenen Kreationen Verhaltensweisen zuzuweisen. So habe ich mir einen äußerst sympathischen Zwerg-im-Bikini erstellt, der beim Kontakt mit Käse grün anläuft. Einen praktischen Nutzen konnte ich daran zwar noch nicht entdecken, aber ich bin trotzdem ein kleines bisschen stolz auf mein Werk. Selbst bei der Arbeit mit dem Editor ist vor allem die Vorstellungskraft beim Wörtertippen gefragt. Man baut nämlich mit den Einzelteilen der schon existierenden Objekte, und weil es so viele gibt, gibt es keinen Katalog, den man durchblättern kann. Stattdessen gibt man wie im Spiel die Begriffe ein. Will ich also beispielsweise die Enterprise nachbauen, muss ich mir vorher überlegen, welche existierenden Scribblenauts-Objekte mir dabei helfen könnten. Die beeindruckenden Schöpfungen im Steam Workshop zeigen, dass man eine Menge aus dem Editor herausholen kann. Hierdurch kommt man dann auch an diverse Videospiele- und Filmcharaktere, die aus Lizenzgründen nicht im Spiel enthalten sind.
Für wen ist Scribblenauts Unlimited also etwas? Wer es sich zulegen will, weil er ein kniffliges Rätselspiel sucht, sollte den Kauf überdenken. Aber wer Spaß daran hat, in eine umfangreiche Spielwelt einzutauchen, die man in dieser Form ansonsten nicht geboten bekommt, der sollte nicht länger zögern. Der Weg ist das Ziel. Und der verbreitet gute Laune!
Und weil wir alle gerne Bildchen gucken…
Zwerg-im-Bikini und Stiftnuersel in ihrer ganzen Pracht. Die beiden sind ziemlich nutzlos und ich habe durch sie gelernt, dass man keinen Text auf die Kleidung schreiben sollte, weil er sonst spiegelverkehrt erscheint, sobald sich die Figur umdreht. Aber sie reagieren immerhin in realistischer Weise auf diverse Lebensmittel. Wieso wir als einzige Figuren Nasen haben? Weil.
Mein Versuch, “Polyneux” umzusetzen. Wenn der Computer mit der angezeigten Homepage benutzt wird, materialisiert sich daneben ein Nerd. Jedes Mal… das wird wie man sieht schnell zur Plage. Aber man kennt das ja mit diesen nervigen Videospieleblogs.
Dass man nicht nur erschaffen, sondern auch zerstören kann, beweist mein selbstentwickeltes (und angekleidetes) “Bermudadreieck”. Nähert sich ihm ein Schiff oder Flugzeug, verpufft dieses in einem Rauchwölkchen. Ungemein praktisch, wenn man keine Schiffe und Flugzeuge mag.
Hier habe ich mich an einem Denpa Man versucht. Leider wurde ein unerwartet gruseliges Geschöpf daraus, dem ich nicht alleine in einer dunklen Gasse begegnen möchte… brrr.
Andere Scribblenauten sind glücklicherweise talentierter im Nachbauen von Videospiele-Charakteren, und sparen Leuten wie mir Arbeit. Eigentlich wollte ich euch an dieser Stelle ein nettes Gruppenbild aus dem Spiel präsentieren, aber Samus hat jedes Mal die anderen erschossen, bevor ich einen Screenshot machen konnte.
Den krönenden Abschluss bildet dieser äußerst epische Kampf zwischen riesigen, geflügelten Würsten und einer lebendigen, bewaffneten Erdbeere. Welch Schauspiel! Und dafür braucht man nicht einmal den Editor zu bemühen. Die Erdbeere hat übrigens gewonnen, aber die Ausrüstung war ja auch ein wenig unfair verteilt.
2 Kommentare
Noch ein Spiel, dass ich mir für meine [i]Wii U[/i] vorstellen kann, sollte ich sie kaufen. (Was früher oder später sehr wahrscheinlich ist.) Aber vermutlich finde ich es dann zu teuer.
Noch so eine eher prinzipielle Anmerkung: wäre es irgendwie möglich in der Artikelübersicht schon erkenntlich zu machen, für welche Systeme ein Spiel verfügbar ist (und ggf. auf welche(s) sich der/die Autor(en) beziehen)? Es steht zwar (indirekt) in den Tags, aber die sind erst sichtbar, wenn man sich durch den Artikel gelesen hat.
[i]Noch so eine eher prinzipielle Anmerkung: wäre es irgendwie möglich in der Artikelübersicht schon erkenntlich zu machen, für welche Systeme ein Spiel verfügbar ist (und ggf. auf welche(s) sich der/die Autor(en) beziehen)? Es steht zwar (indirekt) in den Tags, aber die sind erst sichtbar, wenn man sich durch den Artikel gelesen hat.[/i]
@Missingno.
Danke für Deine Anmerkung, wir können das gerne mal diskutieren im polyneux-HQ. Mal schauen, was draus wird. ^^