2017, was für ein Jahr! Terroranschläge, Naturkatastrophen, Massenarmut! Im deutschen Bundestag sitzen plötzlich (noch mehr) Neonazis, die Elbphilharmonie wird eröffnet und ein orangefarbener US-Affe erklärt den Klimawandel für beendet. Wer 2016 dachte, es könne unmöglich noch schlimmer werden, wurde mit ein paar saftigen Ohrfeigen eines Besseren belehrt. Doch wie im vorvergangenen Jahr wurden wir zum Glück mit einer Vielzahl an feinen Erzeugnissen der allseits beliebten Videospielindustrie beschenkt, die uns den grauen Alltag vergessen ließen. Dementsprechend strotzt unser praller Jahresrückblick nur so vor erlesenen Spezereien. Und da wir bei Polyneux so ein fleißiges Völkchen sind, haben wir zu jedem von uns angetesteten Spiel gleich mal einen kleinen Absatz geschrieben und hier untendrunter hingebastelt, nur für Euch zum Nachlesen. Nett von uns, oder?
Wir verabschieden uns in der Hoffnung, dass 2018 auch in anderen Lebensbereichen wieder etwas erfreulicher wird. Schlimmer kann’s ja nicht werden, gell? Das Polyneux-Team wünscht Euch und Euren Lieben ein frohes neues Jahr und alles Gute dieser Welt. Spielt schön weiter und bleibt uns treu. Danke!
Zwerg-im-Bikini: Die Switch hat einen beachtlichen Start hingelegt und uns immerhin zwei heiße Anwärter auf das Spiel des Jahres beschert (… bei denen ich aber bei beiden nur Zuschauer war). Was allerdings eine Demonstration ihrer Fähigkeiten im Stil des legendären Wii Sports hätte werden können, entpuppte sich als Rohrkrepierer. 1-2-Switch wird jedenfalls keine Partystimmung in Seniorenheimen verbreiten. Wenn man die Minispiele einmal in einer hampelwütigen Gruppe durch hat, reicht das. Eine abgespeckte Version mit einem Best Of davon hätte man der Konsole kostenlos beilegen können, aber als Vollpreistitel würde ich die Finger davon lassen.
Le Don: Oh man, wird das noch was mit uns zweien? Ich habe es angefangen, kann mich aber kaum dazu aufraffen, weiter zu machen. Irgendwie hookt es mich leider gar nicht und scheint mir zu diffus und überfrachtet zu sein. Naja, ich bleibe dran.
Im Schatten des großen Bruders
SpielerZwei: Das Quasi-SpinOff zur Saints Row-Reihe ist eigentlich ganz unterhaltsam. Es hat nur einen kleinen Fehler: Es ist nicht so gut wie Saints Row. Das führt leider dazu, so ungerecht es auch sein mag, dass der geneigte Saints Row-Fan selbstverständlich permanent den Vergleich zur Mutter-Serie im Kopf hat und das Spiel dadurch schwächer wirkt als es eigentlich ist. Da wären Volition mit einer stärkeren Abgrenzung zu ihrem Flaggschiff insgesamt vielleicht besser gefahren…
Pascal: Ein kurzes Choose Your Own Adventure Game aus deutschem Haus. Ungefähr eine Stunde habe ich mich durch das brutal beschriebene und relativ klassische Horrorszenarien erkundende Spiel getippt, bevor ich eines der Enden sah. Sogar ein Kampfsystem simuliert das Text-Adventure, wenn auch mit nur mäßigem, stark auf Zufall basiertem Erfolg. Dennoch: Kurzweilig, und gerade weil ich dieses Jahr sehr viel Freude mit Interactive Fiction hatte, bereue ich das Spielen nicht.
Chris: Die hübsche Grafik steigert meine Vorfreude auf ein Animal Crossing für die Nintendo Switch ganz erheblich. In Pocket Camp verbringt man aber zu viel Zeit in Menüs und mit öden Aktivitäten wie der Beschenkung tierischer Mitbürger und viel zu wenig Zeit mit den Dingen, die Spaß machen und entspannen, wie Angeln zum Beispiel. Prädikat: Ausbaufähig.
Zwerg-im-Bikini: Einerseits ist der Stil der Reihe perfekt eingefangen worden und ich fühlte mich sofort heimisch. Gerade Animal Crossing eignet sich wegen der Echtzeit-Elemente und der gemütlichen Steuerung meiner Meinung nach gut als Mobile Game. Andererseits gibt es aber jetzt Materialien, Crafting und haufenweise Sammelaufgaben, die den gemütlichen Charme einschränken… Auf einmal arbeite ich Listen ab, anstatt mich wie im Urlaub zu fühlen. Ich finde es nicht verkehrt, etwas für meine Möbel und Freundschaften tun zu müssen, aber die Tätigkeiten in Animal Crossing haben noch nie als Herausforderungen getaugt, weil sie ziemlich stumpf sind. Sie jetzt dazu machen zu wollen, funktioniert deshalb nur bedingt. Trotzdem spiele ich Pocket Camp immer noch, weil ich die Welt von Animal Crossing so sympathisch finde und darin gut abschalten kann, wenn jedes andere Spiel zu anstrengend wäre. Also haben sie anscheinend doch irgendwas richtig gemacht. Ich schließe mich trotzdem Chris mit der Hoffnung an, dass es ein richtiges Animal Crossing für die Switch geben wird.
Chris: Die Nintendo Switch hatte ein absolut umwerfendes Jahr. Zwischen all den Game-of-the-Year-Anwärtern scheint mir ARMS dabei ein wenig zu kurz zu kommen, denn so viel Spaß wie hier hatte ich 2017 im Multiplayer auf der heimischen Couch mit keinem anderen Spiel. Die Bewegungssteuerung mit einem Joycon in jeder Hand mag für den E-Sport-Bereich das letzte Quäntchen Verlässlichkeit vermissen lassen, für den Hausgebrauch reicht es aber allemal.
Jens: Wäre Origins nicht das mittlerweile zehnte Assassin´s Creed-Spiel, hätte man es wohl als eine der großen Sensationen gefeiert. So gab es immerhin Beifall dafür, dass eine Videospielreihe, die sich (angeblich und nicht für mich) ins Abseits manövrierte, mit Glanz und Gloria quasi wiederauferstanden ist. Origins ist ein Best-of-Open-World-Titel, bei dem alles stimmt — außer vielleicht der Charakterentwicklung und teilweise der Story. Bei letzterem hat beispielsweise Horizion: Zero Dawn die Nase vorn, aber davon einmal abgesehen, ist Origins ein Abenteuer, welches seinesgleichen sucht. Die Quests funktionieren, das Gameplay ist fantastisch und die Spielwelt wie auch die Optik herausragend. Ein Spiel zum Reinsetzen, sozusagen.
Früher, als ich noch Zeit hatte…
SpielerZwei: Das Spiel ist einfach ein wirklich guter Off World City Builder für Leute, die Spaß an sowas haben. Bemerkenswert ist, dass hinter diesem Titel nur ein vierköpfiges Indie-Team steckt, denn das merkt man Aven Colony in keinster Weise an. Sogar ganz im Gegenteil: Mothership Entertainment werden seit dem Release nicht müde, ständig Verbesserungen und kostenlose Erweiterungen rauszuhauen. Eine echte Empfehlung für Freunde von Civilization, Anno und Co.!
Freunde sind wie…
Pascal: Wenn ein japanisches Studio, das nicht ATLUS ist, denkt, es bräuchte auch ein Persona-Spiel, dann hebt es sich womit am besten von der exzellenten Konkurrenz ab? Richtig, man macht das gleiche, aber nur mit Frauen. Und weil es sich dann erst recht anbietet, packt man noch ein wenig Sailor Moon mit drauf. Das klingt aber viel negativer, als es gemeint ist, denn Blue Reflection ist ein recht patenter Social Sim/Turnbased RPG-Hybrid, der gerade jüngere Spieler sicher ansprechen wird. Das Mädchen-High-School-Setting ist zwar bisweilen dröge, aber eigentlich ganz schön ausgearbeitet.
Urs: Pimmelwitze und Massaker. Was wie eine kurze Zusammenfassung meiner Jugend in den 90ern klingt, ist die Essenz dieses ursprünglich von EA gepublisheten Shooters. Inzwischen hat sich Gearbox die Marke gekrallt und das polnische Entwicklerstudio People Can Fly mit einer Neuauflage ihres Spiels beauftragt. Die sieht okay aus, spielt sich nach wie vor fluffig und knallt eine Zote nach der nächsten heraus. Besonders das bis heute recht einzigartige Skill-Shot-System, bei dem es für kreative Tötungen Punkte gibt, sticht heraus. Da Gearbox den immens dummen Fehler begangen hat, Bulletstorm erneut zum Vollpreis in die Regale zu stellen, ist die Neuauflage kommerziell allerdings erneut gescheitert. Dass Vorbesteller sich absurder Weise mit Duke Nukem durch die Level ballern konnten, hat offensichtlich nicht geholfen. Wer das Teil auf dem Grabbeltisch für 20 Euro findet, kann als Shooter-Enthusiast durchaus zugreifen. Alle anderen müssen nicht Probe spielen, sondern schauen lieber was es sonst noch so gibt.
molosovsky: Auf ARTE kann ich mich verlassen. Selten, das irgendwas, wo die sich mit reinhängen, so gar nix taugt. So auch diese interaktive Geschichte über die Flucht einer jungen Syrerin nach Europa, als deren Gatte man via MobTel-App-Dialog mit Rat und Trost beisteht. Extrem gut geschrieben ging mir das Schicksal der Figuren um einiges näher, als ich vermutet hätte. Allein über das Geschick, mit dem realistischer Lebensgefährten-Humor als Kontrast zum Ernst des Themas, sowie Härten und Wahnwitz der Umstände eingesetzt wird, ließe sich ein lohnender Text verfassen. Kurz: Daumen hoch von mir.
Christian: Zurück zu den Anfängen wollten sie gehen. „Boots to the ground“ war die gebetsmühlenartig wiederholte Parole der Saison. Weg von der hypernervösen Hektik der letzten Serienteile, bei denen selbst überzuckerte ADHS-Kiddies langsam ein permanent-nervöses Augenzucken bekamen. Also wieder Zweiter Weltkrieg. Wieder mehr Gemächlichkeit — sofern man bei Kriegsspielen davon reden kann. Keine Fantasieknarren, keine Wallruns, keine kilometerweiten Sprünge. Nur „echtes“ Gameplay. Und was ist dabei herausgekommen? Ein Weltkriegsshooter, wie wir ihn vor 10 Jahren schon tausendmal um die Ohren geworfen bekommen haben. Mit einer Kampagne, die an Lächerlichkeit und Stumpfsinn kaum zu überbieten ist. Dazu ein buntes Potpourri der Best-of-Medal-of-Dutyfield-Maps und eine Erzählung, die Pathos schwitzt und Testosteron kackt. Aber gut, das war nicht anders zu erwarten. Das ist der rote Faden der Serie — und irgendwie wollen wir das ja auch alle so. Lootboxen sind auch hier allgegenwärtig und nerven wie überall sonst auch. Das Headquarter war eine nette Idee, funktionierte nach Verkaufsstart aber wochenlang nicht richtig und bringt nun auch irgendwie keinen spielerischen Mehrwert. Nichts Neues an der Front also, stattdessen mehr vom Alten. Leider in mäßiger Qualität. Vielleicht bei einem Modern Warfare-Reboot dann wieder. Absolute Hassmap: Gustav Cannon.
Danke. Punkt.
Volker: Das war’s und es war nochmal elends schwer und das war gut, denn bekanntlich war’s das nicht immer. Dark Souls 3: The Ringed City setzt an den Stärken der Reihe an, lässt Spieler nochmal Kreide fressen und belohnt sie dafür umso schöner. Trotz aller Liebe für die Reihe: Es ist ok, dass es das nun war. Es ist gut, dass es kein Call of Duty für möchtegernharte Gamer wird, denn irgendwann hat man auch mal genug von Zinnen, Verliesen und Höhlen und braucht das nicht im Jahrestakt. Dafür gibt’s für den zweiten DLC verdient Bronze — verbunden mit der Hoffnung, dass man nun ein Demon’s Souls-Remake zügig angeht.
molosovsky: Als Fantastik-Feinschmecker hat es mich zutiefst entzückt, wie sich DLC Nummero 2 The Ringed City als Abschluss eines umfangreichen Fantasy-Weltenbaus der von vielen ersehnten — und für dieses Genre sonst so typischen — linearen Klarheit heilgeschichtlicher oder apokalyptischer Epik verweigert hat, und stattdessen seinem ureigensten narrativen Groove treu blieb, indem es sein aus Lore-Infos, -Querverweisen und -Lücken gestricktes narratives Netzwerk mit nur noch mehr numinöser Kryptik ausschmückte und schimmernd mehrdeutig ausfransen lässt. Spielerisch wird einiges bisher bei Dark Souls noch nicht Dagewesenes gereicht, und völlig kaputte Komplettismus-Zwangsneurotiker, die keinen noch so aberwitzig harten Boss unbezwungen lassen können, dürfen wonniglich an Finsterdrache Midir verzweifeln.
Destiny 2: Eine geile Geschmacklosigkeit
Jens: Wo auch immer die Faszination für Destiny herrührt: Mir hat sie sich nicht erschlossen. Und da Destiny 2 auf mich wirkt wie ein Destiny-DLC, gilt das auch für die Fortsetzung. Zugegeben: Als Shooter macht Destiny 2 vom Handling her nichts falsch und funktioniert 1-A. Das ist aber bei Wolfenstein II nicht anders — nur ist da noch eine Portion Seele, Humor und Verstand dabei.
Jannick: Noch immer finde ich kaum Worte über den skandalösen Umgang der „Spielepresse“ mit Destiny 2. So wie ich selbst viele Stunden Spaß habe, kann das auch der Redakteur, jedoch immer mit dem Hinweis darauf, dass hier Inhalte verkauft werden, die es in gleicher Form bereits im ersten Teil gab. Stattdessen verliert man sich in dummen Lobpreisungen von noch dümmeren Story-Filmchen, die so sehr nach Hollywood-Anbiederung und Durchschnitt miefen, dass Disney kurz überlegt hat, Bungie in das Filmuniversum von Marvel zu integrieren. Natürlich shootet kein Spiel besser als Destiny 2, jede Waffe fühlt sich herrlich rückstoßschmerzvoll an, alles supi — aber eben nur in diesem einen Bereich. Wer noch immer an „Games as a Service“ glaubt, sollte sich mal auf einer Destiny-Fanseite anschauen, was in den vergangenen Wochen so abging. Spoiler: Alles ging da ab, ganz besonders der Puls der Community. Obwohl, warte mal, Gamestar vergibt 88, PC-Games landet bei 86 Prozent, 4players findet 83 Prozent angemessen und bei Chip.de lese ich die ausdrucksstarke Prozentzahl 92,7. Scheint dann wohl alles nicht so schlimm zu sein, jaja, ok cool.
Le Don: Wo die vorherige Episode System Rift eher ganz nett war und sich gegen Ende wie ein Commercial-Block zum öden Breach-Mode angefühlt hat, hat der zweite und letzte DLC von Deus Ex: Mankind Divided all das, was ein großartiges Deus Ex ausmacht. Ein phantastisches Level-Design, irrsinnig viele Möglichkeiten zu spielen und unterschiedliche Handlungsverzweigungen. Hoffentlich nicht das letzte, was wir von Deus Ex gehört haben.
Kenne deine Zielgruppe
Jens: Grundsätzlich gibt es wenig an Dirt 4 auszusetzen. Für ein Rally-Spiel ist es äußerst solide geworden. Vielleicht eine Spur zu leicht, was an sich nicht problematisch ist, weil man sich Dirt 4 in den Optionen schwerer und schöner gestalten kann. Nur wird es dann zu einem schlechteren Dirt Rally, was DiRT 4 in meinen Augen überflüssig macht.
Chris: Ein sehr gutes, kompetentes Rally-Spiel, dessen einziges wirkliches Problem ist, dass DiRT Rally noch besser war.
Le Don: Das war ein würdiger Abschluss der Reihe (wenn es ein Abschluss sein sollte) und wie hätte man ihn besser gestalten können, als mit dem Tod des omnipräsenten Outsiders? Dabei hat Death of the Outsider nicht nur einige der besten Levels, wie den Bank Heist, sondern auch die besten Abilities. Zwar gibt es kein Achievement mehr, wenn man das gesamte Spiel pazifistisch gespielt hat, was das Spiel aber wiederum von diesem Achievement-Druck befreit. Eine tolle Erweiterung sind auch die Side Contracts mit den zusätzlichen Herausforderungen.
Zwerg-im-Bikini: Was für ein zuckersüßer Bastard von einem Spiel, der sich langsam in deinen Schädel frisst, mit Erwartungen spielt und sich nach und nach genüsslich selbst zerfleischt. Ich kann nur jedem, den die durchaus ernst zu nehmende Trigger-Warnung zu Beginn nicht abschreckt, empfehlen, Doki Doki Literature Club! zu spielen, denn es ist kostenlos und benötigt nur ein paar Stunden eurer Zeit. Also worauf wartet ihr noch?! Auch oder gerade wenn man mit Dating Sims und jugendlichen Manga-Brüsten ansonsten nichts anfangen kann, und eine Weile brauchen wird, bis man versteht, worauf das Ganze hinaus will. Lest euch vorher nur nichts über die Story durch. Es gab 2017 vielleicht perfektere Spiele, aber von allen die ich gespielt habe, möchte ich dieses am meisten weiterempfehlen.
Pascal: Dem, was Zwerg-im-Bikini schreibt, ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Ein ganz besonderes Erlebnis dieses Jahr, für mich verstärkt dadurch, dass ich Visual Novels ohnehin sehr gerne mag. Ganz weit oben auf der Liste dieses Jahr.
Urs: Zu PS3- und Xbox-360-Zeiten leider etwas untergegangen, erlebte Dragon’s Dogma mit seiner späten PC-Veröffentlichung einen zweiten Frühling. Nun hat es die RPG-Perle auch auf die aktuellen Konsolen geschafft und wirkt auch hier ihre Magie. Ein Fantasy-Rollenspiel, das nicht zu tief in der Tolkien-Kiste wühlt und nebenbei noch feine Boss-Kämpfe und ein innovatives Vasallen-System bietet. Trotz technischer Schwächen eine klare Empfehlung und hoffentlich nur eine Aufwärmübung für den zweiten Teil. Los Capcom, Ankündigung JETZT!
Star Dread: All for Nought
Pascal: Ich liebe Dreadnought! Alles, was EVE: Valkyrie und der Starfighter-Assault-Modus von Star Wars: Battlefront II gerne wären, ist Dreadnought. Ein Spaceship-Shooter, einhundertprozentig auf Mehrspieler ausgelegt, ständig erweitert und atemberaubend detailreicher Technik-Porn. Manch einem sind die Schiffe zwar zu träge, für mich drückt die gemächlichere Steuerung der meisten größeren Schiffe aber hervorragend die Masse der Kolosse aus, und wer es schnell mag, für den stehen ja auch immer noch kleinere Gefährte bereit.
Pascal: Mehr vom Gleichen. Emily is Away, Too traf mich, wie viele andere wohl auch, weil es die nostalgiegeladene Periode simulierte, die mich ans Internet brachte: Text-Messenger. Und genau wie ich damals fragwürdige Erwartungen an Menschen formte, von denen ich nicht mehr kannte als Geschreibe, tat ich das auch an Emily. Emily is Away, Too versucht, mich neben Emily gleich noch an eine zweite virtuelle Person zu binden. Dabei macht es eine Sache sehr gut: Den jugendlichen Drang, jeder potenziell romantisch interessanten Person gefallen zu wollen, zu wecken — und zu bestrafen. Leider zieht die Nostalgieschiene beim ersten Mal einfach besser als bei der Wiederholung, ich musste mich regelrecht zwingen, den eigentlich kurzen zweiten Teil überhaupt zu beenden.
Pascal: Quatsch aus der VR-Kiste. Mit Warzone wird Valkyrie non-VR tauglich, aber dadurch halt leider nicht gut. Im Gegenteil: Selten habe ich mich im Cockpit eines Raumschiffs so banal gefühlt. Auf ungenaue Kopfsteuerung ausgelegt aber auch eigentlich kein Wunder, dass nichts an diesem Spiel funktionieren will.
molosovsky: Eine der edelsten Leistungen, welche zwischen den Dingen und Subjekten befindliche und unter ihnen vermittelnde Menschen und Werke (vulgo: Medien) vollbringen können, entfaltet sich hier in einer Disziplin, die in Zeiten zunehmender ideologischer Wasserscheidenbildung und pekunärer Grabenweitung, für vom Optimierungstraining für zweckrationalistische Verblendungszusammenhänge selbstentfremdeten Gepiesakten, immer schwerer gelingen will: spielerische Bewusstseinserweiterungen. Gekoppelt mit segensreicher Entschleunigung und (abgesehen von der Jagd auf Trophäen) weitestgehender Abwesenheit von zu absolvierenden Zielen, beschenkt Everything als Open-World-Mandala uns mit einer kunterbunten Grabbelkiste voller Umwelten und ihrer zig Bewohner, mit denen man auf vielerlei Weise herumdoofen kann, während man Vortragsschnipsel des westlichen Zen-Vermittlungspioniers Alan Watts lauscht. Pures Glück.
Hallo Zukunft!
SpielerZwei: In Ermangelung einer eigenen PSVR-Brille habe ich es bei einem Freund gespielt. Auch wenn das Spiel an sich nur eine bessere First-Person-Schießbude ist, war es ein durchaus beeindruckendes Erlebnis. Die Tatsache, dass mir danach für den Rest des Tages übel und schwindelig war, hat mich allerdings in meiner Ansicht bestärkt, dass dieses VR-Gedöns noch ein paar Hürden zu nehmen hat, bevor es wirklich „alltagstauglich“ ist …
Jens: Das gibt es auch nicht oft, dass die Hardware das Beste an einem Spiel ist. Farpoint gehört sicherlich zu den interessanteren VR-Erfahrungen in diesem Jahr, nicht zuletzt wegen der VR-Wumme. Das Intro ist noch gigantisch inszeniert, danach verliert sich dann die Qualität. Letztlich ist Farpoint mehr ein stumpfes Serious Sam-Horden-Geballer als ein VR-Abenteuer.
Pascal: Mehr, und diesmal absolut großartige, Interactive Fiction! In einem kaputten Auto auf einer Klippe über dem tödlichen Abgrund hangelnd, führe ich Gespräche mit der Natur und meiner eigenen Panik. Schöne Panoramen, ruhige, langsame Dialogführung und ein Soundtrack so ruhig, dass er mich eingeschläfert hat (ich meine das als riesiges Kompliment!), lassen mich für die leicht veränderten zusätzlichen Spieldurchgänge zurück kommen. Ein sehr meditatives Spielerlebnis.
Urs: Der Walking Simulator ohne Walking! Wie das Spiel auf meine PSN-Wunschliste gelangte, weiß ich nicht mehr. Jedenfalls schlug ich unbarmherzig zu, als es im Schlussverkauf für wenig Geld zu haben war. Eine junge Frau hängt mit ihrem Kleinwagen am Rand einer Klippe und führt Selbstgespräche, bis schließlich ein Philosophenhirsch vorbeikommt und die Schildkröte und der Frosch und… Nun, auf dem Papier klingt das vielleicht etwas bizarr. Aber insgesamt ist Far From Noise ein wunderbares, kleines Spiel, das sich ganz entspannt mit den großen Fragen des Lebens beschäftigt, ohne dabei ins vollends Peinliche abzudriften. Und allein deshalb ist es eine Empfehlung wert.
Menschen… :-(
Jens: Codemasters liefert gewohnt gute Arbeit mit dem F1 2017 ab. Routiniert besetzt das Formel 1-Spiel den Raum zwischen Arcade und Simulation und macht dabei auch technisch eine gute Figur. Nur: Seitdem ich Project Cars 2 spiele, besteht gefühlt keine Notwendigkeit mehr, eine Runde in F1 2017 zu drehen. Dafür ist der Codemasters-Racer dann doch im Vergleich zu schlicht.
Smash the System!
Jens: Erstaunlicherweise gefällt mir auch in der Rückschau der Story-Modus am besten. Kein Fifa habe ich nach geschriebener Rezension so selten angepackt wie Fifa 18. So ganz sicher bin ich mir nicht, woran es liegt: Das gebremste Spieltempo dürfte ein Grund sein, aber ebenso ein Leck im Gameplay. Die wilden Dribbler sind mal wieder — abseits der Realität — im Vorteil und da ich eher der Pass-Typ bin, kann mir Fifa 18 nicht lange gut schmecken.
Chris: Seit Jahren wehre ich mich mit Händen und Füßen gegen F2P-Spiele auf Smartphones. Fire Emblem Heroes macht Widerstand aber schwierig, weil es die taktischen Rundenkämpfe des Originals so gut in ein Smartphone-Spiel portiert. Zwar sind die Karten viel kleiner, die Kämpfe schneller ausgetragen, bei aller Eignung für das schnelle Spielchen zwischendurch geht der Anspruch aber nicht verloren! Der Sammeltrieb setzt ein, weil es Charaktere aus allen bisherigen Fire Emblem-Spielen vereint. Über diesen Sammeltrieb versucht das Spiel — glücklicherweise halbwegs dezent — den Spieler auch zum Geldausgeben zu motivieren. Der Kaufpreis für die entsprechende Ingame-Währung, falls man das ernsthaft in Betracht ziehen sollte, ist aber nicht von schlechten Eltern …
Chris: Das Crossover aus Fire Emblem und Dynasty Warriors funktioniert, wie zuvor schon Hyrule Warriors, größtenteils ausgezeichnet. Grundbedingung bleibt natürlich, dass man dem auf Dauer etwas monotonen Spielablauf der Musou-Spiele etwas abgewinnen kann. Abseits des Schlachtfeldes wäre aber noch etwas Feinschliff nötig gewesen. Die Menüstruktur ist die Hölle. Warum zum Teufel muss alles so tief verschachtelt, warum so unübersichtlich sein? Das Ausrüsten und Aufleveln der Charaktere wird so zur lästigen Pflichtarbeit.
Von Schwindlern, dem Fußballgott in Spendierhosen und wahren Masterminds
Jens: Wie gerne hätte ich dem Football Manager 2018 Gold verliehen! Warum es nicht geklappt hat: Die Modernisierung, so nötig sie in den 3D-Matches auch ist, bringt den FM 2018 nicht wirklich nach vorne. Optisch macht das Spiel ein wenig mehr her, aber die ansehnlicheren Menüs machen die Bugs, die in diesem Jahr zahlreicher als gewohnt auftreten, nicht wett. Der Football Manager ist und bleibt eine hervorragende Reihe, aber der Abgang in diesem Jahr ist doch recht zäh.
Jannick: Als Kind war ich süchtig nach Mittelalterwaffen, und wenn ich das mal so laut ausspreche, spricht das eventuell ein bisschen gegen meine Erziehung und für eine Therapie. Immerhin beschränkte ich die Sucht auf das Malen von Waffen. Mehr nicht, nur malen. Ich bin gesund. Leider ist das For Honor nicht, das schnieft nämlich, vor allem deshalb, weil ich wieder Geld für Mützen oder Schwertknäufe ausgeben soll, obwohl ich schon Vollpreis zahlte. Ich wechsele dann doch lieber zum malen. Ich bräuchte noch blau, hat hier jemand blau?
molosovsky: Angetan vom niedlich-bedrückenden Design war ich selbst ernannter Lüteratür-Fuzzi natürlich neugierig, was dabei rumkommt, wenn man kafkaeske Motive mit einer surrealistischen Noir-Detektiv-Handlung vermengt, an der entlang man klassische Rätsel-Puzzel zu lösen hat. Leider nicht allzu viel, aber als Zwischendurchspiel auf dem Tablet dennoch für den günstigen Preis kurzweilig genug für eine Empfehlung.
Spät zur Feier
Urs: Ich bin verwirrt und habe keine Ahnung, was ich zu diesem Spiel noch sagen soll. Außer vielleicht, dass ich es nicht kapierte und aufgrund von Spaßmangel abbrechen musste. Tut mir leid, es ist meine Schuld.
Pascal: Kurz vor Ende des Jahres noch einmal eines der Indie-Highlights entdeckt: Gorogoa ist ein wirklich einzigartiges Rätselspiel, dass sich am ehesten als Adventure, gemixt mit einem Schiebepuzzle umschreiben lässt. Die buddhistisch inspirierte Hintergrundgeschichte über die Leiden des Krieges wird über farbenfrohe Bilder und clevere Rätsel sehr emotional vermittelt. Nichts für Leute, die den Kaufpreis in Spielzeit aufwiegen, aber, oh boy, so gut!
Zwerg-im-Bikini: Gorogoa sieht bezaubernd aus und experimentiert so gelungen mit neuen Rätselmechaniken, dass es mich in seinen besten Momenten wirklich beeindruckt hat. Leider gibt es aber ein großes Problem… Für ein Rätselspiel finde ich es nicht fordernd genug und allgemein schwankt die Qualität der Rätsel sehr stark. In der ersten Hälfte hatte ich lange das Gefühl, einfach blind an die anklickbaren Stellen klicken zu können, um weiterzukommen. In den späteren Kapiteln wird das besser, allerdings ist es dann auch schon wieder vorbei. Wirklich empfehlen würde ich Gorogoa deshalb nur, wenn man es als kunstvolles Experiment mit Aha-Erlebnissen schätzen kann und nicht in erster Linie ein kniffeliges Denkspiel erwartet.
Le Don: Da hat Tom Francis nach Gunpoint wieder ein schönes, kleines Spiel mit vielen tollen Ideen rausgehauen, welches durch die Rogue-like-Elemente eine enorme Spielzeit hat. Aber leider hat man auch wieder sehr früh das Gefühl, alles schon gesehen zu haben und was dann folgt, ist mehr von dem sehr guten, aber auch schon bekannten Zeugs. Da Gunpoint leider auch schon da aufgehört hatte, wo es gefühlt erst richtig losging, habe ich ja die Befürchtung, dass dies ein generelles Problem mit den Spielen von Tom Francis sein könnte.
Polytalk: Hellblade — Senua’s Sacrifice
Christian: Ein namhaftes Studio beschließt, sich als Indie-Entwickler neu zu erfinden und schneidert mit kleinstem Team und mit viel Ideenreichtum und Fantasie ein Midprice-Game in die Download-Stores, das sich vor keinem einzigen der großen Titel da draußen verstecken muss. Weder optisch, noch technisch, noch akustisch — und erst recht nicht hinsichtlich der vielschichtigen, intensiven Erzählung. Und der Allvater sah, dass es gut war und schickte seine Söhne und Töchter aus, die Welt in einem Siegeszug zu erobern. Bloß beim Gameplay, da haben sie dann ein wenig geschludert und servieren monotone, immer gleiche Arenen-Kämpfe und einen der größten Pseudo-Skandale in diesem Jahr: den vermeintlichen Permadeath. Was schreibt er da? Lästerlich! Er soll aufhören. Geh nicht weiter! Schreib! Schreib! Hellblade nimmt sich manchmal etwas zuviel von allem vor, verliert dabei aber zumindest nie sein eigentliches Ziel aus den Augen: krankhafte Psychosen glaubwürdig und als intensives, immersives Erlebnis erfahrbar und (be)greifbar zu machen. Damit platziert sich Ninja Theory schon zum zweiten Mal in der Liste meiner Allzeit-Favoriten — wenn auch deutlich hinter Enslaved: Odyssey to the West. Du sollst in der Hölle schmoren wie Deine Mutter!
SpielerZwei: Hellblade, puh, schwierig … Einerseits finde ich sowohl das Gesamtkonzept, als auch große Teile der Umsetzung wirklich gelungen. Andererseits hat es mich dann doch nicht so gepackt, wie die Entwickler es vermutlich gerne gehabt hätten. Gerade die intendierte und vorher groß angekündigte Doppelbödigkeit des Ganzen hat bei mir dafür gesorgt, dass ich besonders aufmerksam und kritisch durchs Spiel ging und dabei auch auf viele Probleme gestoßen bin. Trotzdem ist Senua’s Sacrifice ein begrüßenswertes Experiment, das auch als Spiel über weite Strecken gut funktioniert.
Jens: Gerne hätte ich Hellblade: Senua’s Sacrifice gemocht. Oder gar geliebt. Nach knapp 90 Minuten bin ich hängen geblieben und habe nicht weitergespielt. Dafür muss es einen Grund geben. Die fantastische Vertonung war es sicherlich nicht. Gestört hatten mich die Kampfsequenzen, aber so schrecklich waren sie nun auch wieder nicht. Es ist wohl an der Zeit, dem Spiel eine weitere Chance zu geben.
Urs: Der rostige Sargnagel für die Enttäuschung des Jahres geht an Hellblade! Nach einem stimmungsvollen Einstieg blieb ich bald ein einem beknackten Türrätsel hängen und war von den im Hintergrund blubbernden Stimmen so arg genervt, dass ich wütend abbrechen musste. Mag sein, dass ich hier etwas Brillantes verpasse, aber spielerisch scheint mir Hellblade einfach nur Schrott zu sein. Schade! Ähnlich verhielt es sich übrigens schon bei Enslaved, das viele ja heute noch total gut finden. I don’t get it.
Doreen: Tolle Idee, tolles Body- und Voice-Acting, trotzdem hat das Spiel kaum einen nachhallenden Effekt bei mir hinterlassen. Irgendwie passte das theatralisch geschriebene Script weder zum Setting, noch zur Story. Alles in allem war mir das meiste im Spiel zu dick aufgetragen und ging mir gegen Ende dann auch etwas auf die Nerven. Die Thematik finde ich trotzdem gut und da dürfte es gerne mehr von geben. Aber dann bitte nicht im Fantasy Setting und mit etwas weniger Overacting-Schleim.
Pascal: Eigentlich braucht man über Hellblade nicht mehr viel sagen. Es ist atemberaubend schön und spielerisch ein bisschen zu repetitiv, aber die wahre Stärke des Spiels ist sein Hintergrund. Ich mochte noch nie etwas, das Ninja Theory produziert hat, aber mit Hellblade haben sie meinen vollen Respekt gewonnen.
molosovsky: Ich stehe vollumfänglich zu dem Resümee, dass ich im Polytalk zum Spiel gegeben habe: „Ich halte es nicht für verfehlt festzustellen, dass Hellblade vor allem durch die Gnade der Expressivität von Frauen mehr geworden ist als ein x-beliebiger, tragisch-zorniger Grim’n’gritty-Garn“, womit ich die Leistung von Senua-Darstellerin Melina Juergens und die der Furien-Stimmen vom feminstischen Theater-Trio Rash Dash gewürdigt wissen wollte. Das Kampfsystem ist ganz knapp tief genug, dass mir Button Smashing stumpfes Vergnügen bereitet; die Rätsel sind schon abwechslungsreicher und beschäftigten mich entsprechend lustvoll; optische Qualität ist eh der Wahn, und die Atmo ist so wuchtig, dass mich trotz der eigentlich vorhersehbar-formelhaften Unterweltreise ein mächtiges Geschick der emotionellen Manipulation anrührte und mein Inneres zum Schwingen brachte. Für all das und den kreativen und unternehmerischen Kraftakt von Ninja Theory, neue Independent-AAA-Wege zu wagen, gibts von von mir Silber.
Zwerg-im-Bikini: Feine Idee, einen interaktiven Thriller gemeinsam mit Freunden per Smartphone zu spielen. Allerdings hat mich die Steuerung nicht ganz überzeugt, wenn ich unter Zeitdruck per Touchscreen den Cursor auf dem Fernseher exakt bewegen sollte. Vielleicht lag es bloß an meiner eigenen Unfähigkeit, aber ich kam damit überhaupt nicht zurecht. Die Handlung war größtenteils spannend, ich hätte nur gegen Ende mehr erwartet. Ach ja: Wir haben den Coop-Modus gespielt, ohne die titelgebende „Hidden Agenda“. Wahrscheinlich gewinnt das Spiel dadurch noch. Aber wenn wir gegeneinander gespielt hätte, hätte ich mich in den Momenten noch mehr geärgert, in denen mir die Steuerung dazwischengegrätscht hätte …
Meine Meinung: Ihre Meinung
Urs: Das Aushängeschild für die PS4 Pro und dementsprechend ein Hingucker vor dem Herrn. Dank HDR und Fake-4k sieht Horizon so schick aus, wie kein Playstationspiel vor ihm. Aber auch spielerisch ist einiges los und dementsprechend ist die Reise durch dieses Best-of-Open-World-Pottpouri ein wahres Vergnügen. Ein Platz auf dem Treppchen ist Horizon nur nicht vergönnt, da es an Eigenständigkeit fehlt und kein Spielelement ernsthaft überrascht. Aber mit der Technik und dem Händchen für Game Design bin ich hoffnungsfroh, dass mit einer eventuellen Fortsetzung oder einer neuen IP von Guerilla Games noch ein paar Schüppen draufgelegt werden können.
Christian: Dass jetzt ausgerechnet Horizon mein Spiel des Jahres ist, ist natürlich völliger Quatsch. Hier müsste eigentlich Nier: Automata stehen. Tut es aber nicht. Die Zukunftsneanderthalersaga um Heldin Aloy war nämlich nicht nur das allererste Spiel, das ich mir zu meiner erst in diesem Jahr angeschafften PS4 dazugekauft habe, sondern auch das allererste Singleplayer-Game, das es geschafft hat, mich über 60 Stunden lang an den Bildschirm zu fesseln. Und das nach jahrelanger Videospiel-Abstinenz. Muss man auch erstmal hinbekommen. Dabei macht Horizon: Zero Dawn absolut nichts neu (vom Setting mal abgesehen), aber dafür alles richtig. Ja, es hat trotzdem seine Macken (wie die grundsätzlich immer viel zu geringe Kapazität von Aloys Handtäschchen), und ich würde mir endlich mal von einem Studio mehr Ideenreichtum und Innovation beim Zusammenbasteln einer Open World samt stimmiger, storytreibender Quests wünschen, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf. Den Grundstein für ein vielversprechendes neues Spieleuniversum hat Guerilla Games jedenfalls gelegt. Und ganz ehrlich: Wer hätte das ausgerechnet von den Killzone-Machern erwartet?
SpielerZwei: Da ist man gerade an dem Punkt angekommen, an dem man eigentlich keine Open-World-Action-Adventures mehr sehen kann, und dann kommt so eine Perle heraus! Und das auch noch von Guerrilla Games, die dank der bräsigen Grafikblender-Reihe Killzone bisher nicht gerade zu meinen Lieblingsstudios gehörten. Aber was soll man machen? HZD ist das Spiel, mit dem ich dieses Jahr den meisten Spaß hatte! Obwohl es eigentlich nur Standard-Open-World-Zutaten enthält, vermeidet es seltsamerweise nahezu alle typischen Fehler der Genre-Konkurrenz und unterfüttert das Ganze noch mit einer originellen und spannenden SciFi-Geschichte, einer interessanten Protagonistin und traumhafter Grafik. Mein Spiel des Jahres!
Jens: Bronze war in Reichweite, aber letztlich soll es das nicht sein, weil zu wenig Fleisch an den Knochen ist. Mit ein wenig mehr Mut hätte die Story SOMA-Niveau erreichen können, aber so plätschert Horizon: Zero Dawn nach starkem Beginn doch ziemlich vor sich hin. Und ansonsten macht es genau das gut, was auch anderen Open World-Spiele können — mehr aber nicht. Das Setting ist es, was Horizon: Zero Dawn zu recht besonders macht, aber wenn man sich an die schräge Welt gewöhnt hat, bleibt nicht mehr als gut gelungene, solide Kost übrig.
Le Don: Ja, Horizon ist eigentlich nur ein weiteres Open World-Spiel, aber das, was es macht, macht es so verdammt gut. Im Gegensatz zu all den anderen Genre-Kollegen nervt es zum Beispiel nicht mit blöden Side Quests oder ewigen Sammelleien, weil die Nebenaufgaben wie die Langhälse oder die Robo-Fabriken spannend bleiben. Das Setting ist auch so verdammt interessant und langweilig wurde Horizon für mich eigentlich nur, wenn es darum ging, die immer gleichen Menschen zu meucheln. Die Handlung ist nicht besonders tief, aber sie kann durchaus für lange Zeit unterhalten.
molosovsky: Mal ideologisch aufgezogen, kann man allen hämisch giftspeienden Zweifeln, es ließe sich aus wohlmeinenden aber ach so blauäugigen Social-Justice-Warrior- und Gutmenschen-Fieberträumen keine athletisch-brazige Äktschn schustern nunmehr gelassen lächelnd damit begegnen, dass man auf Horizon: Zero Dawn zeigt und erwidert: „Kann man wohl, und für elegant, abwechslungsreich, anrührig, humorvoll, tragisch und episch ist sogar auch noch locker Platz im Sackerl.“ Jeder zynische Depp, der noch in traditionellen Machtfantasieschablonen der ihrem Kollaps entgegentrudelnden Zeitgenossenschaft gefangen ist, kann sich düster-bestialische Stammeskriegsgrausamkeiten einer postapokalyptisch zurückgestutzten Menschheit aus der Nase ziehen, die Kunst wahrlich erquickender Science Fiction aber speist sich aus dem (nicht spezifisch christlich formatierten, sondern ganz allgemein-vagen) evangelikalen Vermögen, zu erahnen, dass in all den bevorstehenden Leiden und Zusammenbruchs-Szenarien irgendwo auch schon Keime der guten Botschaft Hoffnung darauf harren erweckt zu werden. Kurz: HZD passt wie Deckel auf Topf zu meinem Gemüt und meiner Denke und bekommt dafür Gold.
SpielerZwei: Im Grunde handelt es sich „nur“ um eine weitere Nebenquest, die mehr oder weniger unabhängig von der Hauptgeschichte funktioniert. Da diese aber recht lang ist und das neue Kartengebiet wieder zahlreiche Nebenaktivitäten enthält, kommt das Add On trotzdem auf eine respektable Spielzeit. Die verschneiten Frozen Wilds sind, wie schon das Hauptspiel, toll designed und wunderschön anzuschauen. Einziger kleiner Wermutstropfen ist die Entscheidung, das Add On neutral zur HZD-Hauptgeschichte zu halten, denn die nahtlose Integration der Neben-Quests in die Gesamtstory ist eigentlich sonst eine der großen Stärken von Horizon: Zero Dawn. Trotzdem ist das Add On selbstverständlich ein Pflichtkauf für die Freunde von Aloy.
Fighting Game+
Pascal: Gutes Kampfspiel, unterhaltsamer Storymodus, tolle Charaktere, wenn man das DC-Universum mag. Wenn nicht, dann ist es halt Mortal Kombat ohne Gedärme. Für mich wird es für sehr lange Zeit das Go To-Kampfspiel für Zwischendurch sein.
Vertrauen ist optional
Pascal: Wenige Spiele haben mich dieses Jahr so intensiv beschäftigt wie Intra-System. Ein für mich völlig neuartiges Konzept von Audio-Adventure trifft hier auf Escape-Room-Rätsel und Gruselgeheimnisse. Dazu hatte ich viele interessante Gespräche mit den deutschen Entwicklern. Nicht jedermanns Geschmack, sicher, aber für Indie-Liebhaber garantiert einen Blick wert.
Urs: Dieses Spiel hat schon vor der Erstveröffentlichung aufgrund von Verzögerungen und Sklavenhalterpraktiken des Entwicklers Team Bondi für Negativschlagzeilen gesorgt. Und auch anschließend wurde nicht an Negativkritik gespart, da für viele die Gesichtsanimationen das bemerkenswerteste an L.A. Noire waren. Selbige sind auch heute noch sehenswert, der Aha-Effekt fehlt aber selbstverständlich. Ich habe das Spiel damals sehr gemocht, in der überarbeiteten Fassung stechen mir die Mängel jedoch stärker ins Auge. Die Story hakelt ein wenig, spielerisch ist nicht arg viel los und die Optik ist trotz der Anpassungen etwas mau. Atmosphärisch aber geht immer noch einiges und der Soundtrack ist über jeden Zweifel erhaben, was in Summe den Daumen also immer noch zaghaft nach oben zeigen lässt. Allerdings bedauere ich etwas, dass ich mir nicht die Switch-Version gekauft habe, unterwegs auf dem kleinen Bildschirm wäre das ganze bestimmt noch etwas netter gewesen.
Before the Storm: Eins ist schonmal besser
Doreen: Der kleine Abstecher in die Vorgeschichte zur ersten Staffel fing recht gut an und blieb dann auch bis zur zweiten Episode interessant und wusste sogar mehr zu gefallen als alles, was es davor gab. Als dann die dritte Episode hinter mir lag, saß ich aber total enttäuscht und irritiert da und ärgerte mich mal wieder darüber, was für eine traurige Zeitverschwendung viele Videospiele sein können. Before the Storm beantwortet schlussendlich kaum die Entwicklungen zu den Ereignissen der ersten Staffel. Gerade die Beziehungen zwischen jenen Hauptcharakteren, die wichtig gewesen wären, bleiben vollkommen außen vor. Hier werden zwar viele Marginalien beleuchtet und diese sind auch hübsch geschrieben und visualisiert, aber die Fäden am Ende finden überhaupt nicht zusammen. Da soll zwar noch eine Art Bonus-Episode erscheinen, warum die aber gesondert veröffentlicht wird, bleibt mir leider verborgen. Wenn man jedoch keine Fragen beantwortet oder einige Zusammenhänge näher beleuchtet haben möchte, wird mit dem kleinen Life is Strange-Exkurs seinen Spaß haben.
Pascal: Auch wenn mir die dritte Episode zum Zeitpunkt des Schreibens noch fehlt: Mir und meiner Freundin gefällt dieses Prequel. Das Writing ist besser als im ersten Teil und die Atmosphäre ist die gleiche, tolle. Alles in allem also ein würdiger Nachfolger, der keiner ist.
Christian: Ich bin mir nicht ganz sicher, was Little Nightmares sein will. Plattformer? Geschicklichkeitsspiel? Horrorflick? Rätsel-Jump’n’Run? Oder alles zusammen? Zumindest schafft es aber, all diese Elemente stimmungsvoll in einem Setting zu fassen, dass durch seine düstere Farbpalette, sein überragendes Art Design und seine unheimliche Welt samt durchdringendem, reduzierten Sounddesign und seinen verschroben verwachsenen Figuren eiskalt zu packen weiß. Schade nur, dass die eigentliche Spielmechanik lieber auf Trial and Error statt auf wirklich motivierendes Gameplay setzt.
Pascal: Weird. Ein First Person Adventure in einem Maislabyrinth voller genmanipulierter, lebendiger Pflanzen. An sich nicht wirklich ein gutes Spiel, aber herrlich dämlich, voller britischem, dunklem Humor. Die drei Stunden, die es anhielt, waren zumindest nicht verschwendet.
Chris: Ein Remaster des besten Mario Karts aller Zeiten für diejenigen von uns, die das Spiel nicht bereits auf der Wii U erleben durften — also praktisch alle von uns. Sollte zur Grundausstattung jeder Nintendo Switch gehören.
Zwerg-im-Bikini: Den Entwicklern muss man alleine schon dafür Respekt zollen, dass sie es geschafft haben, ein Crossover aus Mario und den Rabbids auf die Beine zu stellen, das nicht nur überraschend wenig nervt, sondern taktischen Tiefgang bietet. Die Welt ist für ein Nicht-Nintendo-Mario-Spiel sehr liebevoll gestaltet, so dass man an jeder Ecke merkt, dass Fans am Werk waren. Den Schwierigkeitsgrad hätten sie wesentlich früher anziehen können, aber an den letzten Herausforderungen habe ich mir dann fast die Zähne ausgebissen, und sie gehörten zu meinen besten Spielmomenten des Jahres. Außerdem gibt es dazu noch einen Coop-Modus, der Laune macht.
Urs: Mein Gott, was sind das für nervige Kackviecher! Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, was es mit diesen Rabbids auf sich hat und ich wünsche auch keine Erklärungen. Obwohl diese mich an die Obernervbolzen „Minions“ erinnernden Pestbeulen hier eine tragende Rolle spielen, ist Mario & Rabbids eine ziemlich unterhaltsame Angelegenheit. Verpackt in ein fluffiges Strategiespielchen, funktioniert das Zusammentreffen von Mario nebst seinen Langweilerkumpels und den Wichsfickpisskarnickeln überraschend gut und hat mich einige Stunden bei Laune gehalten. Als Futter fürs Veröffentlichungsfenster durchaus angemessen, prognostiziere ich dem Spiel jedoch, rasch in Vergessenheit zu geraten. Tränen wird darüber vermutlich niemand vergießen.
Es gibt Reis, Baby!
Von Liebe und anderen Unannehmlichkeiten…
Urs: Schönen Gruß aus Schlaftablettenhausen! Biowares B-Team nimmt die prima Mass Effect-Lizenz und schmiert ein ödes, technisch holperiges Spielchen daraus zusammen. Mein Herz öffnet sich kurzfristig, wenn ich Anklänge an das alte Mass Effect-Gedüdel höre oder mit einem der vielen bekannten Aliens spreche, bei denen die ABGRUNDTIEF FURCHTBAREN Gesichtsanimationen nicht stören, weil deren Fressen ohnehin aussehen wie ein Pfund Jagdwurst. Bioware hat es also geschafft, aus einer allseits geliebten Serie ein Ziel allgemeinen Spotts zu machen, was für sich genommen ja auch schon eine Leistung ist. Den einzigen Preis, den dieses Spiel hier gewinnt, ist der von mir flugs erfundene Blumentopf der Mittelmäßigkeit am Band. Da es sich um einen reinen Fantasiepreis handelt, kann EA den nicht mal auf die Spielverpackung drucken. Blöd.
SpielerZwei: Seit ein paar Jahren versemmelt EA wirklich jede IP im eigenen Portfolio, die für mich irgendwie interessant war: Dead Space, Mirror’s Edge und nun auch noch Mass Effect. Man kann sicherlich viel an der ME-Trilogie kritisieren, aber unterm Strich war sie trotzdem ein tolles Ding. Was uns EA allerdings mit dem vierten Teil an den Kopf geworfen hat, ist echt schlapp. Das ganze Spiel wirkt trotz relativ langer Entwicklungszeit und großem Team halbgar und wie mit der heißen Nadel gestrickt. Das schlimmste ist, dass man durchaus einen Eindruck davon bekommt, was es hätte werden können; aber gewollt ist halt nicht gekonnt. Und so ist Andromeda für mich leider eine ziemliche Enttäuschung geworden und stellt wohl auch das Ende einer weiteren EA-Serie dar, die einmal großartig begann und dann unvermittelt mit Karacho gegen die Wand gefahren wurde.
Jens: Gewinnt bei mir den Mafia 3-Gedächtnispreis für den unambitioniertesten Aufguss einer ehemals bahnbrechenden Spielereihe. Mass Effect: Andromeda hat mir einfach gar nichts gegeben — aber dafür Lebenszeit genommen. Nicht viel, weil ich unter zehn Stunden-Spielzeitgrenze blieb, aber jede Minute war in der Rückschau gesehen eine zu viel. Andromeda hat zu Mass Effect nichts hinzugefügt, dem Genre nicht gutgetan und war nicht einmal technisch auf der Höhe der Zeit.
Doreen: Oh, Mann! Ich hätte nie gedacht, dass es nach Teil 3 noch weiter bergab gehen könnte. Während zu Shepard-Zeiten Mass Effect noch eben den Shepard-Bonus inne hatte, musste ich hier nach Positivem wirklich mit der Lupe suchen. Zäher Einstieg, flache Charaktere, kaum interessante Quests. Prinzipiell würde das ganze Universum nach wie vor noch extrem viel hergeben, aber Bioware hat kaum etwas von dem umsetzen können, was an Potenzial vorhanden war. Ich habe mich von Anfang bis Ende durch das Spiel gequält, über Wochen und ich kann nun behaupten, dass das echte Mass Effect nur 3 Teile besitzt. Andromeda ist irgendwas anderes.
Jannick: Eine so epische Geschichte wie in Mass Effect: Andromeda habe ich zuletzt von meinem Paketboten gehört: Der blieb doch tatsächlich an einer grünen Ampel stehen, weil der das Umschalten von Rot auf Grün nicht gemerkt hat. Bioware will ja ständig irgendwie filmreif erzählen, aber eben nicht filmisch, dazu reichen die Mittel — ganz offensichtlich — nicht. Wenn man mich im Moment eines Niesers fotografiert und ich gleichzeitig merke, dass ich dabei feucht gepupst habe, sehe ich noch immer hübscher aus als die Charaktere in Mass Effect. Obwohl mir technische Aspekte egal sind, kann ich sie in einem Spiel nicht ignorieren, das minütlich das große Staunen, Schnauben oder Sterben zelebriert. Zumal die Spielmechanik mit dem Fokus auf gesprungenes Boomboom komplett an der Reihe vorbei entwickelt wurde. Hach, Bioware. Ein Abschiedsreim: Du warst einst mein Held, jetzt willst du nur noch Geld.
Der Megatonnen-Reinfall
Jens: Wahrscheinlich gut gedacht, aber definitiv schlecht gemacht. Es ist ein Kreuz mit den VR-Spielen im Jahr 2017. Resident Evil 7 zeigte uns, was in VR geht und ein Spiel wie Megaton Rainfall, wie es heutzutage nicht laufen sollte. Mir gefällt es nicht, im professionellen Bereich Entwicklern dabei zuzuschauen, wie sie ihre ersten Schritte machen. Dabei kommen dann so Sperenzchen wie Megaton Rainfall heraus, die weder technisch als VR-Titel überzeugen, noch bei Gameplay oder Story irgendetwas bieten, was es vorher nicht schon in gefühlten 100 anderen überflüssigen VR-Spielen gab.
Der Apfel fällt weit vom Stamm
SpielerZwei: Mit dem jüngsten Ableger der bekannten Toy Racer-Serie haben Codemasters nicht nur den mit Abstand schwächsten Teil abgeliefert, sondern tatsächlich regelrechten Kernschrott. Die Mechanik ist grundsätzlich ok, aber der lächerlich geringe Inhalt macht MMWS zu einer schlichten Unverschämtheit. Mehr als ein warnendes „Finger weg!“ muss man dazu eigentlich auch nicht sagen.
Gibt es Sozialarbeiter in Westeros?
Pascal: Point & Clicks sind in der seltsamen Position, irgendwie altbacken zu sein, aber trotzdem immer mal wieder einen richtig genialen Ableger zu produzieren. Letztes Jahr war das Technobabylon. Dieses Jahr war das garantiert nicht Neofeud, aber trotzdem ist es eine lehrreiche Erfahrung. Von einem haitianischen Lehrer über die hawaiianischen Lebensverhältnisse der Jugend produziert, driftet das technisch miserable Stück Software leider schnell in Cyberpunk-Dystopien samt Robo-Goebbels ab. Der Ansatz bleibt aber trotzdem eindringlich.
Christian: Warum nur Silber, wenn doch nun eine ultimative Lobhudelei folgt? Weil ich fernab davon bin dieses Spiel durchgespielt zu haben. Nichtmal den ersten Run habe ich bislang beendet. Und trotzdem kann ich Nier: Automata seine ab der ersten Sekunde fesselnde Magie nicht absprechen. Was hier auf dem Bildschirm los ist, sucht seinesgleichen. Rollenspiel, Shoot’em Up mit Bullethell-Anleihen, Action Adventure, 3rd-Person, Sidescroller, Top-Down-Shooter, das Ganze verpackt in Japan-typische Weirdness mit völlig verstrahlter Story, knuffigen Roboterwesen, einem völlig verplanten Skill-System, null Handreichungen an den Spieler und zwischendurch einem charmanten Final Fantasy-Vibe, der mich zu der Aussage verleitet, dass Nier: Automata das beste Final Fantasy seit Teil acht oder neun ist. Bloß anders. Aber toll. Nier: Atuomata ist eine absolute Perle unter den Videospielen der letzten Jahre, die man so kaum ein zweites Mal finden wird. Und obwohl ich um 99% aller Japano-Rollenspiele lieber einen weiten Bogen mache, musste ich dieses Spiel einfach haben. So charmant und so gekonnt hat mir einfach noch niemand einen derart wilden Genremix serviert, der in sich trotzdem so kohärent ist und so dermaßen gut funktioniert. Unbedingt kaufen, unbedingt spielen!
Pascal: Jumping Jesus on a Pogo Stick! Die Botschaft! Der Mut! Die einzelnen Spieldurchläufe! Die Weirdness in jeder Pore und jedem grinsenden runden Kopf! Noch nie habe ich ein Sequel gesehen, dass seinen Vorgänger gleichzeitig so ehrt und so viel Revolutionäres aus dem Aufbau macht. Ironisch, dass die menschlichsten Charaktere des Jahres zwei Roboter sind, von denen eine aussieht, als wäre sie einzig und allein als Wichsvorlage designt worden. Bekommt zudem den Bonuspokal „Bestes Charakter namens Pascal“.
Le Don: Vielleicht sind die Eindrücke zu frisch, weil ich Nier: Automata erst im Dezember gespielt habe, aber so hat es mir tatsächlich Dishonored: Death of the Outsider die Bronze-Trophäe weggeschnappt. Meine Güte, hat es mich fertig gemacht. Zunächst hatte ich mich über ein neues Platinum Games-Spiel gefreut, denn so fühlt es sich auch an — die Kämpfe machen sehr viel Spaß und es gibt viele verrückte Ideen wie z.B. die Kamera-Spielchen. Aber darüber hinaus ist es immer noch ein J-RPG, in dem man Erfahrungspunkte sammelt und für bestimmte Gegner unter- oder überlevelt ist. Dabei nervt es aber nicht mit Grinding oder blöden Side Quests, vor allem, weil jede Neben-Mission und jeder Neben-Charakter etwas zu der Haupthandlung beitragen, die mich wiederum aufgrund der knuffigen Roboter an vielen Stellen sehr gerührt hatte. Für die Kenner: „This cannot continue, we must protect the king, become a god, protect the children“ – so viele tragische Momente und so häufig fragte ich mich, was ich hier eigentlich mache.
Spielen jenseits der Komfortzone
SpielerZwei: Ich mag die Souls-Reihe eigentlich, ich spiele sie nur nicht. Weil meine Frusttoleranz zu niedrig und mein Wunsch nach anstrengenden Spielen zu gering ist. In Nioh sah ich quasi meine Chance, mich doch noch einmal diesem Sub-Genre widmen zu können, ohne viel zu spät zu einer eingeschworenen Fan-Gemeinde stoßen zu müssen. Nioh ist ein bisschen anders, den Souls-Spielen aber trotzdem sehr ähnlich. Und es war wirklich eine sehr interessante Erfahrung, die neben Frust auch viel Spaß und Befriedigung gebracht hat. Trotzdem konnte mich Nioh nicht nachhaltig bekehren: Übermäßig harte Spiele, die ihren Hauptreiz primär aus genau dieser Tatsache beziehen, sind mir als Freizeitbeschäftigung auf Dauer einfach viel zu stressig.
Le Don: Observer überzeugt definitiv durch seine herrliche und dreckige Cyberpunk-Atmosphäre. Diesbezüglich sieht es klasse aus und ich würde gerne mehr von dieser Welt sehen. Aber ich bin unschlüssig, was die Horror-Einlagen betrifft. Es gibt einige sehr starke Momente, wenn die Grenzen zwischen Realität und Traumsequenz zerfliessen, aber das Mindhacking der Opfer war mir mitunter zu konfus, um mich zu gruseln und die Metaphern zu platt, um wirklich clever zu sein.
Pascal: Ein 4X-Rundenstrategiespiel mit einer besonderen Mechanik: Erst geben alle Spieler simultan Befehle, dann ziehen alle Einheiten gleichzeitig. Das zwingt zur starken Vorausplanung, denn wenn sich zwei Armeen verbündeter Reiche auf unwirtlichem Gelände über den Weg laufen, kann es auch schon mal zu Verwechslungen kommen und plötzlich startet ein Kampf, wo man eigentlich eine Handelsroute anlegen möchte. Klingt chaotisch, trägt aber zum historischen Charme dieses Antikes-China-Settings bei. Viel habe ich noch nicht gespielt, aber grade im Vergleich mit meiner Civilization VI-Obsession freue ich mich darauf, detaillierter über Oriental Empires nachdenken zu können.
Doreen: Ich finde es etwas komisch, dass das Spiel allgemein etwas untergegangen ist. Oure ist in den meisten Aspekten toll und in einigen anderen etwas frustrierend. Es bedient sich vergnüglich an Elementen aus Shadow of the Colossus, Journey und auch ein wenig Flower ist dabei. Die gewöhnungsbedürftige Steuerung konnte mich nicht davon abgehalten, Oure an drei Abenden durchzuspielen und zu komplettieren. Als Drache verbringt man fliegend fast das gesamte Spiel über den Wolken und an der Seite von großen Titanen. Insgesamt ist das Spiel eine abgespeckte Version aus großen Klassikern, welches aufgrund der großartigen Vorlagen durchaus spielenswert ist. Gold von mir.
Rom-Com
Volker: Meine erste Erfahrung mit der Persona-Reihe und nach einigem Eingewöhnen an die Spielmechanik definitiv mein zweiter Liebling dieses Jahr. Die Figuren sind herrlich verschroben, allerdings nie unglaubwürdig, die durchaus komplexe Geschichte ist gut erzählt. Die meisten Punkte sammelt das Spiel allerdings aufgrund seiner doch recht eigenen, optischen Aufmachung nebst dem J-Pop-Soundtrack (der auf Vinyl scheiße teuer ist, aber Hipster wie ich müssen leiden). Etwas mehr Offenheit hätte der Spielwelt allerdings gut getan — ohne Zeitdruck die Stadt erkunden zu können, einfach mal tun, worauf man Bock hat und nicht alles planen zu müssen, das wäre es gewesen. Aber gut, für Silber reicht es dennoch lässig.
Pascal: So viel Potential für Interpretationen! Dass das mein erster Gedanke zu P5 ist, sagt eigentlich schon viel darüber aus, dass ich es nicht so toll fand wie den Vorgänger, Persona 4 Golden. Da ich diesen aber vergöttere, ist das keine wirklich große Kritik. Persona 5 ist viel zu lang und geht genauso beschissen mit Charakteren um, die von der Norm abweichen wie jedes andere Atlus-Spiel. Diesmal beschäftigt es sich damit aber wenigstens aktiv. Das macht die Ausführung zwar nicht besser, lässt aber Hoffnung zu, dass Atlus mit dem Re-Release von Catherine im nächsten Jahr nicht noch tiefer ins Klo greift. Ich schweife ab, aber das tut Persona 5 auch. Ständig, oft und lange. Zum Glück ist der Soundtrack so unglaublich, unfassbar gut, dass er auch nach 120 Stunden noch voll ins Ohr geht. Rivers in the Desert!
Zwerg-im-Bikini: Im Sommer schickte mich Pokémon Go durch das Raid Update mit mir bis dahin unbekannten Menschen auf Legenadry Jagd, was nicht nur großen Spaß machte, sondern das Spiel um eine einzigartige soziale Komponente bereicherte. Dagegen fragte ich mich bei Karpador Jump, was ich damit soll. Ich klickte mich eine Weile unmotiviert weiter, um es dann ziemlich schnell wieder zu löschen. Da gehe ich doch lieber noch mal raus an den Fluss und farme dort „echte“ Karpadore.
Die 90er haben angerufen…
SpielerZwei: Es sah zunächst nicht gerade vielversprechend aus: Aus der geplanten Fortsetzung zum 2006er Prey wurde nach jahrelangen Irrungen und Wirrungen am Ende ein Spiel gleichen Titels, das aber nicht das Geringste mit dem Original zu tun hat. Und dass sich dieses Spiel aus der Entwicklungshölle dann auch noch als absolut großartiger System Shock-Epigone entpuppen würde, war im Vorfeld in etwa so wahrscheinlich wie die Vorstellung, dass die Amerikaner den größten Trottel des Landes zu ihrem Präsidenten machen würden. Und während ich mich über Letzteres immer noch wundere, ist mir Ersteres glatt einen Silber-Pokal wert!
Le Don: Ja! Ja! Ja! Ich will mehr solcher Spiele haben! Ich liebe Immersive Sims, ich will Schauplätze erkunden können und nicht durch öde Korridor-Level gezwängt werden, um einer blöden Narrative folgen zu müssen, wie es bei so vielen anderen Spielen der Fall ist. Prey bietet mir mit seiner Raumstation so einen Ort zum Erkunden und Geschichten erzählen. Ein Beispiel für den Detailgrad ist die Besatzung, die sich größtenteils tracken läßt.
Die inkompetenzbefreite Zone
Jens: Nach Dirt Rally gibt es endlich wieder ein Rennspiel, das nicht nur Freude bereitet, sondern auch gern geleistete Arbeit ist. So ganz ohne Frickeln und Frusttoleranz funktioniert Project Cars 2 nicht — zumindest unterhalb der Geniegrenze. Im Multiplayer ist das Niveau in jeder Beziehung hoch, was eine Freude ist, nur bremst das Matchmaking enorm. Ich hänge halt ungerne eine gefühlte Ewigkeit in einer Lobby rum und das vor allem dann, wenn an Mitspielern kein Mangel herrscht. Deswegen gibt es kein Bronze für Project Cars 2. Was leider allgemein in der Bewertung unterging: Die Detailgenauigkeit in wahrlich jeder Beziehung — von den Pisten bis zum Motorheulen — ist herausragend. Diese Professionalität und Präzision in der Entwicklung wünsche ich mir genreübergreifend, aber das bleibt wohl ein frommer Wunsch.
Pascal: Das Jahr der Persona-Anteilsklone geht weiter mit Regalia, das sich das Social-Sim-System der Shin Megami Tensei-Teilreihe detailgetreu nimmt und es in ein XCOM-artiges Kampfsystem einflechtet. Leider waren die Kämpfe viel zu lang und dröge. Das haben die Entwickler aber glücklicherweise gemerkt, denn im angekündigten Re-Release, der Royal Edition, kann man die Kämpfe einfach überspringen. Ich freue mich drauf, die Geschichte so endlich komplett zu erleben!
Alter Wein in neuen Schläuchen
„Welcome to the Family, Son“
SpielerZwei: RE7 war für mich mit Abstand das ärgerlichste Spiel des Jahres. Während mein gesamtes Umfeld dieses Spiel abfeierte, hatte ich auf dem PC mit derbsten Performance Bugs zu kämpfen, die Capcom auch bis heute nicht anständig rausgepatched hat. Aber davon mal abgesehen, kann ich auch nicht nachvollziehen, warum die Leute so sehr auf diese Trial & Error-Geisterbahnen abfahren. Klasse Setting und coole Präsentation, aber die Spielmechanik, die ihren Nervenkitzel einzig daraus zieht, dass man bestimmte Gegner einfach nicht töten kann, ist mir echt eine Nummer zu doof.
Jens: Eine Offenbarung. Neben Fifa 95, The Elder Scrolls IV: Oblivion, Fallout 3, der DayZ-Mod und Civilization 3 ist Resident Evil 7 eines der besten Videospiele, die ich in meinem ganzen Leben erleben durfte. Als VR-Erfahrung — und nur von dieser Version schreibe ich — nähert es sich schon der Perfektion in einer Zeit, in der ansonsten VR-Erlebnisse noch in den Kinderschuhen stecken. Ganz davon abgesehen, dass Resident Evil 7 für sich gesehen ein außerordentlich gelungener Horrortitel geworden ist, gelingt es der VR-Variante das zu leisten, wovon ich zumindest geträumt habe: Einen fiesen Horrortrip zu erleben — und ihn nicht „nur“ zu spielen.
Le Don: Das war ja mal die Überraschung des Jahres für mich. Niemals hätte ich erwartet, dass mich ein RE so abholen könnte — noch nicht einmal von einem Titel, der sich an die klassichen Ableger orientiert und diese neu und modern verpackt. Noch Tage, nachdem die Credits über meinen Bildschirm liefen, habe ich mich überrumpelt gefühlt und der Artikel dazu hat sich wie von allein geschrieben, weil RE7 so viele interessante Sachen macht. Die Entwickler von Capcom haben hier mal eben einen Klassiker abgeliefert, der auch noch zeigt, wie VR zu funktionieren hat.
Urs: Ich habe kurz reingespielt und mir direkt vor Angst in die Hose gekackt. Vielleicht versuche ich es mal wieder, wenn ich tagsüber mehr Zeit habe. In einem lichtdurchfluteten Raum. Mit geöffneten Fenstern. Und meiner Mama neben mir auf dem Sofa.
Le Don: Kleiner, funkiger Schleicher für Zwischendurch mit einem schönen Twist — anstelle einem Dieb, Ninja oder Agenten spielt man einen Cleaner. Nichts, was ich auf ewig in Gedächtnis behalten werde, aber für ein paar kurze Runden macht Serial Cleaner durchaus Spaß und hat einen tollen 70er Charme.
Zwerg-im-Bikini: Manchmal ist einem nach einem kleinen, belanglosen Solo-Kartenspiel, und deshalb kaufte ich mir diese Solitair-Variante für die Switch. Überraschenderweise entpuppte sich Shephy nicht nur als abwechslungsreich und fordernd im Gameplay, sondern man bekommt einen mit sehr seltsamen Zwischensequenzen gespickten Storymodus dazu geliefert. Bei dem putzigen Stil hatte ich nicht damit gerechnet, den größten WTF-Moment 2017 beschert zu bekommen.
Nostalgie kann was!
Pascal: Jak & Daxter sind zurück! Nein, nicht nur in der PS4-Remasterd-Version der alten Spiele. Skylar & Plux orientiert sich sehr am geistigen Vorbild von Naughty Dog und überträgt den kindlichen Charme und anzüglichen Humor von Jak in ein kurzes, sehr hübsches aktuelles Adventure. Wenn ich keine neue Version wie das fantastische Rachet & Clank (2016) von Jak bekomme, dann nehme ich gerne ersatzweise mehr von solchen Hommagen.
Pascal: Es hätte so gut werden müssen. Irgendwo zwischen Harvest Moon und Dragon Quest, ein bisschen Kapitalismus a la Patrizier und das alles in der Ego-Perspektive mit lustigem Schleimsauger. Leider ist die Welt von Slime Rancher tot und leer, mehr als Geld farmen gibt es nicht zu tun, und wer man keine Freude daran hat, ewiges Chaos zu ertragen, da sich die eigene Farm nie wirklich ordnen lässt, der wird hier viel stressige Zeit damit verbringen, Schleime zurück in ihr Gehege zu werfen. Hübsch isses, aber das wars auch schon.
Zwerg-im-Bikini: Innovative Konzepte sind immer ein Pluspunkt, und wenn sie so unterhaltsam und einsteigerfreundlich sind wie Snipperclips, kann ich kaum etwas Negatives dazu sagen.
Zwerg-im-Bikini: Phone Destroyer wirkt auf mich, als sei es nur entstanden, weil das in dem Vertrag zwischen den South Park Studios und Ubisoft so ausgehandelt wurde. „Ihr dürft euer großes Spiel machen, dafür hätten wir gerne x DLCs und ein Mobile Game, und das bitte mit Microtransactions.“ Dass ausgerechnet South Park diese Art von Mobile Games in einer Folge kritisiert hatte, schien keine Rolle zu spielen. Das Ergebnis ist keineswegs schlecht geworden, aber es ist halt auch nicht mehr als ein Mobile Game mit Microtransactions. South Park-Fans werden Spaß an den Anspielungen auf die Serie und den bekannten Charakteren haben, aber da mich die Spielmechaniken nicht sonderlich reizen, habe ich es nicht lange gespielt. Was aber ausgesprochen gut gelungen sind, sind die Artworks auf den Karten.
Member South Park?
Zwerg-im-Bikini: Innovation ist zwar nicht die große Stärke von TFBW, aber wer den Vorgänger mochte, wird sehr wahrscheinlich auch hier wieder Spaß haben. Ich hatte ihn jedenfalls. An allen Ecken wurde ein bisschen gefeilt, das Kampfsystem ist fordernder geworden, die Story länger und es gibt massenweise Zeugs zu sammeln. Fast schon zu viel, da sollte man sich selber überlegen, worauf man Lust hat. Insgesamt eine würdige Fortsetzung, die Lust auf einen dritten Teil macht.
So ein Feuerball, Junge!
Pascal: Megaman war nie mein Ding. Splinter Zone hat micht entsprechend nicht lange bei der Stange gehalten, ich war auch einfach zu schlecht. Das Spiel hat zwar einen Modus, in dem ich wahlweise keine Gegner habe oder unbesiegbar bin, aber das halte ich für Quatsch bei einem Spiel, dass eigentlich nur seinen Kampf zu bieten hat. Trotzdem ist das ganze Ding sicher ein Lob wert, und für Freunde von Megaman sicher auch einen Blick.
Ein hübscher, brennender Haufen
Pascal: Den Multiplayer kann man vor lauter Lootbox-Epidemie nicht anfassen, ohne zu würgen. Der Singleplayer ist zu kurz, und versagt darin, eine eigentlich interessante Geschichte ansprechend darzustellen. Hübsch isses, aber das hält mich nicht lange.
Le Don: Nachdem die letzte Starcraft-Episode auch schon einige Zeit zurückliegt, hatte ich sehr hart darüber nachgedacht, das Original nachzuholen und mich dann sehr über die Ankündigung des Remastered gefreut, weil das erste Starcraft schon schmerzhaft alt ist. Ohne das Original gespielt zu haben, spielt sich das Remastered wiederum sehr gut, aber ich war durchaus überrascht, wieviele Komfort-Funktionen, die in den 2er-Episoden ganz selbstverständlich sind, hier noch fehlten und man beispielsweise nur bis zu 20 Einheiten steuern kann — wenn mir Anfänger diesbezüglich nichts entgangen ist. Es hatte mir jedenfalls sehr viel Spaß gemacht, obwohl gerade die letzten Missionen der Brood Wars-Erweiterung sehr hart werden und mich viele Stunden beschäftigt hatten.
Zwerg-im-Bikini: Stardew Valley war eines meiner Lieblingsspiele 2016, und alleine der Vorteil, es gemütlich vorm Einschlafen im Bett spielen zu können, hat den erneuten Kauf für mich gerechtfertigt. Immerhin handelt es sich um eine Welt, in der ich problemlos über hundert Stunden verbringen konnte, ohne alles erlebt zu haben, und es werden bestimmt noch mehr.
Zwerg-im-Bikini: Eine in den 80ern angesiedelte Horror-Anthologie im Stil der Twilight Zone als Videospiel? So etwas sieht man nicht all zu oft. Jede der vier Episoden hat eine angenehme Länge von grob einer Stunde und die Atmosphäre gehört zum Besten, was ich seit langem in Videospielen genießen dürfte! Obwohl der Vorspann sehr an Stranger Things erinnert und man erwarten könnte, dass hier nur auf den aktuellen Trend aufgesprungen wurde, wird das 80er Setting nicht einfach benutzt, um einen mit nostalgischen Anspielungen zu überschütten. Die Ästhetik hat ihre Daseinsberechtigung und wurde perfekt eingefangen. Man steuert übrigens ein klassisches Text-Adventure. Hier gibt es dann auch meinen einzigen Kritikpunkt, denn an ein, zwei Stellen war es ziemlich frustrierend, die richtigen Worte zu finden, obwohl ich genau wusste, was ich machen will. Aber das sollte einen nicht abhalten, und notfalls gibt es ja für solche Hänger Komplettlösungen. Zum Inhalt will ich nichts weiter verraten, aber wer es Mystery-mäßig mag, wird auf seine Kosten kommen. Es fällt mir dieses Jahr sehr schwer, einen Goldpokal zu vergeben, weil den eigentlich The Witness bekommen sollte, das leider bereits 2016 erschienen ist. Aber ich schiebe ihn jetzt Stories Untold zu, weil dieses Spiel abseits der großen Top-Titel so viel richtig macht.
„I’m Styx, I can climb walls, but you won’t catch me wearing a stupid white hoodie“
Le Don: Irgendwie ganz nett und eine klare Steigerung zum ersten Teil, aber viel ist mir nicht in Erinnerung geblieben. Bis auf die nervigen popkulturellen Anspielungen zu Terminator 2, Indiana Jones und so weiter, die nicht passen wollten, wohingegen mir das Level Design mit den Klettermöglichkeiten sehr gefallen haben.
Le Don: Ganz toll! Nachdem mich Bithell mit Volume enttäuscht hatte, würde ich solche kleinen Kurzgeschichten in Spieleform gerne häufiger sehen. Die Dialoge haben Substanz und die kleinen Detektiv-Einlagen fand ich auch sehr schön.
Zwerg-im-Bikini: Ich liebe Bomberman. Brauchen wir noch ein Bomberman?
Urs: Fuck me in the asshole! Nintendo ist zurück und wemmst alles weg, was nicht bei drei auf den Bäumen ist. Innerhalb eines Jahres bringt der sympathische Multi-Milliarden-Dollar-Konzern zwei Spiele heraus, die nicht nur die Kronjuwelen ihrer Serie darstellen und mal flott Genrestandards setzen, sondern auch mal so mir nichts dir nichts die beiden vorderen Plätze meiner Jahres-Top-3 belegen. Geilomatiko! Mario Odyssey ist die Quintessenz des 3D-Plattformers und besticht mit einer an Perfektion grenzenden Steuerung, einem überraschenden und trotzdem extrem gut nachvollziehbaren Leveldesign sowie der für Nintendo typischen ursympathischen, geschliffenen Präsentation. Frustration gibt es keine, das Ganze spielt sich durchweg intuitiv und flutschig. Einzig die etwas zu einfach zu schlagenden Endgegner könnte man kritisieren, aber irgendwas hat man immer zu kacken, was? Eigentlich wäre Mario Odyssey ein klarer Gold-Kandidat, allerdings war Zelda einfach noch ein Stück geiler. Nintendo räumt die ersten Plätze in der wichtigsten Top-3 des Jahres (meiner) ab, wer hätte das vor einem Jahr für möglich gehalten? Sie etwa? Wohl kaum!
Chris: Das Beste an Odyssey? Sicherlich dieser fröhliche Entdeckerdrang, den es in mir und in jedem, den ich kenne und der es gespielt hat, zu wecken scheint. Diese unbeschwerte, fast kindliche Neugier, die Odyssey durch seinen Stil und sein Leveldesign ja ganz geschickt befeuert und nur sehr selten enttäuscht.
Le Don: Hat mir generell eigentlich richtig gut gefallen. Spiele auf einer Weltraumstation gehen eigentlich immer und die Spielmechanik um die Dialoge und unterschiedlichen Perspektiven ist auch toll. Aber leider wirkt es eher so, als wäre man Zuschauer, während man in Gone Home oder anderen Immersive Sim-Titeln wie Bioshock, Prey oder Thief noch Entdecker war und das hätte ich mir hier auch gewünscht.
Zwerg-im-Bikini: Ein weiteres Partyspiel mit Smartphone-Steuerung. Die Jackbox Party Packs sind zwar weiterhin meine erste Wahl, aber ich hatte mit That’s You ziemlichen Spaß. Die Spieler werden eingebunden, indem man beispielsweise Fotos voneinander verfremdet oder einschätzen muss, wer in bestimmten Situationen wie reagieren würde. Die Aufgaben sind lustig, ohne peinlich zu sein, was erfahrungsgemäß eine gute Mischung ist, um möglichst viele Mitspieler zu gewinnen. Ich kann allerdings nichts zur Langzeitmotivation sagen, weil ich das Spiel selber nicht besitze und nicht weiß, wie schnell sich die Fragen wiederholen.
„Have you seen a little girl?“
Le Don: Hatte mich tatsächlich sehr positiv überrascht. Ich habe nichts erwartet, habe mir nur spontan den Rezensions-Key geschnappt, der bei uns so herumlag und wurde durchwegs unterhalten. Ich kann mich an nichts erinnern, was mich besonders genervt oder gefrustet hätte im Gegensatz zum ersten Teil, an dem ich mich an nichts erinnern kann, was mir besonders gefiel. Naja, gut, gegen Ende wurde es etwas zäh und ein bisschen zu lang, aber das kann ich noch durchgehen lassen. Ich hätte tatsächlich Lust, nochmal den ersten Teil zu spielen, um in Detail zu sehen und zu vergleichen, was Teil 2 so viel besser macht, aber dafür fehlt mir leider die Zeit.
Spielt es. Spielt es einfach.
Urs: Das beste Zelda seit langem, das beste Open-World-Spiel aller Zeiten und eines der besten Spiele überhaupt: Breath of the Wild wischt mit allem Dagewesenen den Boden auf und zeigt den ganzen Spezialisten, wie es in offenen Welten auszusehen hat. Hier stimmt nahezu alles, von der Inszenierung, über die Präsentation, bis hin zu Weltenbau und Questdesign. Breath of the Wild ist in Zeiten des technischen Überbietungsgestus der Beweis, dass Pferdestärken nicht automatisch gute Spiele hervorbringen und dass auf betagter Hardware hohe Magie entfaltet werden kann. Denn selbst auf der unrühmlich beerdigten Wii U ist das Spiel ein reiner Genuss. Dass ich mir das Teil auf der Switch nochmal gekauft und direkt wieder zahlreiche Stunden hineingeballert habe zeigt, wie ernst es mir mit meiner völlig übertriebenen Begeisterung ist. Mein Spiel des Jahres, mit weitem Abstand vor allen anderen Titeln und womöglich sogar mein Spiel des Jahrzehnts.
Volker: Was nach 150 Stunden am ehesten in Erinnerung bleibt, sind zwei Dinge: Zunächst ist Breath of the Wild ohne jeden Zweifel das beste Spiel der Zelda-Reihe und zum anderen die aktuell schönste Gestaltung einer offenen Spielwelt. Denn sie ist wirklich offen, eine „terra incognita“, man erkundet und erobert sie und selten war die Freude so groß wie in dem Moment, als ich nachts auf einer Bergspitze eine Hütte fand, an der Feuerstelle darin mein Lagerfeuer entzünden konnte und es sich einfach nur richtig angefühlt hat, alles. Es gibt so unglaublich viel zu finden, sehen, suchen, erledigen, dass die Hauptstory manchmal fast zum Beiwerk verkommt — und die Traurigkeit drüber, wenn es dann irgendwann doch vorbei ist, umso größer ist. Bitte unbedingt mehr davon — und völlig verdient Gold von mir dafür.
Chris: Mal abgesehen davon, dass Breath of the Wild schon an und für sich mein Spiel des Jahres ist, bin ich vor allem gespannt auf die Auswirkungen, die es auf andere Open-World-Spiele in den nächsten Jahren haben wird. So vieles, was als allgemein akzeptiert — wenn schon nicht geliebt — galt, geht nun eigentlich nicht mehr oder wirkt zumindest stark von gestern.
Le Don: Ich bin immer leicht hin- und hergerissen, ob ich Breath of the Wild mit Lobliedern überhäufen oder mich doch eher kritisch äußeren möchte. Dies liegt aber an der steilen Messlatte, die es aufgestellt hat — siehe die Anzahl der Gold-Pokale. Breath of the Wild ist ohne Frage ein großartiges Spiel, aber nicht das großartigste. Auch wenn es eine Revolution im Open-World-Gerne sein mag, macht es dann doch noch einige Kleinigkeiten verkehrt, die ein perfektioniertes Spiel wie Horizon: Zero Dawn besser macht (ohne Horizon als das bessere Gesamt-Spiel bezeichnen zu wollen). Ja, ich schaue auf dich, Frau, dessen Einkauf ich erledigen soll, weil es draußen regnet.
In der letzten Folge…
SpielerZwei: Auch wenn sich bei den Telltale-Spielen spielerisch und technisch nach wie vor kaum etwas bewegt, gefiel mir auch diese TWD-Season recht gut. Sogar besser als die letzte (den kurzen Michonne-Ableger mal nicht mitgezählt). Clementine ist inzwischen 14 Jahre alt, wirkt aber mindestens 10 Jahre älter. Die bisher vollzogene Charakterentwicklung vom hilflosen Mädchen zum Bad-Ass-Dreikäsehoch (mit immer noch weichem Herz) ist für mich in Anbetracht der Umstände durchaus nachvollziehbar. Und die Geschichte um Javier und seine Leute wird auch ganz spannend erzählt. Solange Telltale dieses Niveau halten kann, bleibe ich der Reihe gewogen.
Jens: Schon wieder ein Spiel, dessen Daseinsberechtigung sich mir nicht so recht erschließen mag. Die Story ist solide wie immer und eigentlich bleibt alles beim Alten. Es wird viel geredet, es werden einige Entscheidungen getroffen, von denen man genau weiß, dass sie doch keinen Einfluss auf die Story haben und man kämpft sich regelrecht durch suboptimal präsentierte Action-Sequenzen. Was ich ärgerlich finde: Völlig ohne Not wird Clementine, die TWD so großartig getragen hat, als nervige, emotionsbefreite Teenie-Göre verheizt. Das hätte man sich sparen können.
Le Don: A New Frontier hat mir auch wesentlich besser gefallen als die zweite Staffel, weil Javier und seine Familie für frischen Wind gesorgt haben und die Season sich damit etwas anders angefühlt hat. Bei der nächsten kann es gerne mit Clementine als Vollzeit-Heldin weitergehen und damit wünsche ich mir dann auch wirklich das Ende für Telltale’s Walking Dead, denn so gut wie die erste Staffel wird die Reihe wahrscheinlich nie mehr werden und ich sehe eigentlich nur noch den Abstieg.
Urs: Grafikadventures sind zurück und sie sind wieder geil, wahuuuu! Ron Gilbert und Kollegen schaffen es, dem abgewichsten Genre wieder Auftrieb zu verschaffen, indem sie bewusst nicht Full-Tim Schafer gehen und ein hübsches, aber eine Arschbombe zwischen den Stühlen hinlegendes Spiel a la Broken Age abliefern. Nein, hier gibt es Pixel im Überfluss, man darf sie sogar sammeln! Doch da wir die alten Klamotten viel besser in Erinnerung haben, als sie es tatsächlich waren, wurde sanft modernisiert und auch technische Spielereien eingebaut, die es vor 20 Jahren noch überhaupt nicht gab. Auf unsere heißgeliebten Lucas-Arts-Gedächtnis-Verben müssen wir Adventure-Dinosaurier trotzdem nicht verzichten und bekommen so eine Nostalgiegranate, wie wir sie uns wünschen. Die Geschichte ist dabei ein hübscher Mix aus Twin Peaks, X-Files und dem bekannten Gilbert-Humor. Gerne mehr davon!
Urs: Einmal die volle Old-School-Rollenspiel-Packung, mit alles bitte! Tides of Numenera schwitzt die alte Schule aus allen Poren und ist dementsprechend nur etwas für Leute, die sich gerne durch seitenweise Text klicken. Ich bin hin und her gerissen zwischen geil finden und einschlafen, da ich es einerseits sehr gerne durchspielen möchte, andererseits aber ohnehin zu wenig Zeit für umfangreiche Rollenspiele habe und da dann etwas mehr erwarte, als „nur“ eine geile Story. Daher werde ich Torment wohl erst durchziehen, wenn ich mal längere Zeit ans Bett gefesselt bin oder so. Für Puristen mit viel Tagesfreizeit jedenfalls eine klare Empfehlung!
Zwerg-im-Bikini: Wenn mich 2017 eines gelehrt hat, dann dass es auch in einer Ehe wichtig ist, Nein sagen zu können. Vor allem wenn dein Mann dich zum Kauf eines schäbigen Quiz-Spieles drängt, weil es durch einen Gutschein nur 10 Cent kostet.
SpielerZwei: Nach Uncharted 4 waren wir uns eigentlich alle einig: War nett mit dir, aber jetzt ist es auch wirklich gut. Tschö mit ö, Nathan! — Umso erstaunlicher, dass mir das Spin Off mit Chloe Frazer und Nadine Ross dann doch ganz gut gefallen hat. The Lost Legacy ist natürlich wieder in jeder Hinsicht wunderschön anzuschauen, aber das waren die Uncharted-Spiele ja schon immer. Die wirklichen Pluspunkte des Ablegers sehe ich aber eher hier: Zum einen haben die Dialoge des ungleichen Frauengespanns durchaus ihren eigenen Charme und sind so eine angenehme Abwechslung zur altbekannten Dynamik zwischen Nathan, Elena und Victor. Zum anderen zieht sich The Lost Legacy nicht so ellenlang hin, wie noch Teil 3 und 4, die einfach nicht wussten, wann man Schluss machen muss. Die vielleicht größte Überraschung war für mich aber, dass Nathans Bruder Sam, die unsympathische Obernervensäge aus Teil 4, gegen Ende in TLL tatsächlich als Comic Relief funktioniert und ich ihm dieses Mal nicht ständig einen schnellen Tod wünschte…
Jens: Schön anzuschauen, nett zu spielen und schnell vergessen. Die Existenzberechtigung von The Lost Legacy hat sich mir — abgesehen von monetärer Motivation — nie so ganz erschlossen. Als Abschluss der Saga taugt TLL schon mal gar nicht, weil der Bezug zu Nathan’s Story einfach zu gering ist. Ein laues Lüftchen ist dieses Uncharted-Abenteuer. Und ich weiß auch gar nicht mehr, wer warum was sucht und wieso die Bösen da was gegen haben. Irgendwas mit Indien war Thema, mehr ist nicht hängengeblieben.
Urs: Gutaussehend und witzig zu sein reicht nicht für einen Pokal. Was ich in meinem Leben häufig genug schmerzhaft erfahren musste, gilt auch für das aktuelle Uncharted. Obwohl die alten Rochen Drake und Schnauzbartopa durch die ungleich charmanteren und interessanteren Chloe und Nadine ersetzt wurden, ist spielerisch leider nichts Neues zu vermelden. Es gibt Geklettere, Gerätsele und Gewalt im Wald. Das ist zwar irgendwie unterhaltsam, aber eigentlich hat es damit schon nach Teil zwei gereicht und somit bleibt nur zu hoffen, dass für eine eventuelle (wahrscheinlich unvermeidliche) Fortsetzung die neue Besetzung beibehalten, das Spielprinzip aber grunderneuert wird. Oder gleich mal etwas völlig neues, Naughty Dog. Wie wär’s?
molosovsky: Gemessen an der Zeit die ich seit Wochen in der Multiplayer-Suite von Uncharted: The Lost Legacy vertüdel, ist dies mit weitem Abstand mein Lieblingstitel des Jahres. Aber subjektiv-eigentümliche Shooter-Fetischismen sind ja nicht alles, ne? Klaro können auch die neuen Protagonisten-Ladies Nadine und Chloe nicht über die grundsätzliche Ausgelutschheit der Reihe hinwegtäuschen, aber die Naughty Dog-typischen Tugenden schaffen es zumindest bei mir, die bellenden Hunde scharfer Kritik in den Schlaf zu kraulen. Und versteckt als Kletter- und geduldig-nix-tun-Trophäe gibt’s den (für mich) besten animierten Bildschirmschoner aller Zeit seit ever!
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Pascal: Visual Novels mit Zusatzmechanik sind geil! Zero Escape hatte Room-Escape-Rätsel, Utawarerumono hat XCOM-Rundenkämpfe. Und die sind richtig gut. Die Geschichte ist leider zweigeteilt und ohne den Nachfolger Mask of Truth gespielt zu haben, verstehe ich nicht die Bohne, aber da es den, anders als den ersten Teil, auch für die PS Vita gibt, freue ich mich sehr drauf. Soweit ich weiß, basiert das Spiel übrigens auf einem recht beliebten Anime. Kennt man den, hat man sicher viel mehr Freude an den ausgiebigen Gesprächen. Ich habe mich am Ende dabei ertappt, die Gespräche zu überspringen, um zum nächsten Kampf zu kommen.
Im Westen nix … farbiges
Pascal: Lustigstes Spiel des Jahres! Strichmännchen waren noch nie so gut animiert, der Western noch nie so einfallsreich mit Comedy- und Horrorelementen gespickt. Es gibt vielleicht ein paar zu viele der Final Fantasy-inspirierten Kämpfe, aber mit genug Dialogskills lassen die sich gegen lustige Wortgefechte eintauschen — den Entwicklern von Asymmetric gebührt Respekt dafür, mit so wenig ein so rundes Spiel gemacht zu haben.
Le Don: Bin ich hier tatsächlich der einzige, der das Geheimnis um die Finch-Familie gelüftet hat? Das wäre verdammt schade, denn als narratives Adventure hat What Remains of Edith Finch so viele tolle und verrückte Ideen, bleibt spannend bis hin zu gruselig, ist an vielen Stellen sehr clever und trifft so manchen Punkt. Kann mühelos zwischen Genre-Kollegen wie Firewatch dastehen.
Urs: Nein Don, bist du nicht. Ich habe Edith Finch als einen meiner Zwischenfeiertagstitel flott an einem Stück durchgespielt und jede Minute genossen. Ein besonderer Pluspunkt war für mich, dass hier die Geschichte im Gegensatz zu anderen Wandersimulatoren recht straff abläuft und ich nicht erst durch die endlose Einöde latschen musste, um den nächsten Storyfetzen zu finden. Dabei nimmt die Erzählung mal lustige, mal spannende und oft sehr traurige Wendungen, bleibt aber immer fesselnd. Auf jeden Fall einer meiner Überraschungshits des Jahres und es sei allen ans Herz gelegt, die unter „erwachsenen“ Spielen nicht nur solche verstehen, in denen das Blut spritzt und die Knochen fliegen.
Christian: What remains of Edith Finch ist eines dieser Spiele, von denen alle Welt schwärmt, über die jeder spricht — jedoch ohne wirklich über sie zu sprechen. Und das ist in diesem Fall gut so! Denn jedes Wort über die eigentliche Geschichte dieses kleinen Meisterwerkes, über seine unzähligen wundervollen, verrückten, liebevoll ausgestalteten und mit soviel Liebe erzählten und präsentierten Episoden, Ideen und Gameplay-Elemente ist bereits ein Wort zuviel. What Remains of Edith Finch wäre mein Spiel des Jahres — ja vielleicht sogar das beste Spiel der letzten Jahre … wenn, ja wenn es nur etwas mehr Spiel und nicht nur eine zauberhaft bis ins kleinste Detail bebilderte, interaktive Geschichte wäre. So hat es für immer einen Platz als schönster Animationsstreifen aller Zeiten in meinem Herzen, verfehlt das oberste Treppchen aber um Haaresbreite.
Urs: Schnelle Science-Fiction-Gleiter knallen Vollstoff über die Piste. Wipeout ist eine altehrwürdige Playstation-Marke, die mit der Omega Collection zwar keinen „echten“ PS4-Teil spendiert bekommt, dafür aber ein umfangreiches Remake von PS3- und PSP-Teilen. Und dank PS4 Pro-Unterstützung erstrahlt alles in prima 4k und fetzt mit 60 fps über die Riesenglotze. Schick, schnell, geil.
Wie politisch sind Sie wirklich, Mr. Blazkowicz?
Urs: Smash Fascism! Nazitötungen sind immer eine feine Sache und man kann nie genug davon haben. The New Colossus setzt genau da an, wo der Vorgänger aufgehört hat und bringt Faschofleischwolf B.J. Blazkowicz wieder zurück aufs Schlachtfeld. Spielerisch hat sich seit The New Order wenig getan, was auch sehr gut ist. Mit brachialer Gewalt werden Nazihorden zu Gulasch verarbeitet und dabei ist die Kulisse schicker als je zuvor. Die Knarren wemmsen ordentlich, die Story ist wieder mal äußerst gelungen und abgedreht und die starke antifaschistische Message wärmt mir das Herz. Außerdem kann man in einer Szene Adolf Hitler saftig in die Fresse treten, sofern man die internationale Version und nicht die durch Zensur unsinnig ihrer Aussage beraubte deutsche Ausgabe spielt. Der teilweise miese Schwierigkeitsgrad und einige Probleme im Leveldesign verhindern zwar, dass es für einen Platz auf dem Treppchen reicht. Trotzdem gebe ich zehn von zehn Antifa-Punkten und küre Wolfenstein II: The New Colossus zu einem meiner liebsten Spiele des Jahres!
SpielerZwei: Eigentlich hat mir The New Colossus ebenso gut gefallen wie The New Order. Warum also dieses Mal nur Bronze für Wolfenstein, obwohl ich TNO 2014 noch meinen Gold-Pokal verlieh? — Vielleicht war die Konkurrenz dieses Jahr einfach härter. Vermutlich liegt es aber eher daran, dass TNO seinerzeit noch eine positive Überraschung war, wohingegen man beim Nachfolger nun deutlich höhere Erwartungen an Machine Games hatte. Die wurden zwar auch erfüllt, aber der „Wow!“-Effekt war beim zweiten Streich halt nicht mehr so groß. Die Bronze-Trophäe soll aber nicht davon ablenken, dass Wolfenstein II trotzdem ein klasse Singleplayer-FPS geworden ist, den man unbedingt gespielt haben sollte!
Jens: Was für ein fantastischer Shooter! Mit engem Blick aus dem Genre heraus ist The New Colossus ein Meilenstein, aber auch darüber hinaus weiß es zu gefallen. Frontal antifaschistisch werden Nazi-Pissnelken ins Jenseits gefördert — und das ohne Kompromisse. Was zumindest die Gewalt betrifft. Dass die deutsche Version die Nazis nicht wie in der internationalen Fassung beim Namen nennen darf, kann man zu Recht als seltsam und falsch ansehen — mir persönlich war es Wurscht, weil ja unschwer zu erkennen war, wem die Köpfe vom Rumpf geballert wurden. Letztlich ist Wolfenstein II: The New Colussus ein Videospiel mit Haltung und geradem Rücken — was für einen Shooter sehr erstaunlich ist.
Le Don: Mir als Shooter-Muffel hat das neue Wolfenstein wahnsinnig gut gefallen — kaum Innovationen, aber es scheppert und kracht überall so herrlich, wie in kaum einem anderen aktuellen Shooter und selbst der erste Teil scheint mir nicht so kurzweilig gewesen zu sein. Aber nicht nur die Schleich-Elemente waren ätzend, auch von der Handlung und der Message bin ich sehr enttäuscht. Selbst wenn das Entwicklungs-Timing ungünstig gewesen sein mag, in meinen Augen war da dennoch zu wenig dahinter, als es für die heutige Zeit nötig gewesen wäre. Das wird hoffentlich bei einem neuen Teil besser.
molosovsky: Bei keinem Spiel habe ich 2017 so oft frustriert geflucht, wie bei TNC, denn ich wollte meinen ersten Durchgang mit Schleich-Kill-Taktik absolvieren, hab aber immer wieder vor den Latz geknallt bekommen, dass Gegner-KI und (bis auf wenige Ausnahmen) Level Design gar nicht dafür ausgelegt sind; dann gibt es enttäuschenderweise im Gegensatz zum Vorgänger statt richtigen, einzigartigen Boss-Kämpfen lediglich Arenen mit ganz besonders umfangreichen Wellen an Standard-Gegnern; und der große Bogen der Erzählung zerfasert erstaunlich unrund. — Und TROTZDEM bin ich diesem eigensinnigen Spiel mit Haut und Haar verfallen, weil es (wie schon TNO) für ein Blutrauschgeballerspiel charmant viel Hirn und Herz mit pulpig-brachialer Chuzpe bietet, und es unterm Strich, gemessen an meinen Frustmomenten, viel mehr Gelegenheit für mich gab zu staunen, zu schmunzeln, enthusiasmiert „WTF?!“ zu rufen, Becker-Faust zu machen, triumphal zu grölen, Kloß im Hals und feuchte Augen zu haben. Ich freu mich schon auf die DLCs und den hoffentlich wieder mit etwas mehr Gameplay-Sorgfalt versehenen Trilogie-Abschluss.
Kauft dieses Spiel, es ist sehr gut
Urs: Japanofaust direkt in die Fresse REIN! Obwohl es seinen Vorgängern sehr ähnelt, ist Yakuza Zero eine Klasse für sich. Endlich auf der PS4 angekommen, sieht das Spiel nicht nur besser aus als seine Vorgänger, es ist auch verdammt umfangreich und ermöglicht das gepflegte Abtauchen in Japans Unterwelt für Jung und Alt. Wer nie ein Yakuza angefasst hat, kann hier testen, ob er aus dem richtigen Holz geschnitzt ist. Denn Zero vereint alle Tugenden der Reihe und bietet Fun-o-Fun für viele Stunden. Und da das alles so geil ist, gibt es jetzt einfach mal Bronze dafür!
Urs: Japanofaust direkt in die … Moment mal, hatten wir das nicht schon? Richtig, nach Yakuza Zero werden wir feisten Gaijin im Jahre 2017 gleich mit noch einem Yakuza beglückt. Tatsächlich handelt es sich bei Kiwami um ein Remake des ersten Teils der Serie, weshalb die Perfektion von Zero hier trotz liebevoller Anpassung an die aktuelle Engine nicht erreicht wird. Trotzdem ein geiles Teil und unbedingt empfehlenswert. Wenn Yakuza 6 im nächsten Jahr nicht Platz eins holt, weiß ich es auch nicht. Darauf einen Hibiki!
Früher war alles jünger
Pascal: Wo Skylar & Plux Erfolg hatten, versagt Yooka-Laylee auf ganzer Linie. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass die Rare-Spiele a la Banjo Kazooie gar nicht so gut sind, wie sie früher gemacht wurden. Tote Welten voller nutzloser Sammelobjekte machen aus Yooka-Laylee die Definition von Spielen als Arbeit.
17 Kommentare
Wow. Nicht einen “Treffer”. Eventuell ein paar Streifschüsse, wenn man “Vorgänger” mitbetrachtet. Aber das ist in Ordnung, denn letztes Jahr (und vermutlich auch dieses) liegen die Prioritäten anderswo. Insofern wünsche ich allen Polynesen(, -neuxen) und -nasen ein schönes (Spiele-)Jahr 2018! Ich beobachte euch!
Drei x Gold ist kein Treffer?
Wenn du mich fragst, waren da nur Volltreffer dabei!
“Treffer” = Übereinstimmung “Missingno. spielte” und “Polyneux rückblickte” diesen Titel 2017
@Missingno: JETZT versteh ich!
Wir haben gefühlt praktisch jedes Game des letzten Jahres in der Liste. Wie kann man da noch vorbeischießen? :)
Und ich dachte mir an Silvester noch: Hätte ich mal meine bescheidenen PUBG Erfahrungen noch mit rein geschoben, um noch ein populäres Spiel mehr in der Liste zu haben… Aber dann hatte ich Angst, dass jemand meine Spielzeit bei Steam überprüft.
Kann mir eigentlich mal jemand diesen PUBG-Hype erklären. Sieht nach einem oberätzendem Spiel aus, bei dem man von den Head Shot-Meistern dieser Welt gedemütigt wird, und sonst … ?
Einfach PUBG spielen, dann verstehst du den Hype (auch wenn einem das Spiel nicht gefällt). Erklären hilft da nicht viel. ;-)
BTW: Dank der lobenden Besprechungen von Christian (der dem Spiel sogar Bronze gab), Le Don und Urs hab ich grad What Remains of Edith Finch gekauft. Bin schon sehr gespannt. (Umgekehrt: obwohl es im PSN-Store für Plus-Mitglieder derzeit für umme ist, lasse ich Deus Ex: Mankind Divided schön außen vor.)
@Jens: Ich weiß gar nicht, wie lang ich noch warten müsste, bis PUBG auf der Playsie rauskommt, damit ICH es spielen könnte, aber der Eindruck, den ich durch Berichte und Let’s Play-Videos von dem Teil hab, ist Mischung aus Mitleid und diesem Gefühl, als Trumps Wahlsieg verkündet wurde.
@ZiB
Falls es dich beruhigt, das hätte in meinem Fall auch nicht geholfen.
+@Christian
Weil es ist nämlich nicht eure Schuld, sondern mein “Fehler”. Wie ich schon schrieb lagen die Prioritäten letztes Jahr woanders und natürlich hatte ich auch noch ein paar Spiele (“Vorgänger” wie z.B. Dishonored 2) auf Halde, die ihr schon im Rückblick 2016 besprochen hattet. Da könnt ihr mir noch so ein großes Scheunentor vor die Nase stellen, wenn ich mit einem Präzisionsgewehr nach hinten schieße, treffe ich es eben nicht.
Was natürlich (in Ermangelung der jeweiligen Konsole) der auch nicht wirklich geholfen hat, dass gefühlt jedes dritte Spiel in der Liste ein PS4-Exklusivtitel und jedes fünfte Spiel ein Titel für die Switch ist. Wenn ich mir letztere dieses Jahr zulege, kann ich im Rückblick 2018 dann wieder kräftig danebenschießen. ;-)
@molosovsky: Ich habe wenig Vergleiche, weil ich normalerweise wegen Motion Sickness gar keine First Person Shooter spiele. Aber trotzdem hat mich PUBG gepackt (so lange es halt ging), und das ist schon eine Leistung. Ich fand die gesamte “Battle Royale” Atmosphäre sehr spannend umgesetzt, der ständige Druck sich zu bewegen, aber gleichzeitig das Schleichen und Verstecken. Außerdem mochte ich, dass man als Neuling nicht direkt chancenlos war, nur weil man nicht seit dem Babyalter Zielen geübt hat. Es ist angenehm einsteigerfreundlich.
Danke für den Feldbericht, ZiB. Ich hab eigentlich nur die Last Man Standing-Runden vom Max Payne 3-Multiplayer als ungefähre Vergleichsmarke. Gut möglich, ich vermenge (wie es so schnell geschieht) das größtenteils sehr unangenehm wirkende Jubel-Gejohle gewisser PUBG-Fans mit den Schokoseiten des Spiels.
Es ist vielleicht ein bisschen wie mit Minecraft: Ein perfektes Streamer-Spiel, weil sich in der Welt kuriose Geschichten ergeben und man es als Zuschauer schnell versteht. Aber wenn sich alle gleichzeitig draufstürzen, ist man leicht übersättigt, noch bevor man die Chance hatte, es selber anzuspielen. Zeitweise hatte ich das Gefühl, dass Twitch zur Hälfte aus PUBG besteht…
So aus der Ferne betrachtet hätte ich PUBG mit der Hunger-Games-Mod von Minecraft verglichen. Aber mangels Erfahrung in dem einen (PUBG ist an mir wie auch Fortnites Battle Royale vorbeigegangen) oder anderen Spiel(modus), mag das nicht so zutreffend sein.
Nachdem auch eine Kollegin Doki Doki Literature Club empfohlen hat, habe ich das am Wochenende nachgeholt. Nach dem ersten “Ende” war ich etwas enttäuscht, weil außer einem billigen Jump-Scare* nicht viel herumgekommen ist. Ich hatte aber auch schon früh geschnallt, in welche Richtung sich das Ganze entwickelt. Mit dem “New Game+” bestätigte sich das dann schnell. Eigentlich wollte ich noch etwas herumexperimentieren, aber das lässt das Spiel leider nicht zu, weil man die ganzen Savegames (die man anlegen soll) ja überhaupt nicht nutzen kann, wenn man schon so weit ist, ohne den Urzustand herzustellen. Ich hatte deswegen ein bisschen Quergelesen und dabei bin ich über das “Bonusende” gestolpert. Dann hat es mich doch gereizt, das durchzuziehen und irgendwie hat mich dann das “New Game++” ein bisschen versöhnt.
Insgesamt bleibt es für mich aber deutlich schwächer als z.B. The Stanley Parable, welches ja auch mit dem Spieler “spielt”.
* Die Warnung, dass das Spiel nicht für Kinder geeignet ist, ist ja so weit richtig, aber Horror oder Psycho ist es meiner Meinung nach auch wieder nicht.