Für den Titel dieses Artikels wurde folgender Wortwitz in Betracht gezogen, aber dann doch ausgemistet: „Victors WLAN“. Weil man Viktor Vran am besten zu mehrt, wie auf einer LAN-Party spielt. WLAN. LAN-PARTY. GENIUS.
Eigentlich ist Victor Vran kein Diablo-Klon wie jeder andere, sowohl im Guten wie im Schlechten. Trotzdem lassen sich einige Parallelen nicht guten Gewissens ausklammern, vor allem zu einer anderen diabloartigen Indiereihe: The Incredible Adventures of Van Helsing. Schnelldurchlauf also: Sowohl Victor als auch Van Helsing spielen in der fiktiven Version eines transsylvanischen Königreichs, beide Hauptcharaktere sind Monsterjäger, beide werden von einem übernatürlichen Wesen begleitet, das hauptsächlich zur Spielerbelustigung dient. Und Victor kann springen wie der Barbar aus Diablo, nur ohne Cooldown. Vergleiche abgearbeitet, auf zum Spiel selbst.
Victor Vran ist eines der wenigen Hack and Slay-Spiele die ich kenne, deren Steuerung am besten mit Gamepad funktioniert. Die Menüsteuerung einmal ausgeklammert, die mit Analogsticks aber nur ein kleines bisschen furchtbarer ist als mit der Maus – manche Buttons lassen sich gar mit dem Controller überhaupt nicht ansteuern. Ansonsten aber spielt sich Victor enorm flüssig, schnell und mit ordentlichem Trefferfeedback, drei Eigenschaften, die ich dem eigentlich recht beschaulich budgetierten Titel nicht zugetraut hätte. Entwickler Haemimont Games wirbt zwar vor allem durch den jederzeit einsetzbaren Sprung mit Beweglichkeit, den habe ich aber eigentlich in den seltensten Fällen genutzt. Ausweichrolle und das gute Bewegungsfeedback sind da deutlich bessere Indikatoren für die glattgeschliffene Hektik des Spielgeschehens. Victor schießt oder prügelt sich mit einer sehr begrenzten Anzahl Waffen durch die Scharen slawischer Fabelwesen. Dabei hat jede Waffengattung ihre eigenen Angriffe und Fähigkeiten. Von letzteren leider jeweils nur drei, dazu kommen ein paar frei auswählbare Zauber. Das sorgt dafür, dass die Animationen eine ziemlich hohe Güte besitzen; leider auch dafür, dass ich mich an denselben drei Animationsabläufen extrem schnell sattgesehen habe. Möglichkeiten, Fähigkeiten zu leveln gibt es absolut keine. Schaden und Zusatzeffekte bestimmen sich ausschließlich aus der angelegten Waffe und den passiven Boni, die sich ebenfalls wie Ausrüstung anlegen lassen. Ein Klassensystem hat Victor ebenfalls nicht zu bieten. Jeder Jäger ist der gleiche, auch im Multiplayer. Abwechslung soll durch ein Kostümsystem ins Spiel kommen, wobei jedes Kostüm einen bestimmten Spielstil unterstützt. Da diese allerdings jederzeit austauschbar sind und auch ein schwer gepanzerter Tank nicht nennenswert weniger Schaden macht als ein Critical Hit-Jäger, zieht sich beim Bosskampf dann irgendwo trotzdem jeder die dicke Plattenrüstung an. Differenzierung wird bei Victor Vran leider sowohl defensiv als auch offensiv zu einem unbefriedigenden Brei.
Das hat dann letztlich auch dazu geführt, dass ich Victors Action-Adventure nicht zuende gespielt habe – nach doch immerhin zehn Stunden zu zweit setzten die Ermüdungserscheinungen dann doch zu stark ein, zumal sich die ersten Gebiete in klassischen Fantasyklischees suhlen; mehr als Skelette, Geister und Spinnen begegneten uns bisher nicht. Spielerisch macht Victor Vran eigentlich einen Heidenspaß – die fehlende Auswahl in so ziemlich allem, was ein langzeitmotivierendes Action-Adventure so ausmacht, bricht aber jegliche Lust, den doch sehr großen Inhaltsbatzen komplett aufzulöffeln, den Victor zu bieten hat.
Mehr Texte von Pascal findet Ihr auf seinem Blog Indieflock.
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