“Neva!” hört man die Protagonistin Alba im Spiel sehr oft rufen. Zumindest, wenn man wie ich manchmal einfach wild die Tasten drückt, weil man manchmal im Kampf vergisst, welche für den Schwerthieb steht. Wie auch schon beim Vorgänger Gris setzt das spanische Nomada Studio auf Farbnamen oder zumindest solche, mit denen man eine bestimmte Farbe verbindet. Bei Gris (spanisch für Grau) steigt man noch mit der namensgebenden Farbe ein und gewinnt nach und nach die weiteren Farben zurück. Wenn mich meine Sprachkenntnisse nicht täuschen, kommt Neva entweder vom spanischen oder katalanischen Wort für Schnee. Daher verwundert es nicht, dass der kleine weiße Schneewolf, der irgendwie mit einem Hirsch vermischt zu sein scheint, danach benannt wurde. Es ist eine magische Welt, in der Alba erst eine*n Freund*in verliert, um dann den kleinen Nachwuchs Neva großzuziehen.
Mit ihr zieht sie dann durch die Welt, um zusammen Gefahren zu überwinden und zu bekämpfen, die die bisher idyllische Welt bedrohen und übernehmen. Man weiß nicht genau, was sie sind, außer irgendwie schattenhafte ghibli-eske Gestalten, die den Wald verpesten und alles Lebendige darin töten, wie auch schon Nevas Elternteil. Die Parallele zur Umweltverschmutzung liegt nahe, weil alles, was sie anfassen schwarz wird und versteinert und nur durch Albas und vor allem Nevas magisch-heilenden Einfluss wieder gerettet werden kann. Man bringt die “natürlichen” Farben in die Landschaften zurück und macht diese wieder bewohnbar für andere Tiere und auch Pflanzen, was auch durch die wirklich großartige, sich verändernde Orchestermusik untermalt wird.
Es ist eine Reise durch die Zeit, die mit vier Jahreszeiten dargestellt wird, in denen Neva heranwächst und auch neue Fähigkeiten lernt. Am Anfang müssen wir ihr noch viel Mut zusprechen, um überhaupt über einen klitzekleinen Abgrund zu springen und am Schluss in ihrer größeren Form ist sie unentbehrlich im Kampf und verteidigt Alba. Auch die Beziehung der beiden wird in der Zeit immer enger, sie verlassen sich aufeinander und werden immer mehr zu einer Einheit.
Das Spiel ist eine physische Reise durch die sich verändernde Landschaft, über viele viele Plattformen, die es zu erklimmen und vorbei an einer ganzen Menge an Gegnern, die es zu bekämpfen gilt. Und hier ist meiner Meinung nach auch der Knackpunkt: so sehr mich das Spiel auch visuell und story-technisch beeindruckt hat, so sehr hat es mich hiermit aber auch verloren. Es ist nunmal der inoffizielle Nachfolger von Gris und daraus habe ich auch meine Erwartungen gestrickt. Schon allein die Optik ist sehr ähnlich, also bin ich mit dem Gedanken reingegangen “Ah, es ist Gris mit Kämpfen, ok!”
Deswegen war es schon in einem der ersten größeren Kämpfe für mich ein Problem, dass das Spiel einem nicht wirklich etwas erklärt hat. So habe ich beim Dashen wohl Körperteile der Gegner berührt, die ich nicht hätte berühren dürfen, bei anderen Teilen war das dann aber wieder ok. Das hat es mir als nicht gerade Platformer-Expertin ganz schön schwer gemacht und die Kämpfe extrem in die Länge gezogen. Bei denen hat man drei Sterne, also im Grunde Leben, die einem bis zum tatsächlichen Spieltod zur Verfügung stehen, der einen zum letzten Speicherpunkt zurückversetzt. Diese Sterne kann man zum Glück durch mehrere aufeinanderfolgende Treffer mit dem Schwert wieder auffüllen, was wirklich eine gute Idee ist. Wenn man jetzt aber wie ich nicht so wahnsinnig geschickt ist, reicht das manchmal trotzdem nicht aus.
Ja, dafür gibt es den Story-Mode, aber bei dem ist es dann aber wirklich komplett egal, wie man kämpft. Und ich hab ja doch gerne zumindest eine kleine Herausforderung, weswegen ich bis zur maximalen Frustration gekämpft habe, um erst dann umzustellen. Das mag nicht die beste Strategie gewesen sein, aber ansonsten hätte ich es eben abbrechen müssen und ich wollte ja doch wissen, wie das hübsche Spiel zu Ende geht.
Es gab auch ein paar Platformer-Szenen und teils echt schlaue Rätsel, in denen man Sprünge perfekt timen musste und das mag für Leute, die tatsächlich Precision Platformer spielen, super leicht und fast schon albern sein, für mich waren sie es nicht. Der Storymode hilft einem aber genau hier leider überhaupt nicht weiter. Kämpfe macht er zwar leichter, alles andere muss man aber genauso gut schaffen, wie im normalen Modus. Als jemand mit oft extremen Brainfog-Schwierigkeiten (google it), war das ganz ehrlich eine Qual und teilweise hab ich mir dabei helfen lassen müssen.
Ich mach jetzt nicht das Fass auf, dass Spiele immer für alle zugänglich sein sollten, denn ich finde, solange man weiß, worauf man sich einlässt, geht das schon klar. Allerdings ist mir nicht ganz klar, wer genau für Neva als Zielgruppe geplant war. Für die Hollow Knight oder Celeste-Crew hat es vermutlich wenig Herausforderung, weil die Mechanik dafür zu sehr Beiwerk ist. Für Leute, wie mich, die sich ein etwas herausforderndes Gris versprochen haben, war es stellenweise fast unspielbar. Insgesamt war auch der Schwierigkeitsgrad sehr wechselhaft, was ich mir dadurch erkläre, dass versucht wurde, es für alle spannend zu gestalten und das nicht so ganz hinbekommen wurde wie erhofft.
Insgesamt ein wirklich schönes Spiel, für eine etwas kleinere Zielgruppe als ich gedacht hätte. Für eine die ganz gut im Genre unterwegs ist, aber trotzdem mehr für die Story spielt. Die wird sicher ihren Spaß damit haben. Für mich war es leider nicht das Richtige.
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